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Lieber Matz, Dein Papa hat ne Meise

Lieber Matz, Dein Papa hat ne Meise

Titel: Lieber Matz, Dein Papa hat ne Meise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Schloesser
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bei Asterix und Obelix . Nur dass Parchim leider nicht so cool ist wie Gallien. Deshalb habe ich die Schauspielschule verlassen und wieder angefangen zu hospitieren. Diesmal allerdings im großen Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Das war der Hammer! Roland hatte ein Vorstellungsgespräch für mich organisiert und auch ein paar gute Worte für mich eingelegt. Ich sollte nach einer Vorstellung in die Kantine kommen, um mich mit der Betriebsbürochefin zu treffen. Marleni von Thea Dorn. Ich habe von der Inszenierung kaum etwas mitbekommen, so nervös war ich.
    Als ich die schwere Stahltür öffnete, die den öffentlichen vom privaten Teil der Kantine trennt, betrat ich eine Welt, die ich nur aus der Zeitung kannte. Aus den Theatermagazinen. Da waren sie auf einmal. Alle meine Helden und Heldinnen, die ich schon so oft auf der Bühne und im Fernsehen hatte spielen sehen. Hier standen sie und lachten, stritten und tranken. Es wurden wirklich unglaubliche Mengen Alkohol getrunken. So ganz nebenbei und selbstverständlich. Das fand ich stark, weil ich auch so große Mengen trinken konnte mittlerweile.
    Meine zukünftige Chefin war klein und sah aus wie ein verrückter Professor, mit einer Stimme so tief und heiser, dass ich gleich Respekt vor ihr hatte. Sie meinte, wenn ich Schauspieler werden wolle, dann sei ich als Hospitant oder Assistent ungeeignet. Demut brauche man für die Stelle. So etwas hat mich schon immer besonders angespornt. Kann ich nicht? O doch. Sie werden schon sehen.
    Ein halbes Jahr später haben sie mir und meiner Demut einen festen Vertrag als Assistent angeboten. Da war ich richtig stolz. Mein Leben war endlich so aufregend, wie ich es mir immer gewünscht hatte. Meine Kollegen waren herzlich, witzig und niemals langweilig. Allerdings kam ich, wenn überhaupt, immer später nach Hause. Ich gab dem Theater alles. Sophie machte sich Sorgen, weil sie mich kaum noch zu Gesicht bekam. Zu Feiern wollte ich sie trotzdem nur selten mitnehmen. Sophie sollte mir ganz allein gehören. Ich wollte sie nicht teilen. Außerdem fühlte ich mich in ihrer Gegenwart viel gehemmter, war lange nicht so ausgelassen und übermütig wie allein. Vor allem hätte sie mich bestimmt angemeckert, denn aus meinem Stolz über meine neue Arbeit wurde ziemlich schnell Arroganz und Hochmut. Das haben vor allem meine Freunde von früher zu spüren bekommen. Die Niendorfer. Die Spacken. Die kamen praktisch nicht mehr vor in meinem neuen Leben.
    In meinem Telefonbuch standen irgendwann nur noch die Namen von Leuten aus dem Theater. Klar. Dann ging es weiter und weiter. Habe ich Dir alles schon geschrieben. Ich glaube, ich fange an, mich zu wiederholen. Wenn mir das beim Erzählen passiert, hält Mami immer die entsprechende Anzahl an Fingern hoch. Für jedes Mal einen Finger. Ich stelle mir gerade vor, wie Du das machst.
    Vielleicht ist das auch das Zeichen für meinen Abflug hier. Wird Zeit und ist auch bald so weit. Ich habe schon bei den Ärzten vorgefühlt. Sie können mich eh nicht gegen meinen Willen hierbehalten. Ich zähle also nicht auf ihre Gnade. Sie raten mir, noch ein wenig zu warten. Aber ich kann nicht mehr. Genug ist genug.
    Ich vermisse Dich.

auf der Station herrscht Aufbruchstimmung, jeden Tag wird jemand anderes mit großer Anteilnahme verabschiedet. Maria hat den Platz in der Einrichtung bekommen, wo sie an einer Langzeittherapie teilnehmen kann. Irgendwo am Meer. Ich freue mich für sie. Wolfgang bleibt auch nur noch eine Woche. Aber er komme nächstes Jahr wieder, sagt er, bestimmt. Das hoffe ich für mich nicht. Auch wenn sie am Ende alle wirklich sehr nett waren – ich möchte hier nicht wieder hin. Nicht, weil es hier so schlimm ist. Stell Dir vor, ich habe für Mami sogar einen Seidenschal bemalt, obwohl ich das Gekleckse doch anfangs so doof fand. So unwürdig. Ich möchte hier nicht wieder hin, weil ich will, dass die Meise gefangen bleibt! Weil ich nicht noch einmal gegen Windmühlen kämpfen will. Jedenfalls nicht gegen so große.
    Wenn etwas besonders anstrengend und quälend für jemanden gewesen ist, dann sagt man auch: »Der oder die hat einen Höllenritt hinter sich.« Ja, das habe ich. Und was für einen. Ich habe mich ganz schön verbrannt, so dicht war ich an meiner Hölle dran. Aber ich bin gerade noch rechtzeitig vor dem endgültigen Verglühen wieder rausgekommen. Die Narben, die mir davon bleiben, sollen mich immer daran erinnern, dass ich es geschafft habe. Und daran, wer ich bin.
    Dank des

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