Lieber Frühling komm doch bald
Shakespeare: <... geduldig lächelnd auch im Kummer>.»
«Von kann bei Becky gar keine Rede sein, Schwiegervater. , das würde eher passen.»
«Komm, trink noch einen Punsch», sagte John Pentecost. «Was fällt dir eigentlich ein, Becky zu kritisieren?»
«Na, ich habe eher den Eindruck, sie hat mich kritisiert.»
«Dazu hatte sie wohl auch guten Grund, mein Lieber. Aus einer Ehe kann man nicht einfach ausscheren. Das gehört sich nicht.»
«Ich bin nicht ausgeschert!» Peter geriet allmählich in Zorn.
«Du tätest es aber, wenn du könntest, Liebling!» rief Becky mit heller Stimme herüber.
«Halt du dich da ganz raus!» schrie Opa zurück. Gräßlich, daß sich immer alle einmischen mußten.
«Sagen Sie», erkundigte sich Edouard bei Becky, «sie ist wohl sehr hübsch, diese Freundin Ihres Mannes?»
Becky zog ihren Arm zurück, um ihm besser ins Gesicht sehen zu können. «Wieso, wer sagt denn, daß sie seine Freundin ist?» fragte sie erstaunt.
Er zog leicht die Schultern hoch: «Na, ich habe natürlich angenommen...»
«Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie so etwas von meinem Mann nicht annehmen würden», erwiderte Becky hochfahrend.
Edouard, der sich nicht klar darüber war, wer hier auf welcher Seite stand, beschloß zu schweigen. Es war alles etwas verwirrend. Sie gingen weiter durch den Schnee. Nach einer Weile sagte er: «Aber wenn sie nicht seine Freundin ist, wozu dann die ganze Aufregung?» Und mit einem leichten väterlichen Händedruck fügte er hinzu: «Darf ich Ihnen einen kleinen Rat geben, meine Liebe?»
«Bitte», sagte sie kühl.
«Die große Kunst in der Ehe besteht darin, niemals aus Mücken Elefanten zu machen. Es müssen Mücken bleiben, Becky, glauben Sie mir. Denken Sie an Othello!»
Nun mußte sie lachen. «Ich hatte nicht vor, Peter mit einem Kopfkissen zu ersticken.»
«Nein. Meinen Sie, daß Ihr Vater noch ein Glas Punsch für uns hat?» Sie gingen hinüber und gesellten sich zu Peter und zu John Pentecost, der überzeugt war, daß all sein Takt und Feingefühl für die Katz seien, wenn jetzt diese beiden sich einmischten. Edouard wandte sich an Peter und fragte mit gewinnendem Lächeln: «Darf ich ganz offen etwas sagen?»
Peter sah ihn argwöhnisch an. «Ja, bitte-?»
«Ich bringe Ihnen Ihre Frau zurück, Monsieur. Sie ist so reizend und so charmant, daß ich lieber nicht länger allein mit ihr bleiben möchte. Sie hat mich fasziniert, Monsieur, und das ist nicht gut, wenn man verlobt ist wie ich.» Er nahm Beckys Hand und legte sie auf Peters Arm. «Allez, mes enfants», sagte er und schob sie sanft von sich. Becky sah ihren Mann an und sagte zärtlich: «Oh, Peter, was bist du bloß für ein Klotz.» Sie reckte sich und küßte ihn, und er stand da, sichtlich verlegen und ebenso erfreut. Arm in Arm zogen sie davon. «Weißt du, was er mich gefragt hat?» sagte Becky. «Ob deine Freundin hübsch ist!»
«Ein starkes Stück», sagte Peter.
John Pentecost blickte ihnen nach. Er hatte es ja immer gesagt: Takt und Verständnis, damit konnte man alles erreichen. Er war froh, daß er die Sache selber in die Hand genommen hatte. Jocelyn hätte alles hoffnungslos verpatzt.
13
Daß Erwachsene nie lange bei der Sache bleiben konnten, wußte Gaylord, und er war daher auch nicht weiter erstaunt, als sie nach der Punschpause, ohne sich noch um den Schneemann zu kümmern, zu zweit oder dritt ins Haus schlenderten. Nur Miss Thompson warf noch einen nachdenklichen Blick auf die zwei gewaltigen Beine aus Schnee, über die das Vorhaben nicht hinausgediehen war: die vergängliche Erinnerung an eine glückliche Stunde.
Mit siebzehn war Wendy Thompson in den Sommerferien eines Morgens vor dem Frühstück zum Strand hinuntergelaufen. See und Sand erstreckten sich vor ihr wie seit Urzeiten und schimmerten trotzdem wunderbar neu und frisch. Jede kleine Welle hinterließ ein Spitzenmuster in dem nassen Sand. Die Meeresbrise rötete Wendys Wangen, wehte Salz in ihr Gesicht, auf ihre Lippen. Sie war siebzehn an jenem leuchtenden Morgen, und sie tanzte, ganz allein, an dem einsamen Strand, selig und beschwingt. Sie war siebzehn, und an diesem Morgen kam ihr eine Ahnung dessen, was das Leben vielleicht - vielleicht für sie bereithielt. Alle Hoffnungen waren zu Staub geworden. In dem eintönigen Leben mit ihrer Mutter war die Erinnerung an jenen Sommermorgen verblaßt. Und das Salz auf den Lippen war
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