Liebe wird oft überbewertet
Langzeitarbeitslosen in den überbevölkerten Parks gesellen sollen, die da stillen, chillen und grillen? Müsste ich mich nicht wie die anderen ausziehen, ausstrecken, bräunen, Frisbee, Fußball, Hacky-Sack, Akustikgitarre, Diabolo spielen? Guerillagärtnern? Muskeln ausdefinieren? Bälle jonglieren, Hunde rumkommandieren?
Zum Glück ist es wieder kühler geworden, damit bleibt noch eine Schonfrist, sich an die neue Jahreszeit zu gewöhnen. An all die idiotischen Liebespaare, die unter blühenden Bäumen stehen oder auf Decken im Park lagern und sich stumpf-romantisch in die Augen glotzen, ihre Gesichter betrachten und mit empfindsamen Fingern zart die Augenbrauen des anderen nachzeichnen. Ekelhaft.
Psychologische Liebestheorien
Jedes Paar bildet sich zumindest in der Anfangszeit ein, einzigartig unter den Liebespaaren zu sein, nichts anderes verlangt ja das Romantikgebot unserer paarorientierten Gesellschaft. Trotzdem haben die Liebesforscher und Soziologen allgemeine Muster und Stereotypen in Beziehungen herausgearbeitet. Im Folgenden sollen die wichtigsten psychologischen und soziologischen Konzepte der Liebe vorgestellt werden.
In der neueren psychologischen Forschung ist man zum Glück ja weiter als in der Medienwelt, dort wird das Phänomen »Liebe« mehrheitlich als vielschichtiges Konstrukt betrachtet, in dem Einstellungen, Gefühle und Verhaltensweisen einer Person gegenüber einer anderen abgebildet werden.
Rubins »Love/Liking«-Skalen
Der amerikanische Sozialpsychologe Zick Rubin hat diese Mehrdimensionalität als Erster konzeptualisiert. Rubin entwickelte in den siebziger Jahren mit den »Love and Liking Scales« ein Messsystem der Liebe, mit dem einzelne Bestandteile von »Lieben« und »Mögen« erfasst werden sollten.
Zur Entwicklung seiner »Love and Liking Scales« wurden aus philosophischer und theoretischer Literatur entnommene Zitate in Form von Testfragen formuliert, die anschließend von studentischen Versuchspersonen nach Aussagen geordnet wurden, die sich entweder auf einen Liebespartner oder einen Freund/eine Freundin bezogen.
Das Beziehungsmodell nach Sternberg
Die amerikanischen Sozialpsychologinnen Berscheid und Walster unterscheiden 1974 zwei Grundformen der Liebe: Leidenschaftliche und partnerschaftliche Liebe, wobei die leidenschaftliche Liebe bei längerer Dauer der Beziehung häufig in partnerschaftliche Liebe übergeht.
Was ja meinen Beobachtungen zufolge noch ein Glücksfall ist – die andere häufig vorkommende Variante wäre der Übergang zu Hass und Verachtung.
Sternbergs Dreikomponententheorie aus dem Jahr 1986 schlägt eine mehrdimensionale Theorie der Liebe vor, wonach sich jede Art von Liebe aus einer jeweils unterschiedlichen Gewichtung der Komponenten Leidenschaft, Intimität und Bindung/Entscheidung zusammensetzt. Kombiniert man die Komponenten, lassen sich sieben unterschiedliche Arten von Liebe damit beschreiben. So drückt sich die Kombination von Intimität und Leidenschaft (bei Abwesenheit von Bindung) in »romantischer Liebe« aus, während die Kombination von Intimität und Bindung (bei Abwesenheit von Leidenschaft) auf eine »partnerschaftliche Liebe« hinweist. Das gleichzeitige Vorhandensein aller drei Komponenten bezeichnet Sternberg als »vollständige Liebe«. Bei der »albernen Liebe« sind zwar Leidenschaft und Bindung vorhanden, es fehlt aber die Intimität.
Die drei Komponenten der Liebe nach Sternberg
Lokalisation der acht Kombinationen aus den drei Komponenten der Liebe im Sternberg’schen Dreieck
Graphische Darstellung des Ausmaßes an Liebe
»Love Acts« – Die Liebeshandlungen nach Buss
Aber Liebe ist nicht nur ein Zustand, der beschrieben werden kann, Liebe äußert sich auch in bestimmten Tätigkeiten. Deshalb hob der amerikanische Psychologe David Buss 1988 diesen Aspekt hervor und formulierte eine Evolutions-Theorie der Liebe. Er nimmt an, dass sich die sogenannten »Love Acts« im Laufe der Evolution durch natürliche Auslese entwickelt haben. Aus seinen Beobachtungen geht hervor, dass sich Liebeshandlungen hauptsächlich in Liebesbeziehungen und in Eltern-Kind-Beziehungen bzw. in anderen verwandtschaftlichen Verhältnissen abspielen.
Diese Beziehungen stellen einen entscheidenden Faktor für die Reproduktion dar, weil diese Liebeshandlungen für den Fortpflanzungserfolg wichtig sind. Die Love Acts betreffen mehrere Bereiche: Zurschaustellung von Ressourcen, Exklusivität (z.B. Treue), Bindung und Heirat, sexuelle
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