Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieber Frühling komm doch bald

Lieber Frühling komm doch bald

Titel: Lieber Frühling komm doch bald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
Vom Netzwerk:
ich nun die ganze Nacht hier drinbleiben muß mit ihm? dachte sie. Laut sagte sie: «Es muß doch eine Möglichkeit geben, hier rauszukommen.» Aber sie merkte, wie hell und nervös ihre Stimme klang.
    «Mein Gott, natürlich gibt es eine Möglichkeit. Ich kann die Tür einschlagen. Sehr einfach. Ich tu’s bloß nicht gern, wenn der Junge nur Spaß machen wollte. Kommen Sie, wir setzen uns zehn Minuten in Ihren Wagen. Bis dahin hat er sich’s vielleicht anders überlegt.»
    «Ich möchte lieber hier warten.»
    «Oh, keine Angst, ich tue Ihnen nichts», sagte er spöttisch.
    Verzagt und kleinlaut erwiderte sie: «Ich meinte nur, ich kann von hier aus besser nach ihm rufen.» Sie beugte sich hinunter zum Schlüsselloch. «Gaylord - komm, schließ die Tür auf]»
    Nichts rührte sich. Alles blieb still. Sie ging zu ihrem Mini hinüber und setzte sich auf den Fahrersitz. Er setzte sich neben sie. Eine Weile lang starrte er vor sich hin und sagte dann: «Entschuldigen Sie bitte. Meine letzte Bemerkung war sehr unhöflich.»
    «Und gemein.»
    Pause. «Ja, das wohl auch.» Wieder schwiegen sie. Dann sagte er: «Ich habe nie gedacht, daß ich etwas Gemeines tun oder sagen könnte.» Erstaunen klang aus seiner Stimme.
    «Nein. Ich hätte das auch nicht gedacht, so wie ich Sie kenne», sagte sie großmütig.
    Sie blieben sitzen. Es war sehr still in dem Schuppen. Feuchte Kälte stieg von dem sandigen Boden auf.
    Und zu sagen blieb nichts mehr.
     
    Der Gedanke, der Gaylord plötzlich überfallen hatte, war: Wenn Miss Thompson Mr. Mackintosh heiratete, war sie Julias Mutter, und Miss Mackintosh hatte hier nichts mehr zu suchen und mußte nach Schottland zurückfahren.
    Er überlegte. Wenn Miss Thompson jetzt heiratete und nicht auf ihn wartete, wen sollte er dann heiraten? Es war niemand mehr da. Es war ein Opfer, aber für Julia war er zu diesem Opfer bereit. Und natürlich war es auch nicht nur für Julia. Er, Gaylord, wäre so glücklich gewesen, wenn Miss Mackintosh endlich den Zug nach Schottland genommen hätte.
    «Ich habe mir was ausgedacht, Julia», sagte er.
    «Ja?» Sie hatte Pirouetten gedreht und stand noch auf den Zehenspitzen. Jetzt hielt sie inne, legte ihre Hand auf seine Schulter und sah ihn aufmerksam an.
    «Wenn Miss Thompson deinen Papa heiraten würde, dann wäre sie deine Mutter.»
    «Nein, ist ja gar nicht wahr. Meine Stiefmutter wäre sie.»
    Diese Kleinigkeit schob er mit einer Handbewegung beiseite. «Deine Tante könnte dann nach Schottland zurück.»
    Sie sah ihn mit plötzlicher Hoffnung an, die gleich darauf erlosch. «Vielleicht will sie aber meinen Papa gar nicht heiraten. Oder er will sie nicht heiraten.»
    Das sah Gaylord nicht ein. Wo sie doch so nett war. Immerhin, es war ein Einwand. Er dachte darüber nach und fand eine Lösung. «Du, Julia, wenn ein Mann und eine Frau eine Nacht allein zusammen verbringen, müssen sie heiraten.»
    «Dann müssen sie heiraten? Warum?»
    «Weiß ich nicht. Das ist so», sagte Gaylord.
    Julia sah zu Miss Thompson und zu ihrem Vater hinüber. Sie war nicht so ganz überzeugt. «Woher weißt du das?»
    «Hat Paps mir gesagt», erklärte Gaylord, der gewöhnlich die Aussprüche seines Vaters nicht unbedingt wörtlich nahm, aber stets bereit war, sie uneingeschränkt zu akzeptieren, wenn das seinen Zwecken dienlich war.
    Julia überlegte. «Die bleiben bestimmt nicht die Nacht zusammen», meinte sie.
    «Doch. Wenn wir sie einschließen», sagte Gaylord triumphierend.
     
    John Pentecost hatte an diesem Tag drei Hauptmahlzeiten und drei kleine Zwischenmahlzeiten zu sich genommen. Er war fast im siebenten Himmel.
    Fast, aber nicht ganz. Das lag daran, daß Miss Mackintosh das abendliche Dinner, das sie sonst um acht Uhr servierte, durch einen reichhaltigen «High Tea» um sechs Uhr ersetzt hatte. Die Folge war, daß John Pentecost gegen neun ein leeres Gefühl in der Magengegend spürte. Ärgerlich. Ein Mann seines Alters durfte nicht hungrig zu Bett gehen - das schadete der Gesundheit.
    Die Besorgnis war überflüssig: Punkt neun Uhr erschien Elspeth Mackintosh mit der Teekanne und einem Teller mit Kuchen und Keksen. John Pentecost war nahe daran zu schnurren. «Miss Mackintosh! Noch eine Mahlzeit?»
    «Aye. Ein Mann muß ordentlich essen. Und wie ist es - soll ich Ihnen noch was für die Nacht zurechtmachen, falls Sie morgen früh Hunger haben?»
    «Na ja —» begann John. Dann fing er einen Blick seines Sohnes auf und sagte hastig: «Nein. Nein, vielen Dank,

Weitere Kostenlose Bücher