Lieber Frühling komm doch bald
Mackintosh.»
«Klar», sagte Mr. Mackintosh, immer noch freundlich.
«Na, dann-» meinte Gaylord.
«Die Sache hat bloß einen Haken, Kleiner.»
«Was denn für einen, Mr. Mackintosh?»
«Ich müßte sie dann zur Frau nehmen.»
Gaylord sah darin kein Hindernis. Aber er hatte das Gefühl, er hatte für heute genug gesagt.
Wendy Thompson konnte nicht einschlafen. Dafür gab es verschiedene Gründe: die Demütigung, die sie von dem gräßlichen Mr. Mackintosh erlitten hatte, ihr Zorn auf die Kinder und vor allem die Verwirrung, in die sie ihre Gefühle für Jocelyn Pentecost stürzten.
Jocelyn Pentecost. Schon seinen Namen zu flüstern erfüllte sie mit Freude. Er war klug und ernst, freundlich und sehr empfindsam. Sie wäre ohne weiteres bereit gewesen, ihm ihr ganzes Leben zu widmen, und es hätte sie glücklich gemacht, das wußte sie. Aber er war verheiratet, und wenn sie sich nicht unglücklich machen wollte, war es am besten, so schnell wie möglich sein Haus zu verlassen. Nur: das konnte sie nicht - sie mußte bleiben, bis sie hier nicht mehr gebraucht wurde. Sie konnte diesem gütigen, weichherzigen Mann nicht aus dem Wege gehen. Aber sie durfte ihr Gefühl für ihn nicht weiterwachsen lassen, sonst würde die Wunde nie wieder ganz verheilen.
Ein leises Geräusch ließ sie zusammenfahren. Ihre Tür wurde vorsichtig geöffnet. Sie erstarrte - sie wagte sich nicht einzugestehen, welche Hoffnungen und Zweifel und Ängste sie in diesem Augenblick durchzuckten. Leise Schritte tapsten über den Teppich. «Darf ich reinkommen?» fragte Gaylord.
«Natürlich, Gaylord, komm zu mir.» Sie legte den Arm um ihn. «Was gibt’s denn?»
«Es ist - wegen Schultz.» Er schluckte. «Er soll nicht tot sein.»
«Ja, ich weiß, mein kleiner Spatz», sagte sie zärtlich. «Komm, es wird alles wieder gut.»
Wieder kamen kleine Schritte über den Teppich. «Miss Thompson?»
«Julia. Möchtest du auch reinkommen?»
«O ja, bitte, Miss Thompson.»
«Komm, hier herum -auf dieser Seite ist schon Gaylord. Was ist denn, Kindchen?»
«Ich weiß nicht. Alles - meine Mama, das Tanzen. Und nun sind Sie auch noch böse mit uns.»
In jedem Arm ein Kind, lag Wendy Thompson da und tröstete die beiden. Und sie sagte sich immer wieder, daß sie es in der Hand hatte, ob ihr eigener Kummer wuchs oder heilte. Aber diese beiden wehrlosen Kinder hatten unter der Bosheit und der Dummheit der Welt gelitten.
Gaylord und Julia weinten beide noch ein bißchen und schliefen bald ein. Wendy Thompson lag noch lange wach und starrte mit trockenen Augen in die Dunkelheit.
20
Dienstag. Wieder ein grauer Wintertag. Gaylord fuhr mit seinem Vater zum Krankenhaus. Natürlich war für ihn ein Krankenhaus nichts Neues. Er hatte ja selbst schon einmal im Krankenhaus gelegen. Trotzdem näherte er sich etwas bänglich dem Bett, in dem er seine Mutter sitzen und ihm die Arme entgegenstrecken sah.
Er blieb stehen und starrte sie an. May hatte recht gehabt: irgendwie hatten sich in seinen Gedanken ihre Erkrankung und der Tod des Hundes verbunden, und jetzt konnte er nicht glauben, daß Mummi lebendig dasaß und lachte, während Schultz tot und in einer nassen grauen Decke fortgebracht worden war.
«Oh, mein Liebling», sagte sie, und ihre Stimme zitterte.
Sie ahnte, wie es in ihm aussah.
Und da stürzte er ihr endlich in die Arme. «Mummi!» rief er. «Wir kriegen zum zweiten Frühstück immer Brötchen und Kuchen und Kekse!»
«Tatsächlich, mein Schatz?» Sie lachte. Dann wandte sie sich Jocelyn zu.
«Wie geht’s dir, May?» fragte er.
«Gut. Ausgezeichnet. Morgen komme ich raus. Um elf kannst du mich abholen. Falls du sonst nichts anderes vorhast.»
«May!» Er merkte wie seine Stimme schwankte. «Heißt das, daß alles - daß alles in Ordnung ist?»
«Vollkommen in Ordnung. Ich könnte Testpilot werden, sagt der Arzt.»
Sie lächelten einander an. «Da möchte ich doch lieber, daß du wieder nach Hause kommst, zu mir und den Kindern», sagte er, immer noch mit unsicherer Stimme, und begann, umständlich die Einzelheiten ihrer Heimkehr zu erörtern. Es war ein so wunderbares Thema, daß er gar nicht davon loskam. Erst später fiel ihm etwas ein, und er zog ein kleines Päckchen aus der Manteltasche. «Hier - das ist heute morgen mit der Post für dich gekommen.»
«Für mich?» Eine unbekannte sympathische Handschrift. Sie riß die äußere Verpackung auf und fand innen ein hübsch eingewickeltes Päckchen mit einem Zettel und
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