Lieber Frühling komm doch bald
bezauberndes Kind, diese kleine Julia.»
«Ja, nicht wahr», sagte Wendy. «Sie ist wirklich süß!» Fast hätte sie gekichert - das kam natürlich vom Punsch. «Sie ist meine Lieblingsschülerin. Ich weiß natürlich, daß man eigentlich als Lehrerin keine Lieblinge haben dürfte.»
«Ach, Sie sind Julias Lehrerin?»
Sie nickte. «Sie möchte gern Ballettunterricht nehmen, aber ihr Vater erlaubt es ihr nicht.»
«Nein? Und was möchte der Monsieur aus ihr machen?»
«Ach, ich weiß nicht. Irgend etwas Praktisches. Stenotypistin oder so.»
«Mon Dieu! Aber die Kleine ist etwas Besonderes. Ich würde gern mal mit ihr plaudern.»
Wendy Thompson rief Julia, und das Kind kam angelaufen. Schüchtern blickte sie zu den beiden Erwachsenen auf. Wendy sagte: «Das ist Julia. Julia, das ist Monsieur Bouverie.»
«Gib mir deine Hand, mein Kind», sagte Edouard.
Erstaunt und etwas ängstlich hielt sie ihm die Hand hin. Er beugte sich zu ihr nieder. «Du wirst sicher einmal eine große Tänzerin», sagte er und gab ihr lächelnd einen Handkuß.
Wendy Thompson merkte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Daran war natürlich der Punsch schuld. Sie sagte: «Julia muß einmal für Sie tanzen.» Und dann kam wieder das halb unterdrückte Kichern. «Aber nicht in Gummistiefeln.»
«Nein», sagte er ernst, «nicht in Gummistiefeln.» Er blickte in Miss Thompsons kleines, aber entschlossenes Gesicht. «Und Sie haben mit dem Vater gesprochen?»
«Ja. Zweimal.»
«Und was sagt er?»
«Oh, er war ziemlich unhöflich.»
«Aha.» Er wandte sich wieder Julia zu. «Und du willst wirklich richtig tanzen? Jeden Tag, stundenlang, auch wenn die Beine schwer wie Blei sind und wenn du die Arme kaum noch heben kannst und der Rücken sich anfühlt, als würde er durchbrechen?»
«Oh, ja - ja!» Sie strahlte. Doch da wurde sein Gesicht plötzlich alt. Und hilflos sah er Wendy an. «Ach, was können wir schon tun? Der Mann ist ihr Vater. Und wer weiß, vielleicht hätte sie nach einer Woche keine Lust mehr.»
«Das glaube ich nicht. Ich kenne sie - sie ist eine entschlossene kleine Person, trotz ihres sanften Aussehens.»
Er sah sie lange an. «Da hätten wir ja dann zwei von der Sorte», sagte er mit einem vielsagenden Lächeln. Doch dann schüttelte er den Kopf. «Es hat keinen Zweck, Miss Thompson. Wir können nicht lieber Gott spielen.»
«Es käme auf einen Versuch an», erwiderte sie.
Wieder sah er sie sekundenlang an. Dann verbeugte er sich feierlich und küßte ihr die Hand.
Gleich darauf schlenderte er zu Becky hinüber.
John Pentecost hielt seinen Sohn am Ärmel fest. «Du vergißt doch nicht, was Becky von uns wollte — daß wir mit Peter reden, wegen seiner Freundin?»
«Lieber Vater, das ist unmöglich. Wir würden die Sache hundertmal schlimmer machen, als sie ist.»
«Unsinn. Kommt nur darauf an, wie man so etwas anpackt. Wenn einer natürlich wie ein Elefant im Porzellanladen auftritt... Mit etwas Feingefühl kann man oft Wunder wirken.» Dazu war allerdings nicht jeder imstande, das gab er zu. Takt und Verständnis waren da unerläßlich. Am besten nahm er die Sache selber in die Hand. Also marschierte er munter auf Becky und Peter zu und warf Becky einen bedeutungsvollen Blick zu, den sie auch richtig verstand. Er schob seinen rechten Arm unter Peters linken und sagte: «Komm, Junge, ich hole dir noch ein Glas Punsch.»
«Danke», sagte Peter unsicher.
Der alte Mann schob ihm das gefüllte Glas in die Hand. Beide tranken. Opa suchte nach einer diplomatischen Eröffnung des Gesprächs, und Peter machte sich auf zehn unangenehme Minuten gefaßt.
«Wirklich reizend, deine Becky», sagte Opa.
«Ja, das ist sie.»
«Du hast doch deine Wahl wohl nicht bereut, was?»
«Um Himmels willen! Nein, niemals.»
«Warum machst du sie dann unglücklich?»
«Ich mache sie nicht unglücklich, Schwiegervater.»
«Natürlich tust du das. Schau sie doch an. Ganz niedergeschlagen.» Peter blickte zu Becky hinüber. Sie ging mit dem Franzosen in der Sonne auf und ab, offenbar in ein Gespräch vertieft. Ihr Arm ruhte leicht auf seinem Arm, und der Franzose sah heiter und glücklich aus. Jetzt lächelte Becky strahlend über irgend etwas, was der Onkel in spe ihr erzählte. Es war lange her, seit sie ihm das letzte Mal so zugelächelt hatte, dachte Peter grimmig. «Niedergeschlagen?» sagte er bitter. «Sie lacht doch die ganze Zeit.»
«Ach was, Unsinn. Das bißchen Lächeln. Mir kommt sie eher vor wie das Mädchen bei
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