Lieben: Roman (German Edition)
ihre Dunkelheit offenbarten und gleichsam das Licht ansaugten. Ich schrieb darüber, wie sie ging, über das leichte, fast mannequinhafte Wackeln mit dem Po. Ich schrieb über ihre zierlichen japanischen Züge. Ich schrieb über ihr Lachen, das manchmal allen Raum einnahm, und wie ich sie dann liebte. Ich schrieb über die Worte, die sie am häufigsten benutzte, wie sehr ich ihre Art liebte, »Sterne« zu sagen, und ihre Art, mit dem Wort »fantastisch« um sich zu werfen. Ich schrieb, dies alles sei nur das, was ich gesehen hatte, und dass ich sie überhaupt nicht kannte, keine Ahnung hatte, was sie dachte, und nur wenig darüber wusste, wie sie die Welt und die Menschen darin sah, aber dass die Dinge, die ich sah, ausreichten, denn ich wusste, dass ich sie liebte und immer lieben würde.
»Karl Ove?«, sagte jemand. Ich blickte auf.
Sie stand vor mir.
Ich drehte den Block um.
Wie war das möglich?
»Hallo, Linda«, sagte ich. »Danke für den Abend gestern!«
»Danke, gleichfalls. Ich bin mit einer Freundin hier. Möchtest du lieber allein sein?«
»Ja, wenn das okay ist? Weißt du, ich arbeite.«
»Klar, verstehe.«
Wir sahen uns an. Ich nickte.
Eine junge Frau in ihrem Alter kam mit zwei Kaffeetassen in der Hand heraus. Linda drehte sich zu ihr um, und die beiden gingen zum anderen Ende des Cafés und setzten sich.
Ich schrieb, dass sie sich in diesem Moment dort hinten hinsetzte.
Könnte ich doch nur diese Distanz überwinden, schrieb ich. Dafür würde ich alles in der Welt geben. Aber es geht nicht. Ich liebe dich, und es mag sein, dass du glaubst, mich auch zu lieben, aber das tust du nicht. Ich glaube, du magst mich, da bin ich mir sogar ziemlich sicher, aber ich bin nicht genug für dich, und das weißt du in deinem tiefsten Inneren auch. Vielleicht brauchst du gerade jemanden, und dann bin ich aufgetaucht, und dann hast du gedacht, der könnte vielleicht was sein. Aber ich will niemand sein, der vielleicht jemand ist, das reicht mir nicht, für mich zählt nur alles oder nichts, du musst brennen, wie ich brenne. Wollen, wie ich will. Verstehst du das? Oh, ich weiß, dass du das tust. Ich habe dich stark gesehen, ich habe dich schwach gesehen, und ich habe dich offen für die Welt gesehen. Ich liebe dich, aber das reicht nicht. Freunde zu sein ist sinnlos. Ich bin ja nicht einmal in der Lage, mit dir zu reden! Was für eine Freundschaft soll das denn werden? Ich hoffe, du nimmst mir das alles nicht übel, ich versuche nur, dir zu sagen, wie es ist. Ich liebe dich, so ist es. Und irgendwie werde ich das immer tun, ganz egal, was mit uns passiert.
Ich unterschrieb, stand auf, warf einen Blick auf die beiden, nur ihre Freundin saß so, dass sie mich sehen konnte, aber sie wusste nicht, wer ich war, weshalb ich mich unbemerkt zurückziehen, nach Hause eilen, den Brief in einen Umschlag stecken, die Sportsachen anziehen und eine Runde um Södermalm laufen konnte.
In den nächsten Tagen kam es mir so vor, als würde ich an Tempo zulegen. Ich lief, ich schwamm, ich tat alles, was ich konnte, um die Rastlosigkeit, die zu gleichen Teilen aus Glück und Trauer bestand, zu kontrollieren, aber es wollte mir nicht gelingen, ich zitterte vor einer Erregung, die nie vorüberzugehen schien, machte endlose Spaziergänge durch die Stadt, lief, schwamm, lag nachts wach, konnte nichts essen, ich hatte Nein gesagt, es war vorbei, das würde sich geben.
Das Literaturfest war an einem Samstag, und als er kam, hatte ich beschlossen, nicht hinzugehen. Ich rief Geir an, um zu hören, ob er Lust hatte, sich mit mir in der Stadt zu verabreden, das hatte er. Um vier im KB verabredeten wir, und ich lief zum Eriksdalsschwimmbad und schwamm im Freibad über eine Stunde lang auf und ab, es war herrlich, die Luft war kalt, das Wasser warm, der Himmel grau und nieselig, und kein Mensch weit und breit. Hin und her schwamm ich. Als ich hinausstieg, war mir vor Erschöpfung warm. Ich zog mich um, stand vor dem Bad und rauchte und ging mit der Tasche über der Schulter Richtung Innenstadt.
Als ich ankam, war Geir noch nicht da, und ich setzte mich an einen Fenstertisch und bestellte ein Bier. Wenige Minuten später stand er vor mir und gab mir die Hand.
»Was Neues?«, sagte er und setzte sich.
»Ja und Nein«, erwiderte ich und erzählte ihm alles, was in den letzten Tagen passiert war.
»Musst du immer so ein Drama aus allem machen«, sagte er. »Kannst du es nicht mal ein bisschen gelassener angehen lassen? Es muss doch
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