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L(i)ebenswert (German Edition)

L(i)ebenswert (German Edition)

Titel: L(i)ebenswert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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Stirn und musterte ihn, bis er schließlich die Schultern zuckte und seine Beine in Ninoshs Richtung streckte.
    Mit viel Geduld konnte Ninosh dutzende Splitter entfernen; die Blasen hatte Geron bereits selbst mit dem Messer geöffnet. Die verbliebenen Splitter saßen zu tief und würden weiterhin unangenehm bleiben. Der Mann hatte Recht, so konnte er nicht laufen. Ninosh schnitt sich mit Hilfe des Messers die Hemdsärmel ab, die er um jeweils einen malträtierten Fuß wickelte.
    „Vielleicht kannst du zwei Holzstücke aus den Planken zurechtschlagen, die du als Schuhersatz nutzen könntest“, schlug er vor. „Es würde dich vor weiteren Verletzungen bewahren, auch wenn es kein bequemes Laufen wäre.“
    Verwirrt und misstrauisch starrte Geron ihn an, murmelte einen Dank und verschwand dann in Richtung Wrack. Er humpelte zwar schwer, kam jedoch wenigstens voran. Ninosh trank, soviel er konnte, um das Leeregefühl in seinem Magen zu vertreiben und zog sich anschließend zu seinem Baum zurück. Heute würden sie garantiert nirgends mehr hingehen, also sollte er die Zeit nutzen und sich ausruhen. Er war so müde, so elendig müde …

    Geron war es mit stundenlangem Einsatz an Geduld und nach einigen Fehlversuchen gelungen, eine Fischfalle aus Brettern und einem der Säcke, die er aus dem Laderaum geborgen hatte, zu bauen. Darin verfingen sich relativ schnell einige kleine Fische, die er sofort ausnahm und abschuppte. Sie brauchten Nahrung! Es war verstörend, dass sie soviel Zeit daran verloren, Essen suchen und zubereiten zu müssen. Er war es gewohnt, stets ausreichend Proviant zur Verfügung zu haben. Damals bei seinen Eltern, als er mit seinem Vater in der Schmiede gearbeitet hatte, war er nicht mit Reichtum verwöhnt gewesen, doch nie war es ihm ähnlich ergangen wie hier draußen.
    Geron hatte sich aus schmalen Holzstücken und Seilfasern sowie den Stofffetzen als Polsterung provisorische Schuhe gebastelt, genau wie Ninosh es vorgeschlagen hatte. Es war verrückt. Ein Prinz, der einem Hufschmied Splitter aus den Füßen zog, wer hatte das je gehört? Irgendetwas stimmte mit dem jungen Mann nicht, da war er sich mittlerweile absolut sicher. Was das war, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen …

    Nach dem Essen, das Ninosh recht schwer im Magen lag, war Geron zum Wrack zurückgekehrt und hatte begonnen, mit viel Lärm und Gehämmere einzelne Planken zu bergen, die nicht allzu sehr von den Flammen beschädigt worden waren. Damit hielt er sich beschäftigt, bis es zu dunkel wurde, dann setzte er sich zu ihm und begann, weitere Fische über dem Lagerfeuer zu braten. Einerseits war der Geruch heimelig, andererseits löste er Brechreiz aus. Oder vielleicht gerade weil er so heimelig war?
    „Ich versuche ein Floß zu bauen“, sagte Geron irgendwann in die Stille hinein. „Wir sind beide nicht wirklich lauftüchtig, mit einem Floß könnten wir hingegen innerhalb von ein bis zwei Tagen am Hauptstützpunkt ankommen.“
    „Wie kommen die Transporter eigentlich die Tibba hoch?“, fragte Ninosh, den Moment nutzend, da Geron in Gesprächslaune war. „Die Strömung ist doch viel zu stark!“
    „Gar nicht. Niemand, der bei Verstand ist, versucht die Tibba gegen den Strom zu bezwingen. Irgendwo in der Nähe fließt der Ugur, ein breiter, tiefer und sehr behäbiger Fluss, der auf vielen Meilen parallel zur Tibba verläuft.
    An seinem Ufer liegt der auch Hauptstützpunkt und ihn kann man leicht flussaufwärts rudern. Er mündet in der Tibba, etwa eine halbe Meile vor der Anlegestelle beim Grenzposten. An dieser Stelle verläuft die Tibba ebenfalls recht ruhig und man kann dieses Stück darum leicht überwinden. Für den Rückweg nimmt man gerne die riskante Fahrt auf sich, da die Tibba ein Schiff in kaum der Hälfte der Zeit zurückbringt. Man hat extra einen Kanal gegraben, der Tibba und Ugur am Hauptstützpunkt verbindet.“
    „Es würde also nicht helfen, hier einfach zu warten, bis der nächste Transporter vorbeikommt“, sagte Ninosh.
    „Nein, gar nichts. Es ist kaum möglich, auf diesem Strom ein Schiff anzuhalten. Die Transporte erfolgen auch nur alle zwei bis drei Wochen.“
    „Wird man keine Suchtrupps ausschicken, sobald man feststellt, dass etwas geschehen sein muss?“
    „Irgendwann schon. Das kann allerdings noch über eine Woche dauern, bis man uns ernstlich vermisst und mindestens noch einmal so lange, bis jemand bei uns vorbeikommen könnte. Zu Fuß dauert es ewig, das Ufer abzusuchen,

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