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Liebe unter kaltem Himmel

Liebe unter kaltem Himmel

Titel: Liebe unter kaltem Himmel
Autoren: Nancy Mitford
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Woran erkennst du das?«
    »Meine Liebe, man erkennt es immer. Die Dinge haben eine Unterschrift, wenn man seine Augen benutzt, und meine sind anscheinend bei einer Reihe von Dingen geübter als die deinen, Schiaparelli – Reboux – Fabergé – Viollet-le-Duc – ich kann es auf einen Blick erkennen, buchstäblich auf einen Blick. Seit meinem letzten Besuch ist also deine verworfene Mutter hier gewesen, die Hopse?«
    »Hätte ich mir die Jacke denn nicht selbst kaufen können?«
    »Nein, meine Liebe, du sparst für die Erziehung deiner zwölf intelligenten Söhne, wie könntest du da fünfundzwanzig Pfund für ein solches Jäckchen ausgeben?«
    »Das kann doch nicht wahr sein!«, sagte ich. »Fünfundzwanzig Pfund – da für?«
    »Es müsste so ungefähr hinkommen.«
    »Einfach verrückt. Ich hätte es mir doch auch selbst genäht haben können.«
    »Aber könntest du es auch nähen? Und wenn du könntest, wäre ich dann hereingekommen und hätte Schiaparelli gesagt?«
    »Mehr als ein Meter Stoff ist nicht dran, der kostet ein Pfund, höchstens«, sagte ich, entsetzt über diese Geldverschwendung.
    »Und wie viel Meter Leinwand sind an einem Fragonard ›dran‹? Und was kosten die Bretter oder das Ziegenfell, bevor aus ihnen eine Kommode oder Maroquinleder wird? Kunst ist mehr als Meter, genauso wie Man selbst mehr ist als Haut und Knochen. Übrigens, ich muss dich warnen, Sonia wird bald hier auftauchen, sie ist auf der Suche nach starkem Tee. Ich war so frei, mich auf dem Weg hier herauf kurz mit Mrs Heathery zu verständigen, die mich in ihr Herz geschlossen hat. Außerdem habe ich ein paar Scones von Cadena mitgebracht und sie bei ihr hinterlegt.«
    »Was tut Lady Montdore denn jetzt gerade?«, fragte ich und fing an, im Zimmer aufzuräumen.
    »Du meinst, jetzt im Augenblick? Sie ist gerade bei Parker und sucht ein Geburtstagsgeschenk für mich aus. Es soll eine große Überraschung werden, aber ich bin schon bei Parker gewesen und habe ein paar Weichen gestellt. Es würde mich sehr überraschen, wenn die große Überraschung nicht Ackermann’s Repositorium wäre.«
    »Ich dachte, du würdest über englische Möbel nur die Nase rümpfen?«, sagte ich.
    »Immer weniger. Provinziell, aber reizvoll – würde ich heute sagen, und Ackermann’s Repositorium ist ein so ergötzliches Buch, ich habe neulich bei Lord Merlin ein Exemplar gesehen, als ich mit Sonia dort war, und muss es unbedingt haben. Ich glaube, es ist in Ordnung. Sonia macht mir gern solche Geschenke, die man nicht einfach mit sich fortschleppen kann; sie glaubt, sie würden mich an Hampton binden. Ich mache ihr deshalb keinen Vorwurf. Ohne mich muss ihr Leben unsäglich eintönig gewesen sein.«
    »Aber binden dich solche Dinge denn auch?«, fragte ich. »Mir kommt es so vor, als gehörtest du nach Paris – ich kann mir nicht vorstellen, dass du für immer hier lebst.«
    »Ich auch nicht, aber es ist nun mal so, Liebling, dass die Nachrichten aus Paris nicht besonders erfreulich klingen. Ich habe dir doch erzählt, nicht wahr, dass ich meinen deutschen Freund Klugg gebeten habe, sich um meine Wohnung zu kümmern und sie für mich warmzuhalten? Und was höre ich nun? Letzte Woche kam der Baron mit einem camion und hat alle Möbel abtransportiert, jedes einzelne, und der arme Klugg muss sich jetzt zum Schlafen auf den Fußboden legen. Ich nehme zwar an, er merkt es nicht, weil er immer ziemlich betrunken ist, wenn er zu Bett geht, aber beim Aufwachen kann es nicht sehr angenehm sein, und außerdem trauere ich um meine Kommoden. Louis-quinze – ein Paar –, diese marqueterie , diese Bronzen, wirklich bedeutende Stücke, objets de musée – die habe ich wohl zum letzten Mal gesehen. Dahin! An einem einzigen verhängnisvollen Nachmittag hat der Baron alles genommen. Das ist hart!«
    »Welcher Baron?«, fragte ich.
    Über Klugg wusste ich Bescheid, wie abscheulich und trunksüchtig, wie brutal und deutsch und ungebildet er war, sodass Cedric nie erklären konnte, warum er sich je auch nur einen Augenblick mit seiner wüsten Art abgefunden hatte. Der Baron indessen war eine neue Gestalt für mich. Aber Cedric blieb unbestimmt. Mir ist nie wieder jemand begegnet, der mit so viel Geschick wie Cedric Fragen auszuweichen verstand, die er nicht beantworten wollte.
    »Bloß ein anderer Freund. An meinem ersten Abend in Paris ging ich in die Oper, und ich will dir nicht verhehlen, meine Liebe, dass aller Augen auf mich in meiner Loge gerichtet waren, die
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