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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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versteh mich nicht falsch: nicht etwa, um mich vor der Arbeit auf Deinen Gurkenfeldern zu drücken,
     sondern einzig und allein aus dem Grund, dass ich Dir berichten will, wie die Deutschen Urlaub machen, sind wir dieses Jahr
     an die Nordsee gefahren – und kauften uns dort angekommen sofort große Regenschirme.
    Regenschirme sind der Verkaufsschlager an der Nordsee. In der Türkei kauft man im Sommer Sonnencreme, Badehosen, Eis und Mückenspray,
     an der Nordsee kauft man Regenschirme, Gummistiefel, heißen Tee und Ferngläser, um das Wasser wenigstens von Weitem zu sehen.
    Von Bremen aus hat es zwei Stunden gedauert, bis wir mit meinem vollgepackten Ford-Transit die Nordseeküste erreichten. Aber
     wir konnten keinen Kämpingplatz finden. Mal gefielen meiner Frau die Toiletten nicht, mal gefiel mir der Preis nicht. Bis
     zum Einbruch der Dunkelheit haben wir dieses Spielchen munter fortgesetzt: Da, wo Eminanim |146| ihre Zelte aufschlagen wollte, wollte ich nicht bleiben, und dort, wo es mir richtig gut gefiel, suchte sie mit angewidertem
     Gesicht und zugehaltener Nase sofort das Weite. Nach drei weiteren Stunden, mitten in der Nacht, kamen wir an einer grünen
     Wiese vorbei.
    »Osman, ich bin total kaputt! Lass uns bitte hierbleiben«, jammerte Eminanim völlig erschöpft.
    Über einen steinigen Feldweg rumpelten wir zu dem hübschen, mitten in einem kleinen Wald und sehr idyllisch gelegen Plätzchen.
     Es war herrlich, keine Menschenseele war weit und breit und somit auch kein Halsabschneider, der Geld kassieren wollte.
    Da meine Frau am Ende ihrer Kräfte war, übernahm ich den Bau unserer Behausung. Dabei kam mir erheblich zugute, dass meine
     Vorfahren ein echtes Nomadenvolk waren. Viele tausend Jahre lang haben die Türken doch ihre Zelte ständig woanders aufgeschlagen,
     bis sie irgendwann endlich in Anatolien landeten. Die heutige Türkei erklärten sie dann zu ihrem Basislager und zogen von
     dort in kleinen Gruppen mit ihren transportablen Häusern auf dem Pferderücken weiter. Aber ich bin felsenfest davon überzeugt,
     dass die Zelte der alten Osmanen nicht so kompliziert waren. Denn sonst hätten die Türken es nicht mal bis nach Istanbul geschafft
     – geschweige denn bis nach Wien!
    Selbst mein guter alter Franz-Josef konnte nicht mehr mit ansehen, wie ich um Mitternacht völlig kaputt und unglaublich genervt
     mit den ganzen Rohren, Seilen und Plastikplanen rumhantierte. Immer, wenn ich das eine Rohr drinhatte, rutschte das andere
     wieder raus! Die Lichter meines Ford-Transit erhellten meine erfolglosen Aktivitäten mittlerweile noch weniger als die Sterne
     des Großen |147| Bären aus dem Universum. Aber die großen Bären auf der Erde machten mir inzwischen wesentlich mehr Sorgen. Insbesondere die,
     die sich nachts hinter den vielen dicken Bäumen verstecken.
    Völlig entnervt habe ich die ganzen Haken, Ösen, Plastik- und Metallrohre hingeschmissen und ging weg, um die umliegenden
     Bäume zu begießen. Als ich nach fünf Minuten wieder zurückkam, bekam ich einen Riesenschock!
    Unser Zelt stand wie ’ne Eins! Hatte sich dieses verdammte Zelt denn von alleine aufgestellt? Oder war das Dävid Kopperfild,
     der gerade durch Ostfriesland tourte?
    »Osman, du warst nicht da, deshalb habe ich mich schon ein bisschen nützlich gemacht und das Zelt aufgebaut. Kannst du bitte
     die Luftmatratze aufpusten, ich trage inzwischen die Wolldecken ins Zelt«, murmelte meine Frau in dem Moment schläfrig.
    »Das ist mal wieder typisch, Eminanim, die schwierigen Aufgaben landen immer bei mir. Wo soll ich denn um diese Uhrzeit so
     viel Puste hernehmen?«, meckerte ich und machte mich über die Luftmatratze her.
    »Eminanim, diese Luftmatratze ist kaputt«, schimpfte ich kurz darauf.
    »Osman, versuch es bitte noch einmal, aber diesmal ohne mit deinem dicken Hintern darauf zu sitzen. Ich nehme an, dann wird’s
     einfacher gehen«, sagte sie.
    Um zwei Uhr waren wir fertig und lagen endlich in unserem Zelt, aber diese verdammte, unbequeme Luftmatratze war höchstens
     einen Meter breit! Und davon brauchte Eminanim 99 Zentimeter für sich alleine.
    Ich zog den langen Reißverschluss an unserem kleinen Einmannzelt bis nach unten zu, damit uns weder Einbrecher |148| oder Verbrecher noch große oder kleine Bären überfallen könnten. Aber schon fünf Minuten später machte ich hastig nach Luft
     schnappend den Reißverschluss wieder sperrangelweit auf. Die neue Plastikmatratze stank bestialisch. Dieser

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