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Lieber Frühling komm doch bald

Lieber Frühling komm doch bald

Titel: Lieber Frühling komm doch bald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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Gaylord, der offenbar sein Pulver noch nicht verschossen hatte. Sie wollte sich erheben, aber es war schon zu spät. «Du, Onkel Peter», sagte ihr Sohn, «du weißt doch, Tante Becky hat gesagt, du wolltest irgendwas machen - ich weiß nicht mehr, was, irgend was mit einem roten Kopf.»
    «Wir sind wohl alle fertig?» fragte May und blickte in die Runde. Aber niemand hörte sie. Jocelyn rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Er wäre gern aufgestanden und hätte Miss Thompson nach Hause gebracht, damit er endlich wieder an seine Arbeit gehen konnte. Opa hatte sich bereits in den Leitartikel der Times vertieft. Doch die beiden Tanten starrten erst Peter und dann Becky an. Keine zehn Pferde hätten sie jetzt aus dem Zimmer gebracht. Becky beobachtete ihren Mann mit liebevoller Aufmerksamkeit, um zu sehen, wie er reagieren würde. Edouard blickte neugierig und nicht ohne Respekt zu Peter hinüber.
    Peter wurde rot und sagte kein Wort.
    «Jetzt weiß ich’s wieder!» rief Gaylord triumphierend. «Ins Netz gehen, das war es. Wie macht man das, wenn man ins Netz geht, Paps?»
    «Da gibt es verschiedene Wege, Gaylord. Du hast doch schon manchmal Fischernetze gesehen —»
    «Jocelyn, sei nicht albern», sagte Becky freundlich. Sie strahlte
    Gaylord mit ihrem unschuldigen Lächeln an, das alle Männer zwischen sieben und siebzig verzauberte, und sagte: «Ins Netz gehen heißt, daß man sich an der Nase herumfuhren läßt, genau wie ein Tanzbär, verstehst du?»
    Komisch, dachte Gaylord. «Aber Onkel Peter hat gesagt, es war ein Vogel.»
    «Das stimmt auch, mein Kleiner. Ein Vogel mit wunderschönem Gefieder.»
    Ein Vogel und dann ein Tanzbär? Gaylord gab es auf. «Kann ich jetzt spielen gehen, Mummi?»
    Die Spannung löste sich. May stand auf und musterte Gaylord mißtrauisch. Hoffentlich fehlte ihm nichts. Es sah ihm so gar nicht ähnlich, ein peinliches Thema einfach fallen zu lassen.
    Alle erhoben sich. Peter fuhr sich unauffällig über die Stirn. Seine Frau kam und nahm ihn beim Arm; sie lächelte ihn an und ging mit ihm hinüber ins Wohnzimmer. Die anderen folgten. «Na, der Junge sucht wohl ein bißchen Abwechslung, was?» sagte Tante Bea mit lauter Stimme. «Hab ich mit Ben auch mal erlebt, als er so alt war wie Peter. War so eine kleine Bibliothekarin.»
    Niemand sagte etwas zu dieser sensationellen Enthüllung über den verewigten Großonkel Ben.
    «Wenn sie Opernsängerin gewesen wäre, hätt’s mir ja nichts ausgemacht», fügte Tante Bea ebenso laut hinzu.
    «Oder eine aus dem Chor», meinte Dorothea.
    «Und sie war auch noch Methodistin!» erklärte Tante Bea.
    «Myrtle hieß sie.» Diese Information steuerte Tante Dorothea bei.
    Dann seufzten beide.
    Weiter war dazu nichts zu sagen. Sie traten alle an die hohe Glastür, die in den Garten hinausführte. Strahlendes Sonnenlicht schien von draußen herein.
    Sie blickten auf den weißen Rasen hinaus, der sanft zu den Wiesen und dem sich schwarz dahinschlängelnden Fluß hin abfiel. Sie standen im warmen Zimmer, nur durch die Glasscheiben getrennt von der winterlichen Außenwelt, von Schnee und Eis und schneidender Kälte.
    Das einzig Lebendige in der blau weißen glitzernden Welt da draußen war eine kleine Gestalt, die auf dem Weg am Fluß einen Schlitten hinter sich her zog. «Sieht aus wie ein Page, der seinen guten König Wenzeslaus verloren hat», meinte Opa und gab seinem lieben Freund Edouard Feuer.
    Gaylord hielt das nicht für wahrscheinlich. Aber wissen konnte man so etwas natürlich nie. Er blickte genauer hin und sagte: «Das ist Henry Bartlett.» Opa, dessen eigene Zigarre jetzt auch gut brannte, hielt ihm das Streichholz hin, und Gaylord pustete es aus. «Ich wußte gleich, daß es kein Page war», sagte er abfällig. «Mummi, kann ich rausgehen und mit Henry spielen? Und darf ich Schultz mitnehmen?»
    «Ja, aber zieh dich warm an. Es ist eisig draußen.»
    Gaylord verschwand, und bald war er draußen. Der Schnee war fest und trocken, er schimmerte und glitzerte. Gaylord war entzückt über dieses Himmelsgeschenk. Er konnte sich an diesem Morgen nichts Schöneres vorstellen.
    Schultz war da anderer Meinung. Es war einjunger Hund, so groß wie ein kleines Kalb, doch noch ohne viel Lebenserfahrung, und die Tatsache, daß jemand über Nacht die ganze grüne Welt mit Schichten weißer Farbe zugedeckt hatte, brachte ihn aus der Fassung. Zuerst bellte er das Weiße an, knurrte, wich zurück und schoß dann darauf los. Aber alles blieb, wie es

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