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Liebe unter kaltem Himmel

Liebe unter kaltem Himmel

Titel: Liebe unter kaltem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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drei Jahre eine finanzielle Krise durchlitt und selbst fest überzeugt war, dass er am Ende seiner Tage auf die Spenden der Kirchengemeinde angewiesen sein würde.
    Der Beduseler hatte seine Arbeit getan, hatte sein Korn gesät, und wir stiegen mit unseren Keschern aus dem Wagen. Dieser Augenblick war immer der aufregendste, an den Flussufern drängten sich Menschen, die gespannt auf das Wasser starrten, und schon bald wanden und krümmten sich die armen Fische an der Oberfläche.
    Ich zog ein paar große Kerle an Land, dann einen kleineren, und gerade als ich ihn aus dem Netz schütteln wollte, ertönte hinter mir, vor Erregung zitternd, eine wohlbekannte Stimme: »Wirf ihn sofort zurück, du verdammte Idiotin – siehst du denn nicht, dass das eine Äsche ist, Fanny? O mein Gott, Frauen – ahnungslos –, und ist das nicht überhaupt mein Kescher, den du da hast? Ich habe ihn überall gesucht.«
    Ziemlich erleichtert gab ich auf. Zehn Minuten am Wasser reichten mir vollkommen, bei diesem Wind. Jassy rief: »Sieh mal, sie fahren ab«, und tatsächlich überquerte gerade der Daimler die Brücke, Lord Montdore saß sehr gerade auf dem Rücksitz und machte nach beiden Seiten kleine Verbeugungen, fast wie eine königliche Hoheit. Sie überholten den Lieferwagen einer Metzgerei, und ich sah, wie er sich vorbeugte und dem Fahrer huldvoll zuwinkte, weil er sie vorbeigelassen hatte. Lady Montdore hatte sich in ihre Ecke verkrochen, von ihr war kaum etwas zu sehen. Sie hatten sich also wieder auf den Weg gemacht, ein gutes Zeichen.
    »Los, Fanny«, sagten meine Cousinen und ließen die Waffen sinken, »zurück zum Haus, findest du nicht? Es wird uns zu kalt!«, riefen sie ihrem Vater zu, aber der stopfte gerade einen riesigen, in den letzten Zuckungen liegenden Döbel in seine Hasenfelltasche und hörte nichts.
    »Und jetzt«, meinte Jassy, während wir den Hang hinaufhasteten, »werden wir Sadie mal ein bisschen aushorchen.«
    Aber es war gar nicht nötig, sie auszuhorchen, denn Tante Sadie platzte vor Mitteilungsbedürfnis. Mit ihren jüngeren Kindern war sie schon immer sehr viel menschlicher und natürlicher umgegangen als mit ihren älteren. Ihre ganze Haltung, ursprünglich eine Mischung aus Ehrfurcht einflößender Unbestimmtheit und plötzlichen Anwandlungen von Strenge, die im Verein mit Onkel Matthews Wutanfällen Louisa, Linda und die Jungen in den Untergrund des Wäscheschranks der Hons getrieben hatte, wo sie ihr wirkliches Leben lebten, hatte sich bei Jassy und Victoria sehr verändert. Unbestimmt war sie noch immer, aber nie besonders streng und viel umgänglicher. Sie neigte dazu, ihre Kinder so zu behandeln, als seien sie alle gleich alt, und die jüngeren waren nun die Nutznießer der Tatsache, dass Louisa und Linda inzwischen verheiratete Frauen waren, mit denen und vor denen man ohne Zurückhaltung sprechen konnte.
    Wir fanden sie und Davey in der Vorhalle. Sie war ganz rot vor Anspannung, und Davey wirkte so erregt, als hätte sich soeben ein neues, faszinierendes Symptom bei ihm gezeigt.
    »Los«, sagten die Kinder, die Gesichter voller Fragezeichen. »Erzählt.«
    »Du wirst es nicht glauben«, sagte Tante Sadie, zu mir gewandt. »Polly Hampton hat ihrer armen Mutter mitgeteilt, dass sie Boy Dougdale heiraten wird. Ihren Onkel, stell dir vor! Hat man so etwas schon gehört? Die arme Patricia, noch nicht kalt in ihrem Grab …«
    »Ach wo«, sagte Jassy für sich, »bei dem Wetter kühlt sie schnell aus …«
    »Dieser alte Unhold!« Tante Sadie sprach mit tiefer Empörung in der Stimme und war offenkundig hundertprozentig auf der Seite von Lady Montdore. »Verstehst du jetzt, wie recht Matthew die ganzen Jahre über hatte, Davey?«
    »Ach, der arme Boy, so übel ist er gar nicht«, sagte Davey verlegen.
    »Ich verstehe einfach nicht, wie du ihn jetzt noch in Schutz nehmen kannst, Davey.«
    »Aber Sadie«, meinte Victoria, »wie kann sie ihn heiraten, wenn er doch ihr Onkel ist?«
    »Das ist es ja gerade! Aber bei einem angeheirateten Onkel geht das anscheinend. Hättet ihr geglaubt, dass so etwas Abscheuliches erlaubt sein könnte?«
    »Donnerwetter!«, sagte Jassy. »Wie wär’s mit uns, Davey?«
    »Nein danke, meine Liebe. Eine von euch Hexen heiraten? Nicht für alles Geld der Welt!«
    »Was für ein Gesetz!«, sagte Tante Sadie. »Seit wann gibt es so etwas? Es ist das Ende jeglichen Familienlebens!«
    »Außer für Polly – für sie ist es der Anfang.«
    »Wer hat es Lady Montdore gesagt?« Ich

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