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Liebe unter kaltem Himmel

Liebe unter kaltem Himmel

Titel: Liebe unter kaltem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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darum, Partys für sie zu geben. Aber erzähl ihm das nicht, es würde ihn nur bestärken. Hast du ihm vorgeschlagen, dass er seinen Plan fallen lässt und ins Ausland geht?«
    »Ja, aber es hat keinen Zweck. Sonia fehlt ihm, irgendwie entsetzt ihn die ganze Sache, ihm graut bei der Vorstellung, dass ihm der Geldhahn zugedreht wird, obwohl er keineswegs mittellos dasteht, weißt du, und dann hat er diese schreckliche Erkältung und ist vollkommen niedergeschlagen, aber gleichzeitig merkt man, dass ihn die Aussicht blendet, und ich wette, solange Polly das Tempo vorgibt, wird er mitspielen. O je, sich in unserem Alter mit einer jungen Frau zusammentun – wie anstrengend! Und ausgerechnet Boy, der zum Witwer wie geschaffen ist, er tut mir wirklich leid.«
    »Bemitleide du ihn nur! Hätte er die Finger von kleinen Mädchen gelassen, wäre es nicht so gekommen.«
    »Du bist so nachtragend, Sadie. Für ein bisschen Getätschel zahlt er einen hohen Preis – du solltest den armen Kerl mal sehen!«
    »Was fängt er jetzt eigentlich mit seiner vielen Zeit an?«
    »Er stickt eine Tagesdecke«, sagte Davey, »es wird sein Hochzeitsgeschenk für Polly. Er nennt es Überwurf.«
    »Also wirklich!«, sagte Tante Sadie schaudernd. »Was für ein grässlicher Mann! Erzähl Matthew besser nichts davon – ich würde ihm überhaupt nicht erzählen, dass du dort warst. Er bekommt jedes Mal fast einen Anfall, wenn er an Boy denkt, und ich kann es ihm nicht verübeln. Über-Wurf, so kann man es auch nennen!«

15
    Wenig später teilte Polly Tante Sadie mit, sie wolle am nächsten Tag gern nach London fahren, sie habe sich dort mit Boy verabredet. Wir saßen zu dritt in Tante Sadies kleinem Zimmer. Obwohl Polly den Namen ihres Onkels in Alconleigh zum ersten Mal in Gegenwart eines anderen erwähnte, wenn man von den Gesprächen mit mir absah, brachte sie ihn nicht nur ohne befangenes Zittern über die Lippen, sondern so, als würde sie immerzu von ihm reden. Es war eine großartige Leistung. Nachher entstand eine Pause. Und dann war Tante Sadie diejenige, die errötete und der es schwerfiel, ihre Stimme zu beherrschen, denn als sie schließlich antwortete, da klang sie überhaupt nicht natürlich, sondern rau und ängstlich.
    »Würdest du mir bitte sagen, was du für Pläne hast, Polly?«
    »Gern – ich möchte den Zug um neun Uhr dreißig bekommen, wenn es recht ist.«
    »Ich meine nicht deine Pläne für morgen, sondern die für dein Leben.«
    »Darüber möchte ich mit Boy ja gerade reden. Als wir uns das letzte Mal sahen, haben wir keine Pläne gemacht, da haben wir uns einfach die Ehe versprochen.«
    »Und diese Ehe, liebe Polly – steht dein Entschluss denn fest?«
    »Ja, ganz fest. Deshalb sehe ich auch keinen Sinn in dieser Warterei. Wozu, wenn wir ja doch heiraten werden? Im Gegenteil, alles spricht dafür, dass wir es bald tun. Zurückzugehen und noch einmal bei meiner Mutter zu wohnen kommt nicht in Frage, und Ihnen kann ich hier nicht ewig zur Last fallen. Sie sind schon viel zu nett zu mir gewesen.«
    »Oh, liebes Kind, mach dir darüber keine Gedanken. Es macht uns überhaupt nichts aus, wenn wir Gäste haben, solange Matthew sie leiden kann. Sieh dir Davey und Fanny an, die haben es auch nicht eilig, die wissen, dass wir sie gern hier haben.«
    »Ja, schon, aber sie gehören zur Familie.«
    »Das tust du auch, beinahe jedenfalls, und du bist ebenso willkommen, als würdest du dazugehören. Du weißt, in ein paar Wochen muss ich wegen Lindas Baby nach London, aber davon brauchst du dich nicht stören zu lassen, bleib einfach so lange, wie du magst. Fanny ist ja da, und wenn Fanny abreist, sind die Kinder da – sie beten dich an, du bist ihre Heldin, es ist wunderbar für sie, wenn du hier bist. Also mach dir nur ja keine Gedanken. Stürze dich um Himmels willen nicht in die Ehe, weil du glaubst, du hättest kein Zuhause, denn erstens stimmt es nicht, da du hier wohnen kannst, und außerdem ist es einfach kein hinreichender Grund für einen so folgenschweren Schritt.«
    »Ich stürze mich nicht in die Ehe«, sagte Polly. »Diese Ehe ist die einzige, die ich je eingehen konnte, und wenn sie unmöglich geblieben wäre, dann wäre ich ledig geblieben.«
    »Nicht doch«, sagte Tante Sadie, »du ahnst nicht, wie lang ein Leben ist und wie viele Veränderungen es mit sich bringt. Junge Leute glauben anscheinend immer, es sei im Nu vorüber, man tue entweder dies oder das, und dann sterbe man, aber ich kann dir versichern, sie

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