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Liebe unter Fischen

Liebe unter Fischen

Titel: Liebe unter Fischen
Autoren: Rene Freund
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Und meine Kräuterplantage hast du auch vergessen .«
    » Komplett .«
    » Es soll jetzt einige Tage trocken und heiß werden. Du musst manchmal gießen. Bitte vergiss das nicht. Übrigens wird die Straße repariert. In drei, vier Tagen kannst du weg .«
    » Ich kann weg ?«
    » Ja .«
    » Nach Berlin ?«
    » Was fragst du das mich? Wenn du erst in Grünbach unten bist, kannst du überall hin. Von mir aus nach Rom oder nach Honolulu .«
    » Ich will nicht nach Berlin .«
    » Musst ja nicht. Oder musst du ?«
    » Muss nicht«, sagte Fred, und dann rauchten sie schweigend weiter.
    » Dichter, warum bist du eigentlich hier ?«
    Fred dachte nach. Warum war er eigentlich hier? Zunächst einmal, weil er es in seiner Wohnung nicht mehr ausgehalten hatte. In seiner Wohnung hatte er es nicht mehr ausgehalten, weil er sich darin wie ein Gefangener gefühlt hatte. Wie ein Gefangener hatte er sich gefühlt, weil er es tatsächlich nicht mehr geschafft hatte, hinauszugehen. Das hatte er nicht mehr geschafft, weil an öffentlichen Plätzen Panikattacken über ihn gekommen waren. Die Panikattacken hatte er bekommen, weil er vereinsamt war, und vereinsamt war er endgültig, als Charlotte ihn verlassen hatte. Charlotte hatte ihn verlassen, weil er den Kontakt zu ihr verloren und nicht mehr gesucht hatte. Und warum wollte er den Kontakt zu ihr nicht mehr finden? Spätestens an dieser Stelle fehlten Fred die Antworten. Suchte er insgeheim, was er am meisten fürchtete, nämlich das Verlassensein? Hatte er zu viel gesoffen? War das Saufen ein Symptom oder eine Ursache? Litt er daran, dass er nicht schrieb? Hatte er nicht geschrieben, weil er zu viel gesoffen hatte, oder hatte er zu viel gesoffen, weil er nicht geschrieben hatte? Das alles hatte sich vermischt, zu einem unerträglich lähmenden Gefühl der Ausweglosigkeit, und gleichzeitig war die sonst so hilfreiche Selbstironie in Selbsthass umgeschlagen.
    » Ich hatte ein Burnout«, versuchte es Fred mit einem Modewort, und gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass er mithilfe dieses Modeworts verhinderte, mit August über seine Gefühle zu sprechen.
    » Ein was ?«
    » Burnout. Ausgebrannt .«
    » Ach so, das«, sagte August enttäuscht.
    » Haben jetzt alle«, gab Fred zu.
    » Wobei ich ja glaube« – und hier machte August eine lange Nachdenkpause – » ausgebrannt fühlen sich meistens Leute, die für nichts brennen. Wenn man für etwas brennt, hat man Energie ohne Ende .«
    » Das sagt sich so leicht .«
    » Für etwas Feuer und Flamme sein, das kennst du doch? Dichter! Die Welt riechen und schmecken und spüren, ohne Glasscheibe dazwischen! Brennen !«
    » Sicher kenne ich das. Kannte ich das .«
    » Na und brennst du dann aus, wenn du Feuer und Flamme bist ?«
    Jetzt war es Fred, der nachdachte: » Nein. Stimmt .«
    » Eben. Es gibt kein Burnout. Es gibt nur ein Noburn. Verstanden ?«
    » Bei dir ist immer alles so einfach, dass es schon fast ärgerlich ist .«
    August lachte.

13 . Juli

    Ein starkes Erdbeben weckte Fred früh am Morgen. Mit pochendem Herzen und großen Augen lag er in seinem Bett und sah zu, wie das gerahmte Foto an der Holzwand zu Füßen seines Bettes zitterte. Das Schwarzweißbild zeigte Susannes Vater vor dem Rohbau der Hütte, mit nacktem Oberkörper. Über der Schulter trug er lässig eine Axt. Hätte Fred nicht gewusst, dass es sich um eine Axt handelte, er hätte es jetzt nicht erkennen können, weil das Bild vor seinen Augen verschwamm. Aus der Küche hörte er die Tassen in der Kommode klimpern und klappern.
    Nachdem das Erdbeben mehrere Minuten lang die Hütte durchgerüttelt hatte, wurde Fred klar, dass die Ursache für die Erschütterung eine andere sein musste. Er sprang auf, zog sich schnell an und ging vor die Tür.
    Der Lärm erinnerte ihn an Berlin. Recht schnell wurde ihm klar: Das waren die Maschinen für die Wiederherstellung des Fortswegs. Fred ging das kurze Stück bis zu der Stelle, an der die Straße den Abhang hinuntergerutscht war. Er sah große Baufahrzeuge, die er nicht benennen konnte. Vermutlich alles Bagger. Ausgenommen natürlich die Lastwagen.
    Ein Mann kam über einen provisorisch angelegten Schotterweg auf ihn zu. Offensichtlich war er der Bauleiter, denn er arbeitete als einziger nicht.
    Er schüttelte Fred die Hand und wollte wissen, ob er der Kauz sei, der in der Hütte des alten Prinz wohne.
    Prinz, das war der Mädchenname von Susanne. Beckmann hieß der hauptberu fl iche Anarchist und Pleitier, den sie auf der Uni
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