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Liebe unter kaltem Himmel

Liebe unter kaltem Himmel

Titel: Liebe unter kaltem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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in der Helligkeit blinzelnd, zum Vorschein kamen, waren Pollys Augen, groß, blau und ziemlich ausdruckslos.
    Mich verblüfften sie, aber ich glaube nicht, dass den Montdores die Ähnlichkeit auffiel, obwohl Lady Montdore nun sagte: »Jetzt weiß jeder sofort, dass du ein Hampton bist, Cedric. Bitte, lass uns diese grässliche Brille nie mehr sehen, ja?«
    »Meine Augengläser? Von Van Cleef eigens für mich entworfen!«
    »Ich hasse Brillen«, sagte Lady Montdore in entschiedenem Ton.
    Nun wurde Lady Montdores Mädchen hereingerufen, mit dem Safeschlüssel von Lord Montdores Schlüsselbund versehen und beauftragt, alle Schmuckkästen nach oben zu bringen. Als das Dinner vorüber war, überließen wir Lord Montdore seinem Port und kehrten in die Lange Galerie zurück, begleitet von Cedric, der die englische Sitte, welche die Männer nach dem Dinner im Esszimmer zurückhält, offenbar nicht kannte und stattdessen Lady Montdore wie ein Hund folgte. In der Langen Galerie fanden wir den Kartentisch bedeckt von mit blauem Samt ausgeschlagenen Schatullen und in jeder eine Garnitur großer, herrlicher Juwelen. Cedric stieß einen Freudenschrei aus und machte sich sofort an die Arbeit.
    »Zunächst einmal, liebe Tante Sonia«, sagte er, »müssen wir etwas für dein Kleid tun, so geht es nicht. Mal sehen – ach, ja« – er nahm ein Stück roten Brokat vom Flügel, drapierte es sehr geschickt um sie und steckte es an der Schulter mit einer Diamantenbrosche fest. »Hast du in dieser Tasche etwas Maquillage, meine Liebe? Und einen Kamm?«
    Lady Montdore kramte und förderte schließlich einen billigen Lippenstift und einen kleinen grünen Kamm zutage, dem eine Zinke fehlte.
    »Also so etwas!«, entfuhr es Cedric, während er behutsam ihre Lippen schminkte, »er klumpt! Aber macht nichts, für diesmal genügt es. Zerre ich dir auch nicht an den Haaren? Wir müssen die Figur zur Geltung bringen, deine schöne Figur. Ich finde, wir sollten einen neuen Friseur für dich finden, Tante Sonia – na, wir werden sehen – jedenfalls muss es kürzer sein – kürzer – ungefähr so. Erkennst du den Unterschied? Mrs Wincham, würden Sie bitte einmal die Deckenbeleuchtung für mich ausschalten und die Lampe von der Kommode dort herüberbringen. Danke.«
    Er stellte die Lampe auf den Boden und fing an, Lady Montdore mit Diamanten zu behängen, sodass der Brokatstoff schließlich bis zu ihrer Taille unter Steinen fast verschwand. Zuletzt setzte er ihr noch das Diadem mit den rosa Diamanten auf den Kopf.
    »So«, sagte er, »sieh dich an!« Und er führte sie zu einem Spiegel an der Wand. Sie war ganz hingerissen von der Wirkung, die übrigens wirklich großartig war.
    »Und jetzt bin ich an der Reihe!«, sagte er.
    Obwohl Lady Montdore inzwischen so aussah, als würde sie ganz aus Diamanten bestehen, enthielten die Kästen auf den Tischen noch viele große Juwelen. Cedric zog seine Jacke aus, nahm Kragen und Krawatte ab, knöpfte sich das Hemd auf und hakte sich eine breite Kette aus Diamanten und Saphiren um den Hals, eine Seidentischdecke drehte er zu einem Turban zusammen, steckte eine Diamantenfeder hinein und setzte ihn auf. Währenddessen redete er in einem fort.
    »Du musst dein Gesicht wirklich mehr massieren, Tante Sonia.«
    »Massieren?«
    »Mit nahrhaften Cremes. Ich werde es dir zeigen. So ein wunderbares Gesicht, aber unkultiviert, vernachlässigt, ausgezehrt. Wir müssen es auffrischen, trainieren, von jetzt an überhaupt besser behandeln. Du wirst sehen, was man alles tun kann. Zweimal in der Woche musst du mit Maske schlafen.«
    »Mit Maske?«
    »Ja, schon wieder die Maske, aber diesmal meine ich die, die man abends auflegt. Sie wird ziemlich hart, und man sieht aus wie der Komtur im Don Juan , und am nächsten Morgen kannst du nicht lächeln, kein bisschen, und deshalb darfst du auch nicht telefonieren, bevor du sie mit dem Entferner entfernt hast, denn wenn man ohne zu lächeln telefoniert, klingt es mürrisch, und wenn Man selbst zufällig am anderen Ende wäre, fände Man es unerträglich.«
    »Ach, mein lieber Junge, mit dieser Maske – also, ich weiß nicht. Was würde Griffith dazu sagen?«
    »Wenn Griffith dein Mädchen ist, dann wird es ihr gar nicht auffallen, es fällt ihnen nie auf. Aber uns wird sie auffallen, deine prachtvolle neue Schönheit. Diese grausamen Falten!«
    Jeder war so sehr mit sich und mit dem anderen beschäftigt, dass sie es gar nicht bemerkten, als Lord Montdore aus dem Esszimmer

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