Liebe unter kaltem Himmel
war dies ein weitaus befriedigenderes Steckenpferd. Gesichtsoperationen, Schlankheitskuren, Gymnastik, Diät, Make-up, neue Kleider, neu gefasster Schmuck, eine blaue Tönung für ihr graues Haar, rosa Schleifen und Diamantengänseblümchen in den blauen Locken – sie hatte viel zu tun. Ich sah sie immer seltener, aber wenn ich sie traf, sah sie jedes Mal noch modischer und noch moderner aus. Ihre Bewegungen, die früher so plump waren, wirkten jetzt elegant, geschmeidig, vogelartig; wenn sie sich setzte, stellte sie nie mehr beide Beine nebeneinander auf den Boden, sondern schlug das eine über das andere, und diese täglich massierten, mit Dampfbädern behandelten Beine wurden zusehends dünner, bis schließlich fast nur noch Haut und Knochen übrig waren. Ihr Gesicht wurde geliftet und gezupft und geglättet, bis es so aufgeräumt aussah wie das von Mrs Chaddesley Corbett, und sie lernte es, ein Lächeln erstrahlen zu lassen, das nicht weniger leuchtend war als das von Cedric.
»Ich lasse sie › brush – Bürste‹ sagen, bevor sie ins Zimmer kommt«, erzählte er mir. »Ich habe das in einem alten Anstandsbuch gelesen, es fixiert ein wirklich herzliches Lächeln im Gesicht. Irgendjemand sollte diesen Tipp auch mal Lord Alconleigh geben.«
Da sie sich bisher nicht im Geringsten bemüht hatte, jünger auszusehen, als sie war, sondern sich stets ihre im Grunde genommen edwardianische Erscheinung bewahrt hatte, so als sei sie sich bewusst, wie sehr sie den schmalen Frauen mit ihrem kurzlebigen Schick, den Chaddesley Corbetts und allen anderen, überlegen war, wirkte das, was Cedric nun aus ihr machte, geradezu revolutionär. Meiner Meinung nach war es kein Erfolg, denn sie opferte eine eindrucksvolle, charakteristische Erscheinung, ohne an Schönheit wirklich zu gewinnen, aber die damit verbundenen Anstrengungen machten sie ohne Zweifel vollkommen glücklich.
Cedric und ich wurden gute Freunde, und er besuchte mich sehr oft in Oxford, wie es auch Lady Montdore getan hatte, bevor sie erneut so aktiv geworden war, aber ich muss sagen, dass mir seine Gesellschaft sehr viel lieber war als die ihre. In der letzten Phase meiner Schwangerschaft, und als das Kind dann geboren war, kam er oft, saß stundenlang bei mir, und wir unterhielten uns vollkommen ungezwungen; ich brauchte meine Näh- oder Flickarbeit nicht zu unterbrechen und brauchte mir über mein Aussehen keine Gedanken zu machen, genauso wie wenn eine meiner Radlett-Cousinen zu Besuch bei mir gewesen wäre. Er war freundlich, aufmerksam, liebevoll, es war mit ihm wie mit einer bezaubernden Freundin, oder noch besser, denn unsere Freundschaft wurde nicht durch die geringste Spur von Eifersucht getrübt.
Einige Zeit nach der Geburt, als ich meine Figur wiedergewonnen hatte, begann ich mich sorgfältiger zu kleiden und zu schminken, um Cedrics Beifall zu gewinnen, aber schon bald stellte ich fest, dass dies mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln ziemlich aussichtslos war. Er wusste so viel über Frauen und ihre Accessoires, dass ihn von dem, was ich zuwege brachte, einfach nichts beeindrucken konnte. Wenn ich mir zum Beispiel, bevor er zu einem Besuch kam, die Mühe machte, meine Strümpfe zu wechseln und Seidenstrümpfe anzuziehen, dann sah er sofort, dass sie von Elliston waren und fünf Shilling elf Pence gekostet hatten, denn mehr konnte ich mir nicht leisten, und es schien wirklich sehr viel vernünftiger, bei Florgarn zu bleiben.
Einmal sagte er sogar zu mir: »Weißt du, Fanny, es macht gar nichts, dass du dich nicht teuer anziehen kannst, es hätte einfach keinen Zweck. Du bist wie die königliche Familie, Liebling. Egal, was du anziehst, du bleibst, wie du bist.«
Ich war hierüber nicht sehr erbaut, aber ich wusste, er hatte recht. Mit meinem Heidekrauthaar und dem runden, gesunden Gesicht würde ich ein mondänes Aussehen nie zuwege bringen, auch wenn ich mich so abmühte wie Lady Montdore.
Ich weiß noch, wie mir meine Mutter bei einem ihrer seltenen Besuche in England eine kleine Jacke aus scharlachrotem Stoff von Schiaparelli mitbrachte. Mir kam sie ziemlich unscheinbar und uninteressant vor, bis auf das Etikett im Futter, und am liebsten hätte ich es außen angebracht, damit die Leute sehen konnten, woher sie kam. Ich trug sie einmal statt einer Strickjacke im Haus, als zufällig Cedric vorbeikam, und als Erstes sagte er zu mir: »Aha! Wie ich sehe, kleiden wir uns jetzt bei Schiaparelli ein! Und wie geht es dann weiter?«
»Cedric!
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