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Lieber Frühling komm doch bald

Lieber Frühling komm doch bald

Titel: Lieber Frühling komm doch bald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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Toast und Butter haben?»
    Ihre Antwort löste ein Gewitter aus. «Toast und Butter?» donnerte John Pentecost und ließ die Times einen Augenblick sinken. «Sie sind ja ebenso schlimm wie Jocelyn, junge Frau. An einem Morgen wie diesem braucht der Mensch eine ordentliche Grundlage. Porridge, Eier, Speck.» Empört raschelte er mit seiner Zeitung. Sie enthielt schon genügend Unerfreuliches, da brauchte nicht noch so ein unterernährtes junges Ding zu kommen und ihm das Frühstück zu verderben.
    «Hör sich einer das an», sagte Tante Bea. «Mein lieber John, du solltest lieber Frühstück und Mittagessen ausfallen lassen und einmal sechs Monate von deinem Fett leben. Das wäre gut für dich.»
    «Fast alle Männer essen zuviel», warf Becky ein. «Sie haben immer Appetit.» Sie lächelte ihrem Mann flüchtig zu.
    May, verständnisvoll und liebenswürdig wie immer, sagte: «Hören Sie nicht darauf, Miss Thompson. Hier ist Toast und Butter und Marmelade. Wenn Sie alle Ratschläge dieser Familie befolgten, würden Sie entweder verhungern oder aber sich zu Tode essen.»
    Das war Gaylords Stichwort. «Die Schafe von Henry Bartletts Tante haben sich mal in einem Kleefeld überfressen, hat sie gesagt. Da lagen sie alle auf dem Rücken, ganz aufgeblasen, mit Bäuchen wie Luftballons, und haben die Beine in die Luft gestreckt.»
    May befürchtete, daß Gaylord im Begriff war, von Miss Thompson ein ähnliches Bild zu entwerfen, und unterbrach ihn: «Das genügt, Gaylord.» Aber Gaylord setzte seinen Bericht unbeirrt fort. «Da hat Henrys Onkel einen spitzen Stock genommen und die Schafe alle angepiekst. Hat sich angehört, wie als ob einer mit ’nem Fahrradreifen über’n Nagel fährt, sagt Henry.» Ein täuschend echtes Zischen folgte.
    Jocelyn korrigierte ihn: «Gaylord, man kann nicht sagen . Es heißt-» Aber Opa unterbrach ihn und sagte eisig: «Ich hatte vor ein paar Minuten vorgeschlagen, Miss Thompson möge sich mit einem anständigen Frühstück gegen die Winterkälte wappnen. Mein wohlgemeinter und konstruktiver Vorschlag wurde zunächst ins Gegenteil verkehrt, sodann dazu benutzt, nicht nur auf mich, sondern auf alle Männer einzudreschen, und schließlich zu einer Darstellung ländlichen Lebens à la Thomas Hardy verwendet.» Gaylord war gekränkt. «Ich hab bloß gesagt—»
    «Hör auf», sagte Opa kurz und zerrte zornig an seiner Serviette. Wendy Thompson war höchst unbehaglich zumute bei diesen Wortgefechten. Mit niedergeschlagenen Augen saß sie da, knabberte an ihrem Toast und sehnte sich nach Hause zurück. Wie friedlich war es doch in ihrem stillen Wohnzimmer. Allerdings war es manchmal fast zu still, das mußte sie zugeben - ein bißchen wie Grabesstille. May Pentecost beobachtete sie und sorgte für sie mit der unpersönlichen Freundlichkeit einer guten Gastgeberin. Arme kleine Maus, dachte sie. Aber hier hörte die Freundlichkeit auch auf. Miss Thompson war eine junge Frau von dreißig Jahren und nicht unattraktiv. Vorsicht, dachte sie.
    Auch Jocelyn beobachtete Miss Thompson und dachte: Sie sieht so empfindsam aus. Wie gräßlich muß es für sie sein, so früh am Morgen zwischen einer Horde von streitenden Fremden zu sitzen. Er sagte: «Vielleicht haben Sie nach dem Frühstück Lust, sich mein Arbeitszimmer einmal anzusehen, Miss Thompson? Es gibt zwar nicht viel zu sehen, aber wenn -»
    Sie blickte auf und errötete vor Freude. «Oh, furchtbar gern, Mr. Pentecost.»
    May vernahm jetzt deutlich eine innere Stimme, die einen leisen Warnruf ausstieß: «Aufpassen!» Sie blickte zu Miss Thompson hinüber und sagte: «Sie dürfen nicht zuviel erwarten, Miss Thompson. Das Zimmer war früher ein kleines Schlafzimmer. Wir haben nur einen Schreibtisch und Bücher hineingestellt.»
    «Ach, darauf kommt es doch nicht an», sagte Miss Thompson mit glückseligem Lächeln. «Es ist doch - es ist, daß dort etwas geschaffen wird... Gestalten, Leben.»
    «O Gott», sagte Opa. Kompletter Blödsinn, dachte er.
    Aber May war nachdenklich geworden. Sie empfand Stolz und zugleich ein wenig Neid. Warum hatte sie es einer anderen Frau überlassen, diese Worte zu sagen?
    Das Frühstück ging zu Ende. Der alte Mann war bei seinem dritten, also letzten Toast. (Einmal hatte er nur zwei gegessen, und siehe da, mittags hatte er mit Grippe daniedergelegen.)
    Gott sei Dank, dachte May. Wieder eine Mahlzeit überstanden, ohne daß es zu ernstem Streit oder schlimmen Worten gekommen war. Plötzlich fiel ihr Blick auf

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