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Liebe unter kaltem Himmel

Liebe unter kaltem Himmel

Titel: Liebe unter kaltem Himmel
Autoren: Nancy Mitford
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wisst schon, der klassische Mittelmeerblick, den man nie satt wird. Sie haben das Haus möbliert gemietet, von Italienern, und sie beklagen sich unablässig darüber, es scheint sie regelrecht zu bedrücken. Ich sehe durchaus ein, dass es dort im Winter nicht besonders angenehm sein kann, keine Heizung außer offenen Kaminen, die aber rauchen, das Badewasser nie warm, alle Fenster undicht und so weiter, ihr wisst schon. Italienische Häuser sind selbstverständlich für die Hitze gebaut, aber auch in Sizilien kann es ganz schön kalt werden. Drinnen ist es hässlich, gelblichbraun und alles aus Sumpfeiche, deprimierend, wenn man sich viel drinnen aufhalten müsste. Aber in dieser Jahreszeit ist es ideal, man lebt auf einer Terrasse unter einem Dach aus Weinranken und Bougainvilleen – so ein herrliches Plätzchen habe ich noch nie gesehen, überall riesige Kübel mit Geranien – einfach hinreißend.«
    »Ach, wie gern würde ich mit den beiden einmal tauschen, da ich ja auch ihren Platz im Leben schon übernommen habe«, sagte Cedric. »Ich liebe Sizilien.«
    »Ich schätze, sie wären sehr einverstanden«, sagte Davey, »sie machten den Eindruck, als hätten sie großes Heimweh. Also, wir kamen rechtzeitig zum Lunch, und ich hatte meine liebe Not mit dem Essen (italienische Küche, so ölig).«
    »Worüber habt ihr gesprochen?«
    »Ja, wisst ihr, eigentlich war es ein einziges langes Klagelied, wie schwierig alles sei, viel teurer, als sie erwartet hatten, und dass die Leute – ich meine, die Leute aus dem Dorf – nicht wirklich behilflich sind, sondern immer nur zu allem Ja sagen, ohne dass etwas geschieht, und dass sie den Gärtner bezahlen und dafür eigentlich Gemüse aus dem Garten bekommen sollten, aber in Wirklichkeit müssten sie alles kaufen, und da sie wüssten, dass er das Gemüse im Dorf verkauft, glaubten sie, dass sie dort nun ihr eigenes zurückkaufen würden; als sie einzogen, sei nicht mal ein Kessel im Haus gewesen, die Bettdecken hart wie Bretter, und kein einziger Lichtschalter habe funktioniert, und Lampen neben den Betten habe es auch nicht gegeben – ihr wisst schon, die üblichen Klagen von Leuten, die möblierte Häuser mieten, so etwas habe ich schon hundert Mal gehört. Nach dem Lunch wurde es dann sehr warm. Polly, die die Hitze nicht mag, ging in ihr Zimmer und machte alles dicht, während ich auf der Terrasse eine Unterredung mit Boy hatte, die mir wirklich die Augen öffnete. Ich kann nur sagen, es ist nicht ratsam, die sexuellen Instinkte von jungen Mädchen dergestalt zu wecken, dass sie sich unsterblich in einen verlieben. Zur Strafe dafür macht Boy jetzt viel durch. Er hat von morgens bis abends buchstäblich nichts zu tun, außer die Geranien zu gießen, und ihr wisst ja, wie schlecht ihnen zu viel Wasser bekommt; infolgedessen sind jetzt alle Blüten abgefallen. Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht. Er hat niemanden, mit dem er reden kann, keinen Klub, keine Bibliothek, keine Nachbarn und natürlich vor allem keine Sonia, die ihn in Bewegung hält. Ich glaube, er hat sich nie klargemacht, wie viel von seiner Zeit früher Sonia in Anspruch nahm. Polly ist keine Gesellschaft für ihn, das merkt man sofort, und in mancher Hinsicht scheint sie ihm schrecklich auf die Nerven zu gehen. Sie ist so unaufgeschlossen, wisst ihr, hat an allem etwas auszusetzen, hasst das Haus, hasst die Menschen, hasst sogar das Klima und den blauen Himmel. Boy ist zumindest sehr weltoffen, spricht ein schönes Italienisch, interessiert sich für die Sitten und Gebräuche des Volkes, aber allein kann man sich nicht für etwas interessieren, und Polly ist einfach entmutigend. Alles ist ihr zuwider, und sie will nur eines, zurück nach England.«
    »Komisch«, sagte ich, »dass sie so auf England festgelegt ist, wenn man bedenkt, dass sie fünf Jahre in Indien verbracht hat.«
    »Oh, mein liebes Kind, der Butler war imposanter, und es war wärmer in Indien, aber darüber hinaus besteht kein großer Unterschied zwischen Hampton und dem Palast des Vizekönigs. Höchstens, dass der Vizekönigspalast weniger weltoffen ist als Hampton, und ganz gewiss war er keine Vorbereitung auf einen sizilianischen Haushalt. Nein, sie hat einfach keine Lust, dort zu leben, und jetzt sitzt dieser arme Kerl Monat für Monat mit einem mürrischen kleinen Mädchen fest, das er schon als Baby kannte. Nicht besonders toll, das müsst ihr zugeben.«
    »Ich dachte«, sagte Cedric, »er sei so versessen auf Herzöge. Sizilien
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