Liebes Glück - Ein Ashley Stockingdale Roman (German Edition)
diesem Unterrock. Das muss ich noch nicht mal laut aussprechen. Kay nickt zum Zeichen ihrer Zustimmung.
„Vielleicht gehen wir in eins von diesen altmodischen Foto-Studios.“ Ich zucke mit den Schultern.
„Wäre das nicht ein Spaß?“, sagt Kay und fängt an, die unzähligen Knöpfe zu schließen.
„Was ist, wenn ich mal ins Bad muss?“
„Du solltest besser darauf hoffen, dass deine Blase durchhält.“
„Wie ungemein beruhigend.“
Nachdem wir das Kleid zugeknöpft haben, fragt Kay: „Wo ist der Schleier?“
„Kein Schleier. Sehe ich denn nicht albern genug aus?“
„Du musst den Schleier tragen. Kevin trägt doch auch seinen Zylinder. In der Ehe geht es ums Teilen. Willst du ihm diese Demütigung allein überlassen?“
„Ähm, ja.“
Sie holt den Schleier aus der Hülle und versucht herauszufinden, wie man die vergilbte Schnur befestigt.
Ich zupfe an meinem Kleid herum und gebe mir Mühe, kultiviert zu erscheinen, während ich den Flur entlangschreite, angezogen wie eine Ballkönigin aus dem Jahre 1860. Als ich die Tür erreiche, kann ich Kevin nicht anschauen. In dieser albernen Aufmachung fühle ich mich entblößt. Kevin sinkt auf die Knie und in meinem Bauch fängt es an zu kribbeln. Ich dachte, ich hätte Seth geliebt, dabei liebte ich nur meine Vorstellung von ihm. Was Kevin angeht, weiß ich, dass es echt ist. Keine unreifen Ausbrüche mehr, kein Davonlaufen vor Konflikten. Ich bin gewillt, es bis zum Ende durchzuziehen.
„Ashley Wilkes Stockingdale, du bist eine wahre Südstaatenschönheit.“ Er küsst mir die Hand und richtet sich wieder auf. Dann hakt er sich bei mir ein.
„Was haben sie in Philly mit dir gemacht? Du bist nicht auf Drogen, oder?“
Er küsst mich auf die Wange. „Philadelphia, gefolgt von deiner Brautparty, hat mir eine neue Sicht auf meine Prioritäten ermöglicht. Und du und ich werden meine Einsicht jetzt in die Tat umsetzen. Jetzt gleich.“
Wir gehen den Weg nebeneinander her und ziehen dabei die Aufmerksamkeit aller Nachbarn auf uns. Das ist nicht gerade die Art Aufmerksamkeit, die ich mir im Leben erhofft hatte. Andererseits … nachdem ich genauso angestarrt worden bin, als ich auf den Rücksitz eines Polizeiautos gesetzt wurde, macht es mir eigentlich gar nichts mehr aus.
Kevin hilft mir ins Auto und geht dann zur Fahrerseite. Er sieht mich lange Zeit an, sodass die Schmetterlinge fliegen. Mein Bauch erinnert sich an all die Gründe, warum ich diesen Mann heirate. Liebe allein mag zwar nicht genug sein, aber wenn man eine große Portion Chemie hinzufügt, ist das schon mal ein guter Anfang, kann ich Ihnen sagen. Wir fahren eine Weile, bis wir bei seinem Haus angekommen sind.
„Was machen wir hier?“ Als ich Emilys Mietwagen davor stehen sehe, muss ich zugeben, dass meine Hoffnungen schwinden.
„Wir erfüllen unsere gesellschaftlichen Verpflichtungen, Ashley Wilkes Stockingdale.“
„In diesem Aufzug? Und würdest du bitte aufhören, mich so zu nennen?“
„Das ist der beste Weg. Meine Familie ist vernarrt in Geheimnisse und leise Gespräche. Und jetzt kommt eins auf sie zu, das wir laut führen werden. Kannst du dir eine bessere Möglichkeit vorstellen, uns anzukündigen?“
„Um ehrlich zu sein, ja. Für mich sieht es nach einem DKNY-Moment aus. Für dich vielleicht Hugo Boss. Womöglich ist es aber auch ein Haute-Couture-Moment, Chloé vielleicht. Aber definitiv ist es kein passender Augenblick, um den Bürgerkrieg wieder aufleben zu lassen.“
„Dann ist es doch nur gut, dass ich dich nicht nach deiner Meinung frage, nicht wahr?“
Ich schäle mich aus den Hochzeitsschuhen und beschließe, dass ich vor dem großen Tag definitiv ein Paar Birkenstocks brauche.
„Du willst da barfuß reingehen?“
„Sieh mich an, Kevin. Das ist mein kleinstes Problem.“
Wir gehen den Weg zum Haus hoch, der mir auf einmal unglaublich kurz erscheint. Kevin klingelt an seiner eigenen Tür, öffnet diese und will mir den Vortritt lassen. „Auf gar keinen Fall!“ Ich schlurfe hinter ihm her. „Ich werde keinen menschlichen Schutzschild spielen. In diesem Fall geht der Herr vor.“
Er geht durch den Vordereingang. „Mom! Emily!“
Ich stehe hinter ihm. Mein Herz schlägt mir fast aus der Brust. Um es einfach zu sagen: Diese Frauen flößen mir Angst ein. Mrs. Novak kommt als Erste heraus. Zum allerersten Mal sehe ich sie keine Kleidung von St. John tragen. Sie trägt einen seidenen Jogginganzug, der mich denken lässt: Vorsicht, Elektrostatik!
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