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Liebe unter Fischen

Liebe unter Fischen

Titel: Liebe unter Fischen
Autoren: Rene Freund
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eine kurze Lederhose, feste Bergschuhe und aufgekrempelte Hemdsärmel wirklich das passende Outfit für die letzte Überfahrt? Das Fernglas, das um Augusts breiten Hals baumelte, konnte nützlich sein, um das andere Ufer, jenes des Totenreichs, zu erspähen – aber wozu der Hut mit dem Gamsbart?
    Auf dem Unterarm des Mannes sah Fred ein Tattoo – eine Nixe mit elegantem Fischschwanz und strammen Brüsten. Fred ließ sich zurückfallen.
    Der junge Mann aus dem Gasthof zur Gams hatte ihn gerettet.
    Fred sagte nichts. Er keuchte nur.
    » Spinner«, sagte August.

    Bald darauf saßen Fred und August auf der Holzbank vor der Hütte am See. Auf die dunkle Holzwand hinter ihnen zauberte die Wasseroberfläche flirrende Lichtspiele. August blickte still und zufrieden auf den See. Freds Hemd war zerrissen, sein Gesicht schmutzig, doch er fühlte sich großartig.
    August holte ein Päckchen Tabak sowie Papers aus seiner Hemdtasche und drehte sich eine Zigarette. Er legte den Tabak auf den Tisch vor Fred.
    » Wüst oane raka ?« , fragte August.
    » Du sprichst doch auch Deutsch ?«
    » Willst du oder nicht ?«
    » Ich rauche nicht«, sagte Fred.
    August zündete sich die Zigarette an und zog den Rauch genüsslich ein.
    » Schau, eine Ringelnatter .« August zeigte auf den See. Die Schlange zog mühelos-geschmeidige Spuren auf der Wasseroberfläche und bewegte sich schnell voran.
    » Die Kaulquappen verwandeln sich gerade in Frösche und gehen an Land. Der Tisch für die Schlangen ist festlich gedeckt«, erklärte er.
    » Du kannst ja richtig schön sprechen«, bemerkte Fred.
    » Wenn es sein muss«, gab August zurück.
    Fred und August sahen der Schlange nach, die am anderen Ufer landete und unter einem Busch verschwand.
    » Du kennst dich aus, mit Tieren ?« , fragte Fred.
    » Wäre blöd, wenn’s anders wär .«
    » Warum ?«
    » Als Revierförster .«
    » Revierförster stell ich mir anders vor .«
    » Mit weißem Rauschebart ?« , lachte August.
    » Jedenfalls ohne Tattoo .«
    Augusts Handy läutete. Er führte ein kurzes Gespräch, in dem es um den Zustand der Straßen und Wege ging.
    » Warum funktioniert dein Handy ?« , fragte Fred, fast empört. August hielt nicht ohne Stolz sein Telefon in die Höhe: » Dieses geht sogar hier am See. Aber auch nicht immer .«
    » Ein Förster mit Tattoo und Smartphone«, stellte Fred fest.
    » Eine halbe Stunde hab ich dir schon zugeschaut. Von unten, mit dem Fernglas. Zuerst hab ich geglaubt, du bist ein Wildschütz. Aber für einen Wilderer bist du zu tollpatschig. Weißt du eigentlich, dass du so gut wie tot warst ?« , fragte August.
    » Darf ich mir doch eine drehen ?« , fragte Fred zurück.
    » Ich habe geglaubt, du rauchst nicht .«
    » Ich würde gerne anfangen .«
    » Dafür ist es nie zu spät .«
    August schob Fred den Tabak hinüber. Fred drehte sich geübt eine Zigarette. Wartete einen Augenblick. Zündete sie an, nahm einen Zug und sah die Zigarette an, als wäre es seine erste. August ließ einen lauten Pfiff erschallen. Aisha, seine schwarze Labradorhündin, lief vom See zur Hütte hinauf. Sie sprang zwischen den beiden Männern auf die Bank und setzte sich hechelnd. Ein Bild des Glücks.

1 . Juli

    Liebe Susanne!
    Zunächst einmal: Ich lebe. Sie werden jetzt wahrscheinlich denken: Typisch Fred Firneis – nicht einmal sterben kann er anständig. Ich kann Ihnen nur recht geben. Und ich sage Ihnen noch etwas: Ich bin froh darüber. Ja. Ich bin froh darüber, dass ich noch lebe.
    Diese Aussage wird Sie wahrscheinlich in Anbetracht des eher trostlosen Bildes, das ich in den letzten Monaten abgegeben habe, verwundern. Aber angesichts des Todes, des ganz realen, echten Todes, in einer Felswand, deren Brüchigkeit selbst die übelsten Berliner Plattenbauten in den Rang von Marmorpalästen erhebt, und nach meiner Rettung durch einen mir vom Himmel gesandten Förster mit den Kräften eines Herkules, habe ich umgedacht. Nein, umge dacht ist falsch. Ich habe umge fühlt . Das erste Mal seit Wochen, vielleicht seit Jahren verspürte ich in meinem Herzen so etwas wie Freude und Dankbarkeit. Dankbarkeit, auf der Welt zu sein. Und noch dazu an einem so schönen Platz wie hier.
    Ich habe August dennoch meinen gestrigen Brief an Sie mitgegeben. Vielleicht können Sie dann besser verstehen, welche Wandlung in mir vorgegangen ist. August ist übrigens der an Herkules gemahnende Förster. Ich bin ein wenig durcheinander. Sie dürfen sich August nicht wie den Alpöhi oder so
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