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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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runterschubsen«, stotterte
     sie kreidebleich im Gesicht.
    Nach dem Schock lief der Ford-Transit plötzlich wie’n Weltmeister! Nur das Lenkrad war noch ein klein wenig gewöhnungsbedürftig:
     Wenn ich nach links drehte, fuhr die Karre nach rechts, und wenn ich nach rechts wollte, |154| musste ich nach links drehen. Das Ganze war etwas irritierend, und ab und zu kam ich auch durcheinander. Dann landete der
     eine Radfahrer links im Straßengraben und der andere Radfahrer rechts im Rapsfeld, von dort aus winkten sie uns nicht ganz
     so freundlich hinterher.
    Aber nach ein paar Kilometern, einigen Kurven und mehreren Radfahrern hatte ich das Spiel, das unser Franz-Josef mit mir spielen
     wollte, voll drauf.
    »Eminanim, siehst du, wie schnell ich Rechtsdrehen und Linksfahren gelernt habe«, freute ich mich.
    »Osman, es kommt dir zugute, dass du schon immer verkehrt getickt hast! Ein vernünftiger Mensch wäre schon längst gegen eine
     Mauer geknallt«, lachte sie.
    Eine halbe Stunde später entdeckten wir ein wunderschönes Landcafé, wo man auch frühstücken konnte.
    Eminanim bestellte sich ein riesengroßes Käse-Frühstück. Ich natürlich auch! Zusätzlich bestellte ich mir noch ein italienisches
     Frühstück, ein französisches Frühstück, ein englisches Frühstück und als Aperitif ein ostfriesisches Bauernfrühstück! Türkisches
     Frühstück hatten sie leider nicht. Zum Nachtisch wollte ich Omas Apfelkuchen aus dem Steinofen haben. Eminanim bestellte sich
     ein Blech Zwetschgenkuchen.
    »Wie viele Personen kommen denn noch?«, fragte die Kellnerin irritiert.
    »Zehn«, sagte ich. Ich wollte nicht, dass die arme Frau völlig durcheinanderkommt. In der Hinsicht haben die Ostfriesen ohnehin
     nicht den besten Ruf.
    Nach zwanzig Minuten packte die Kellnerin alles auf den Tisch und nach neunundzwanzig Minuten war alles wieder weg!
    |155| Wirklich, wir hatten nur neun Minuten gebraucht, um alles aufzuessen. Ich erinnere mich nicht mehr, wann ich in letzter Zeit
     ein Brötchen nach dem anderen mit nur zwei Bissen weggeputzt habe.
     
    Lieber Onkel Ömer, dann taten meine Frau und ich das, was bei windigem Sauwetter alle Touristen tun: wir schauten uns, um
     die Zeit totzuschlagen, stundenlang in den Souvenirläden um und kauften nichts! Außer einem Regenschirm natürlich. Unseren
     zweiten schon, denn der orkanartige Wind hatte unseren ersten sofort in Rente geschickt.
    Plötzlich kam dann die Dunkelheit und mit ihr zusammen unser Hunger.Ich hätte nie gedacht, dass ich nach dem heutigen Frühstück
     in diesem Urlaub jemals wieder Hunger kriegen würde – vor allem nicht schon am gleichen Tag! Eminanim sagte, wenn sie schon
     mal an der Nordsee sei, wolle sie Fisch essen.
    »Du hast recht, Frau, wann haben wir denn schon mal die Gelegenheit, original ostfriesisch zu essen«, sagte ich und schaute
     mir auf der Speisekarte die Spezialitäten der dortigen Gegend an:
    »Makrele Käpt’n Ahab«, »Jan Wilmink’s Kabeljautopf«, »Thedo’s Lachsforelle«, »Heilbutt mit Gemüse«, aber entschieden habe
     ich mich dann doch für einen leckeren »Haifisch-Döner«.
    Als wir um 22 Uhr das Restaurant verließen, war es schon ganz schön dunkel. Unsere Scheinwerfer hatten sich ja, intelligent
     wie sie sind, bereits morgens von uns verabschiedet. Meine Frau zeigte mir vom Beifahrersitz aus mit der Taschenlampe den
     Weg, und ich drehte das Lenkrad nach |156| links, wenn wir nach rechts wollten, und nach rechts, wenn wir nach links fuhren. So was nennt man wohl Abenteuerurlaub.
    Auf der ganzen Fahrt betete ich, dass unser ungebetener Nachbar von gestern sich mit seinem Köter hoffentlich mindestens 50
     Kilometer von uns entfernt zum Schlafen gelegt hatte.
    Total frustriert hörte ich aber schon zwei Kilometer vorher, dass meine Gebete nicht erhört wurden.
    Zu allem Überfluss sah ich völlig schockiert, dass sich der verdammte Penner diesmal nicht neben unser Zelt, sondern gleich
     in unser Zelt zum Schlafen gelegt hatte! Und das mit seinem Flohsack zusammen!
    »So eine Unverschämtheit«, brüllte ich und zog den frechen Kerl an seinem Schwanz und seinen Köter an seinem Schlafsack aus
     unserem Zelt heraus – oder war es umgekehrt?
    »Osman, sei doch nicht so sauer. Die haben bestimmt nur vor dem Regen Zuflucht gesucht. Hättest du doch auch gemacht«, versuchte
     meine Frau mich zu beruhigen.
    Die beiden ließen sich durch mich aber überhaupt nicht stören und brummten, grunzten und schnarchten weiterhin

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