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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nein, nicht mit dem Händy den ADAC anrufen, so
     was machen doch nur Frauen.Der Mann von Welt öffnet in so einem Fall mit einem sehr fachmännischen Gesichtsausdruck energisch
     die Motorhaube. Betrachtet |151| den ganzen vergammelten Schrott, der sich darunter befindet, legt sich dann einen sehr kritischen Blick zu und zieht dabei
     den rechten Mundwinkel nach unten und die linke Augenbraue nach oben. Dann tut er so, als würde er sich von keinem noch so
     hinterhältigen Motor was vormachen lassen.
    »Osman, glotz den Motor doch nicht so doof an! Nur vom Anschauen springt er bestimmt nicht an«, unterbrach mich in dem Moment
     Eminanim.
    Der Mann von Welt ignoriert selbstverständlich die unqualifizierten Zwischenrufe, tut ganz kuul und ruft mit einer sehr selbstbewussten
     und männlichen Stimme:
    »Nichts zu machen! Die Batterie ist im Eimer. Sag mal, Kollege, kannst du mal kurz mit anpacken, um diesen Wagen den Deich
     raufzuschieben, beim Runterrollen wird er dann garantiert anspringen.«
    »Also ehrlich gesagt, hinter so einer alten Rußschleuder zu stehen, dazu habe ich überhaupt keine Lust«, knurrte der unhöfliche
     Schnarcher ziemlich unkollegial.
    »Entschuldigung, der Herr, könnten Sie uns vielleicht helfen, unseren Wagen diesen Hügel rauf…«, zwitscherte Eminanim, und
     bevor sie ihren Satz vollendet hatte, schleimte der Mistkerl sich bei meiner Frau ein:
    »Aber gerne, gnädige Frau, es ist doch selbstverständlich, dass man sich in so einer Situation gegenseitig hilft. Da brauchen
     Sie mich nicht mal zu bitten«, rief er höflich bis zum Gehtnichtmehr.
    Da dachte ich natürlich, was hat meine Frau, was ich nicht habe?
    »So, ihr seid euch also einig, dann könnt ihr jetzt anfangen zu schieben – ich lenke«, rief ich vom Fahrersitz aus.
    |152| »Osman, komm sofort raus, du schiebst mit ihm zusammen – ich lenke«, zischte Eminanim und warf mich aus dem Wagen.
    »Aber du kannst doch gar nicht fahren«, protestierte ich.
    »Ich will nichts hören, ihr beide schiebt, ist das klar?«, kam als Antwort.
    Wie befohlen haben wir mit vereinten Kräften und viel Mühe den Transit bis oben auf den Deich geschoben. Wobei die Kräfte
     sehr unterschiedlich verteilt waren. Er beschränkte sich nur aufs Kommandieren und Fluchen – ich musste schwitzen und rackern!
     Erst als wir auf dem Deich ankamen, gab er dem Transit einen kräftigen Klaps auf den Hintern und rief erleichtert:
    »So, das wäre geschafft, Kollege!«
    Durch diesen unerwarteten Schlag stürzte mein armer Wagen den Abhang hinunter.
    Eminanim wusste überhaupt nicht, was sie machen sollte, bekam einen Schock und fing an zu kreischen. Ich spurtete blitzschnell
     hinterher!
    »Eminanim, auf die Bremse treten … die Bremse treteeeen«, brüllte ich außer Atem.
    »Tu ich doch die ganze Zeit, passiert aber nichts, welcher Hebel ist es deeeennn?«, schrie sie voller Angst zurück.
    »Zieh die Handbremse hoch … die Handbremse hochziiieheeenn!«, versuchte ich ihr von Weitem zu helfen.
    »Wie sieht die denn aaaauuus?«, war die verzweifelte Antwort.
    Mein armer Ford-Transit polterte immer schneller den Abhang runter, meine noch ärmere Frau war darin eingesperrt.
    |153| »Eminanim, pass doch auf, fahr nach rechts, fahr nach rechts, du knallst gleich gegen den Baum … Dreh das Lenkrad um … das
     Lenkrad umdreeeheeenn …«, brüllte ich aus vollem Hals und in vollem Lauf.
    Mit einem Riesenknall umarmten sich in dem Moment mein Franz-Josef und der dicke Baum wie ein Liebespaar, das lange voneinander
     getrennt war.
    Zum Glück war Eminanim nichts passiert. Was man von unserem armen Franz-Josef leider nicht behaupten konnte.
    Beide Scheinwerfer würden, so traurig es auch ist, in Zukunft nie mehr scheinen können, die Stoßstange wollte ab dem Moment
     nicht mehr stoßen, hatte sich für immer verabschiedet und ruhte sich unter einem anderen Baum aus. Der Kotflügel war total
     verbeult, hatte tatsächlich Flügel bekommen und flatterte die ganze Zeit ungeduldig hin und her, offenbar versuchte er, sich
     auch ganz schnell aus dem Staub zu machen.
    »Eminanim, du hast es doch klasse gemacht«, tröstete ich meine Frau, »wenn ich die Wahl zwischen einem Baum und der Nordsee
     gehabt hätte, hätte ich mich genauso entschieden und wäre lieber in den Baum gekracht. Obwohl du theoretisch natürlich auch
     auf dem Weg hättest bleiben können.«
    »Osman, du Idiot, du solltest den Wagen ja auch nur bis auf den Deich schieben und nicht gleich

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