Lieber Frühling komm doch bald
weggewischt. Noch immer wehte der Wind, noch immer liefen die Wellen über den Strand. Aber von der Siebzehnjährigen, die damals getanzt hatte, war nichts geblieben.
Seltsam, der Tag bei den Pentecosts hatte sie an jenen Morgen am Strand erinnert. Wieder hatte sie einen Hauch dessen gespürt, was das Leben wirklich war - oder sein konnte. Doch nun war es Zeit, wieder in den Alltag zurückzukehren.
Es war Zeit zum Gehen. Sie wandte sich Jocelyn Pentecost zu, der an der Tür auf sie gewartet hatte. «Es war schrecklich nett von Ihnen und Ihrer Frau, daß Sie mich hierbehalten haben. Aber jetzt muß ich wirklich sehen, daß ich nach Hause komme.»
«Bleiben Sie doch noch zum Essen», sagte Jocelyn. «Dann bringe ich Sie gleich nach Tisch nach Hause. May, kann Miss Thompson zum Essen bleiben? Hast du genug?»
«Aber ja, natürlich», sagte May und überschlug schnell im Kopf die Anzahl der Steaks und der Sahnebaisers. Wenn bloß die Kopfschmerzen verschwinden wollten, dachte sie. Der Zusammenstoß mit Miss Mackintosh mußte ihr mehr zugesetzt haben, als sie für möglich gehalten hatte.
«Kann Henry auch zum Essen bleiben, Mummi?»
May sah das erwartungsvolle Gesicht ihres Sohnes und daneben Henrys fragende Augen. «Ja, das kann er, mein Junge. Ich denke nur, er sollte vielleicht doch lieber nach Hause gehen, sonst ängstigt sich seine Mutter.» Der Nachsatz klang nicht sehr hoffnungsvoll.
«Nein, Mummi, die ängstigt sich nicht. Sie hat gesagt, er kann hierbleiben, wenn er gefragt wird.»
Henry schluckte und nickte. Wie reizend, dachte May, die schon öfter gefunden hatte, daß Mrs. Bartlett ihre mütterlichen Pflichten auf die leichte Schulter nahm. «Na, das ist ja fein», sagte sie. Jetzt mußte sie nur Jocelyn noch beibringen, daß er viel lieber Salzgebäck und Käse aß als Sahnebaisers.
«Jocelyn», sagte sie leise und eindringlich, «du mußt sagen, du willst kein Sahnebaiser. Sie reichen sonst nicht, verstehst du?»
«Was, wie bitte? Entschuldige, May. Was soll ich?»
«Es geht um die Sahnebaisers. Du mußt sagen, daß du keins willst.»
«Daß ich... Ach so, ich verstehe. Die Baisers. In Ordnung, May, ich esse dann Käse.»
«Richtig. Vergiß bloß nicht, es zu sagen.»
Es war alles etwas verwirrend. Er hatte es doch gerade gesagt! Na, er würde schon mitmachen. Hoffentlich erkannte er sein Stichwort. Aber eine kleine Sorgenfalte blieb auf seiner Stirn stehen. Nachdem er vorhin den Punsch statt May gerettet hatte, wollte er an diesem Morgen nicht noch einmal einen Fehler machen.
«Baiser, Jocelyn?» May stand mit der Kuchenplatte neben ihm.
«Danke schön, May», sagte er und sah zu ihr auf. Ihr Blick war wie aus Stahl. Sein Stichwort! «Nein, vielen Dank. Ich nehme lieber Gebäck und Käse.» Und sozusagen als Zugabe fugte er improvisierend hinzu (was jedoch auf May offensichtlich wenig Eindruck machte): «Mein Gewicht, weißt du.»
«Sie brauchen sich doch keine Sorgen machen um Ihr Gewicht, Mr. Pentecost», sagte Wendy Thompson, und Jocelyn strahlte über das ganze Gesicht.
Halt dich da bloß raus, dumme Gans, dachte May unhöflich. Laut sagte sie: «Und du, Henry?»
Henry schluckte, lief rot an und nickte. Gaylord verkündete: «Sahnebaisers ißt Henry furchtbar gern, Mummi. Beinah so gern wie Toast mit weißen Bohnen, nicht, Henry?»
Henry nickte. Opa hatte den schweigenden Jungen schon eine Weile lang angestarrt. Jetzt hielt er es nicht länger aus und fragte: «Reden kann er wohl nicht, was?»
«Er denkt nach», erklärte Gaylord hilfsbereit.
May sagte: «Ich hätte nach dir dann auch gern den Käse, Jocelyn.»
Er sah sie erstaunt an. «Ißt du denn kein Baiser?»
«Sind doch keine mehr da, du Dummkopf», sagte Opa.
«Oh», sagte Miss Thompson. «Das liegt nur daran, daß ich zum Essen geblieben bin. Mrs. Pentecost, bitte, lassen Sie uns dies hier teilen. Ich habe -»
Wieder griff Gaylord ein. «Mummi, wenn du Henry Toast mit Bohnen machst, gibt er dir sein Baiser, nicht, Henry?»
Henry schluckte ängstlich und nickte.
Tante Bea schaufelte sich einen großen Löffel voll Sahne in den Mund und sagte munter: «Wird deinen Zähnen nur guttun, wenn du das süße Zeug nicht ißt, May.»
Das war zuviel. «Laß meine Zähne aus dem Spiel!» sagte May scharf.
«Na, na, Liebling», murmelte Jocelyn beschwichtigend.
«Du möchtest doch bestimmt viel lieber Toast mit Bohnen, nicht, Henry?» fragte Gaylord.
Wenn es etwas gab, worauf sich Opa noch mehr zugute hielt als auf seine
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