Liebe und Vergeltung
sich um. Der Innenhof war von einer Arkade umgeben und geräumig genug, um eine große Anzahl von Kutschen aufzunehmen. „Das Gebäude erinnert mich an ein Kloster“, bemerkte sie schmunzelnd. „Ein Kloster für Pferde!“
„Der Vergleich hat viel für sich“, sagte Mikahl lachend. „Kann ich jetzt gleich kaufen, oder muß ich bis zur Auktion warten?“
„Ich weiß es nicht genau“, erwiderte Sara unsicher. „Aber wenn es Ihnen nicht auf den Preis ankommt, wird man Ihnen wahrscheinlich sofort zu Diensten sein.“
„Geld spielt keine Rolle. Dann sieht wenigstens jeder, daß ich ein immens reicher Potentat sein muß, der auf großem Fuße lebt und nicht viel Verstand hat. Im übrigen bewundere ich zwar die Kontenance, die Sie zeigen“, fügte Mikahl trocken hinzu und schaute Lady Sara verschmitzt an, „kann mir jedoch gut denken, daß Sie Tattersall möglichst schnell verlassen möchten.“
Er hatte Feingefühl. Es fiel Sara gar nicht so leicht, Selbstsicherheit zur Schau zu stellen, denn sie haßte es, Ziel so vieler verblüffter männlicher Blicke zu sein.
Prinz Balagrini reichte ihr den Arm und ging mit ihr zur gegenüberliegenden Seite des Hofes, wo mehrere Kutschpferde angebunden waren.
Im gleichen Moment kam ein Mann mit besitzerischem Gehabe aus dem Haus und machte große Augen, als er Lady Sara sah. Verdutzt blieb er stehen und hörte einem Gentleman zu, der ihm etwas zuraunte. Achselzuckend wandte er sich ab und unterhielt sich mit einem Stallburschen.
Sara war erleichtert, daß ihr ein unangenehmer Auftritt erspart blieb. Bestimmt hatte man Mr. Tattersall darauf hingewiesen, daß es nicht ratsam sei, die Tochter des Duke of Haddonfield hinauszukomplimentieren. „Sehen Sie Pferde, die Ihnen gefallen könnten, Hoheit?“ erkundigte sie sich aufatmend.
Mikahl ließ den Blick über die verkäuflichen Rosse schweifen. „Ja“, antwortete er und führte Lady Sara zu einem Paar stattlicher Grauschimmel.
Während er in einer Sara unverständlichen Sprache beruhigend auf die Tiere einsprach und sie fachmännisch abtastete, hielt sie sich diskret beiseite, um ihn nicht zu stören.
Ein älterer Reitknecht näherte sich ihr und äußerte bewundernd: „Der Gentleman hat ein gutes Auge für Pferde, Madam. Das ist das rassigste Gespann, das wir seit Wochen zum Verkauf haben. Die Schimmel wären auch nicht mehr hier, hätte der Besitzer einen niedrigeren Preis verlangt.“
Mr. Tattersall schlenderte heran, blieb bei Prinz Balagrini stehen und stellte sich ihm vor. Die Herren begannen zu fachsimpeln, doch im Gespräch schaute der Reitstallbesitzer immer wieder zu Lady Sara hinüber.
Ihr war klar, daß er sie zum Teufel wünschte.
Ein Stallbursche führte die Grauschimmel vor, und Seine Hoheit stimmte dem verlangten Kaufpreis zu.
Mr. Tattersall strahlte und sagte dienstbeflissen: „Darf es noch etwas sein, Sir? Vielleicht ein schnelles Pferd für die Jagd?“
„Das wird sich zeigen“, antwortete der Prinz ausweichend, schlenderte zu Lady Sara und reichte ihr den Arm. „Mr. Tattersall, kennen Sie Lady Sara St. James, meine charmante Begleiterin? Sie hat mir empfohlen, zu Ihnen zu kommen.“
Mr. Tattersall verneigte sich und murmelte Begrüßungsworte. Ziemlich hastig schlug er dann vor, einen Rundgang durch die Stallungen zu unternehmen.
Prinz Balagrini warf nur einen kurzen Blick auf das jeweilige Pferd und schritt sofort weiter. Schließlich hielt er vor der letzten Box an, in der ein edler Schimmel stand.
„Dieser Hengst ist in meinem Besitz“, verkündete Mr. Tattersall stolz. „Ein herrliches Tier, nicht wahr, Eure Hoheit? Er stammt von Eclipse ab und wird an der heutigen Auktion ..." „Bringen Sie ihn in den Hof!“ unterbrach der Prinz brüsk. „Wie es Ihnen beliebt, Sir“, willigte Mr. Tattersall rasch ein, winkte einen Stallburschen heran und ließ das Roß aus dem Verschlag holen.
Der Hengst warf den Kopf hoch, als der Junge ihn hinausführte, und erschrocken wich Sara aus dem Weg.
Wieder sprach Prinz Balagrini besänftigend in der fremden Sprache auf das Tier ein und streichelte es, während der Bursche es aufzäumte. Langsam beruhigte es sich und beäugte neugierig den Prinzen. Statt den Schimmel satteln zu lassen, um ihn auf dem Hof zu exerzieren, schwang Seine Hoheit sich jedoch plötzlich auf den Rücken des Hengstes, warf dem verdutzten Reitjungen den Zylinder zu und sagte im selbstverständlichsten Ton: „Sie haben doch nichts dagegen, Mr. Tattersall.“ Im
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