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Liebe unter kaltem Himmel

Liebe unter kaltem Himmel

Titel: Liebe unter kaltem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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Maschinengewehrfeuer ihrer Fragen ergriffen alle die Flucht, außer ihm, sodass er die nächsten beiden Tage praktisch allein mit ihr verbringen musste.
    Ich drückte mich gelangweilt in den Zimmern herum und wartete, wie es einem bei Hauspartys so ergeht, auf die nächste Mahlzeit; aber die Zeit zum Umkleiden für das Dinner am Sonntagabend war noch nicht gekommen. Zu den erfreulichen Seiten eines Aufenthalts in Hampton gehörte der riesige Louis-quinze-Kartentisch mitten in der Langen Galerie, auf dem, sorgfältig in Reihen angeordnet, immer alle erdenklichen Zeitschriften lagen. Zwei- oder dreimal am Tag wurden sie von einem Lakaien, der keine andere Aufgabe zu haben schien, zurechtgerückt.
    Ich bekam den Tatler und den Sketch selten zu sehen, da meine Tanten es für eine völlig ungerechtfertigte Verschwendung hielten, solche Blätter zu abonnieren, und hatte mich in die älteren Ausgaben vertieft, als mich Lady Montdore zu dem Sofa herüberrief, auf dem sie seit dem Tee saß und sich mit Mrs Chaddesley Corbett unterhielt. Hin und wieder hatte ich einen Blick hinübergeworfen und mich gefragt, worüber die beiden wohl so ernst sprechen mochten. Gern hätte ich die Fliege an der Wand gespielt und sie belauscht und hatte außerdem die ganze Zeit über gedacht, dass zwei Frauen kaum unterschiedlicher aussehen konnten als diese beiden. Mrs Chaddesley Corbett, die knochigen, schlanken Seidenbeine übereinandergeschlagen und frei bis über die Knie, hockte mehr auf der Sofakante, als dass sie saß. Sie trug ein einfaches beiges Kleid aus Kasha, das sicher in Paris angefertigt, aber ebenso sicher eigens für den angelsächsischen Markt entworfen worden war, und rauchte unter ausgiebigem Spreizen und Abwinkeln ihrer langen, weißen, dank mehrerer Ringe und zehn lackierter Nägel blitzenden Finger, eine Zigarette nach der anderen. Sie saß keinen Augenblick still, obgleich sie sehr ernst und konzentriert sprach.
    Lady Montdore saß weit zurückgelehnt auf dem Sofa, beide Füße auf dem Boden, als hätte sie Wurzeln geschlagen, unverrückbar und solide, nicht direkt dick, aber sehr massiv. Auch wenn sie es darauf abgesehen hätte, wäre ihr Eleganz kaum erreichbar gewesen in einer Welt, in der diese von ihrem Gegenüber verkörpert wurde und eigentlich mehr zu einer Frage der Figur und der raschen, nervösen Geste als der Kleidung selbst geworden war. Zwar trug sie kurz geschnittenes Haar, aber es war grau und flauschig, keineswegs eine glatte Kappe; ihre Augenbrauen wuchsen, wie sie wollten, und wenn es ihr einmal einfiel, Lippenstift und Puder zu benutzen, dann waren sie von beliebiger Farbe und wurden einfach irgendwie aufgeklatscht, sodass ihr Gesicht neben dem von Mrs Chaddesley Corbett aussah wie eine Wiese neben einem Rasen, und ihr ganzer Kopf wirkte zweimal so groß wie das zurechtgezupfte Köpfchen neben ihr. Trotzdem bot sie keinen unangenehmen Anblick. Ihr Gesicht hatte eine Frische und eine Lebhaftigkeit, die ihm etwas Anziehendes verliehen. Mir kam sie damals natürlich uralt vor. In Wirklichkeit war sie ungefähr achtundfünfzig.
    »Komm doch mal herüber, Fanny.«
    Ich war viel zu überrascht, um über diese Aufforderung auch noch zu erschrecken, und während ich mich fragte, was sie wohl von mir wollte, eilte ich hinüber.
    »Setz dich«, sagte sie, auf einen Stuhl mit einem gestickten Bezug deutend, »und beantworte uns eine Frage: Bist du verliebt?«
    Ich spürte, wie ich rot wurde. Woher ahnte sie etwas von meinem Geheimnis? Natürlich war ich seit zwei Tagen verliebt, seit jenem Morgenspaziergang mit dem Duc de Sauveterre. Leidenschaftlich verliebt, aber hoffnungslos, wie ich mir wohl klarmachte. Genau das, was sich Lady Montdore für Polly gewünscht hatte, war mir widerfahren.
    »Da hast du’s, Sonia«, sagte Mrs Chaddesley Corbett triumphierend, klopfte mit nervöser Gewalt eine Zigarette gegen ihr edelsteinbesetztes Etui, zündete sie dann mit einem goldenen Feuerzeug an und ließ mich währenddessen keinen Moment aus den fahlblauen Augen. »Was habe ich dir gesagt? Natürlich ist sie verliebt, die Ärmste – sieh nur, wie rot sie geworden ist, es muss etwas ganz Neues sein und furchtbar abgeschmackt. Bestimmt ist es mein Göttergatte. Gestehe! Es macht mir wirklich nichts aus.«
    Ich wollte nicht eingestehen, dass ich nach einem ganzen Wochenende noch immer nicht wusste, welcher der vielen anwesenden Gatten der ihre war, und stammelte, so schnell ich konnte: »Oh, nein, nein, nicht der Gatte

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