Lieber Frühling komm doch bald
reizte. Nur so war es zu erklären, daß Gaylord jetzt etwas tat, was ihn genauso erstaunte und entsetzte wie seine Eltern. Er streckte Miss Mackintosh die Zunge heraus.
Miss Mackintosh fackelte nicht lange und versetzte ihm eine Ohrfeige.
Gaylord lief krebsrot an. Mit hoch erhobenem Kopf stapfte er ins Haus.
Zornentbrannt stellte sich May vor Miss Mackintosh hin und sagte: «Was fällt Ihnen eigentlich ein?» Dann ging sie ins Haus, zerrte Gaylord heraus, schleppte ihn zu Miss Mackintosh und befahl ihm mit strenger Stimme, sich zu entschuldigen.
Gaylord blieb stumm und steif stehen.
«Gaylord, wirst du dich jetzt entschuldigen!»
«Nein», sagte Gaylord.
«Duncan», erklärte Miss Mackintosh, «wenn der Bengel sich bis heute mittag nicht entschuldigt hat, packe ich meine Sachen und reise ab.»
«Ich glaube, das wäre wirklich das beste», sagte May laut. «Ihnen fehlt jegliche Selbstbeherrschung.»
Das hatte gesessen. Wenn es etwas gab, das sie überreichlich besaß, so war es Selbstbeherrschung - da gab es für Miss Mackintosh überhaupt keinen Zweifel.
Mr. Mackintosh sah im Moment etwas weniger nach Granit aus als sonst. Mit dem Anflug eines Lächelns nahm er John Pentecost beiseite und sagte: «Das ist bei meiner Schwester leider keine leere Drohung, Mr. Pentecost. Wenn der Junge sich nicht entschuldigt, kommen wir in eine schwierige Lage.»
«Wir, Mr. Mackintosh? Wir?»
Das Lächeln schwand. «Ich, Mr. Pentecost.»
«Aha. Nun trinken Sie erst einmal ein Glas Punsch, Mann. Das andere ist Frauensache - die werden das schon erledigen.»
«Gaylord», sagte May, «du bist sehr ungezogen gewesen, ich muß mich für dich schämen. Willst du dich jetzt bitte entschuldigen?»
«Nein.» Kläglich sah er sie an. Sein Gesicht drückte Entschlossenheit und zugleich Bedauern aus. «Es tut mir leid, Mummi.»
Da war nichts zu machen, und im stillen hatte sie volles Verständnis für ihren Sohn. «Bitte, kommen Sie mit ins Haus, Miss Mackintosh.»
Elspeth Mackintosh folgte ihr. May wandte sich um und sah ihr gerade ins Gesicht. «Also, Miss Mackintosh, mein Sohn ist unhöflich gewesen. Ich bitte Sie an seiner Stelle um Entschuldigung.»
Ein frostiger Blick traf sie. «Aye. Dann will ich mich damit zufriedengeben. Sie haben den Jungen anscheinend nicht mehr in Ihrer Gewalt.»
Einen Augenblick lang hielt May an sich, dann sagte sie: «Und wenn Sie noch einmal eines meiner Kinder anrühren, verlassen Sie sofort das Haus.»
«Oh, mich können Sie nicht entlassen, Mrs. Pentecost. Und wenn Sie daran denken, meinen Bruder zu entlassen, dann hat da wohl der alte Herr noch ein Wörtchen mitzureden.»
Die beiden Frauen starrten einander an - trotzig, hart und unnachgiebig. Dann sagte May: «Das ist alles, Miss Mackintosh.» Die Schottin hielt immer noch die Augen feindselig auf sie gerichtet. Dann wandte sie sich ab und ging hinaus^
May setzte sich. Sie merkte, daß sie zitterte. Sie haßte es, sich gehenzulassen - es war eine Verschwendung von Energie und Nerven. Aber es gab Zeiten... Ihr brummte der Schädel. Merkwürdig. Es ging doch nicht, daß sie sich von Miss Mackintosh derartig aus der Fassung bringen ließ! Sie mußte sich ja doch mit ihr abfinden und wahrscheinlich auf lange Zeit.
Edouard Saint-Michel Bouverie hatte May traurig nachgeblickt, als sie ins Haus gegangen war. An Damen blieben ihm jetzt nur noch seine Verlobte, die reizende Becky, deren Ehemann sich jedoch stets in ihrer Nähe hielt, die blasse kleine Lehrerin - und Bea, die er allerdings eher zu den Männern rechnete. Und natürlich die süße kleine Julia.
Edouard hatte kleine Mädchen gern, und nicht nur, weil sie eines Tages große Mädchen wurden. Er hatte sie gern, weil sie so lieblich waren, so anmutig und süß - und von einer rührenden Unschuld. Jetzt nahm er sein Punschglas und schlenderte damit hinüber zu der blassen kleinen Lehrerin. Sich mit Männern zu unterhalten war Zeitverschwendung, fand er, solange Damen vorhanden waren.
Wendy Thompson sah ihn mit einem dankbaren Lächeln an. Es war ein so herrlicher Morgen gewesen - so etwas hatte sie noch nie erlebt, eine so ungezwungene, fröhliche Gesellschaft. Doch dann hatte sie plötzlich allein dagestanden, ein wenig verloren und ein wenig traurig, daß die fröhliche Stimmung verflogen war. Nur Gay lord, Henry Bartlett und Julia arbeiteten noch immer vergnügt an dem Schneemann.
Lächelnd, mit einer artigen Verbeugung, kam der Franzose auf sie zu und sagte: «Ein
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