Liebe unter kaltem Himmel
aus, als hätte man sie mit Öl getränkt, um zu verhindern, dass sie entlang der Fältchen in tausend winzige Teile springt. Ihre Nägel waren dunkelrot lackiert, eine echte Verbesserung, denn früher waren sie gefurcht und nicht immer ganz sauber gewesen. An die Stelle der altmodischen Ringe mit den riesigen, in Gold gefassten Diamanten, die ihre steifen Finger immer so steif umschlossen hatten, waren nun quadratisch geschliffene Diamanten inmitten von rund geschliffenen Smaragden und Rubinen getreten, ihre Diamantenohrringe waren neu gefasst, in Muschelform, und weitere große Diamanten funkelten von einer modischen Spange an ihrem Ausschnitt. Der ganze Eindruck war überwältigend.
Aber obwohl sich ihr Äußeres verändert hatte, war sie innerlich die Gleiche geblieben, und dem blitzenden (Bürsten-)Lächeln folgte der wohlbekannte musternde Blick.
»Macht dein Kind diesen schrecklichen Lärm, Fanny?«
»Ja. Sonst schreit der Junge fast nie, aber jetzt machen ihm die Zähne zu schaffen.«
»Armer Kerl«, sagte Cedric, »vielleicht sollte er mal zum Zahnarzt?«
»Also, ich habe ein Geburtstagsgeschenk für dich besorgt, Cedric. Aber es kann keine Überraschung werden, weil es den ganzen Boden im Auto bedeckt. Bei Parker meinten sie, es würde dir bestimmt gefallen – ein Buch, es heißt Ackermann’s Suppositorium oder so ähnlich.«
»Nicht Ackermann’s Suppositorium – aber fast!«, sagte Cedric und schlug die Hände in einer sehr charakteristischen Geste unter dem Kinn zusammen. »Wie gut du zu mir bist – wie bist du nur darauf gekommen? Wo hast du es gefunden? Aber, meine Liebste, dass du keine Überraschung daraus machst, ist wirklich schlimm. Geburtstagsgeschenke müssen eine Überraschung sein. Sonia begreift einfach nicht, wie man mit Geburtstagsgeschenken umgehen soll. Fanny, was soll Man da machen?«
Ich fand, Man hatte es sehr gut gemacht. Lady Montdore war bekannt dafür, dass sie nie etwas schenkte, weder zu Geburtstagen noch zu Weihnachten, und selbst bei ihrer innig geliebten Polly war sie nie von diesem Grundsatz abgewichen, wenngleich Lord Montdore Polly zum Ausgleich immer mehrere Geschenke gemacht hatte. Aber nun überschüttete Lady Montdore Cedric geradezu mit Geschenken, und zwar mit wertvollen Geschenken, wobei sie den geringsten Anlass zum Vorwand nahm, und ich verstand durchaus, dass es bei jemandem, der dies so zu würdigen wusste wie er, ein großes Vergnügen sein musste.
»Aber außer den Büchern habe ich auch eine richtige Überraschung für dich, ich habe sie in London gekauft«, sagte Lady Montdore und warf ihm einen liebevollen Blick zu.
»Nein!«, sagte Cedric. Ich hatte das Gefühl, er sei auch hierüber vollständig im Bilde. »Ich werde keine ruhige Minute haben, bevor ich dir das Geheimnis entlockt habe – hättest du mir doch bloß nichts gesagt!«
»Du brauchst ja nur bis morgen zu warten.«
»Ich warne dich, früh um sechs werde ich dich wecken. Aber jetzt trink deinen Tee, meine Liebe, und komm, wir müssen zurück, ich möchte unbedingt sehen, was Archie mit all den Bronzen angestellt hat. Er geht heute an den Boulle, und mir kam plötzlich ein furchtbarer Gedanke – stell dir vor, er baut ihn nachher irrtümlich zu einem Lastwagen zusammen? Was würde der liebste Onkel Montdore sagen, wenn er plötzlich mitten in der Langen Galerie vor einem Lastwagen von Boulle stände?«
Ohne Zweifel, so dachte ich, wären er und Lady Montdore begeistert eingestiegen und hätten sich von Cedric zu einer Spazierfahrt entführen lassen. Sie standen völlig unter seinem Bann, und was er auch tat, alles erschien ihnen vollkommen.
5
Cedrics Ankunft in Hampton entfachte in der Außenwelt natürlich ziemlichen Tumult. Die Londoner Gesellschaft hatte zunächst keine Gelegenheit, sich selbst eine Meinung zu bilden, denn es war das Jahr nach der Großen Krise – Cedric und die Krise waren fast gleichzeitig gekommen, und Lady Montdore, obgleich selbst nicht von ihr betroffen, meinte, da das gesellschaftliche Leben in London zum Erliegen gekommen sei, lohne es nicht, Montdore House offen zu halten. Sie ließ es in Schonbezüge hüllen, bis auf zwei Zimmer für Lord Montdore, wenn er ins Oberhaus gehen wollte.
Lady Montdore und Cedric logierten nie im Londoner Haus, sie fuhren zwar manchmal nach London, aber nur tagsüber. Lady Montdore lud auch keine großen Hauspartys mehr nach Hampton ein. Sie sagte, die Leute redeten nur noch vom Geld, und das sei ihr zu langweilig, aber
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