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Liebes Leben: 14 Erzählungen (German Edition)

Liebes Leben: 14 Erzählungen (German Edition)

Titel: Liebes Leben: 14 Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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alles von Hand abgewaschen, weil ich Angst hatte, ich komme mit dem Geschirrspüler nicht zurecht«, sagte sie. »Dann hab ich die Gläser da oben gesehen und dachte, wenn ich schon mal dabei bin, kann ich die auch noch machen.«
    »Die sind seit hundert Jahren nicht mehr abgewaschen worden«, sagte ich.
    »Hätt ich nicht gedacht.«
    Franklin sagte, dass er sich draußen noch mal mit dem Auto beschäftigt hatte, leider ohne Erfolg. Aber er hatte die Werkstatt erreicht, und man hatte ihm gesagt, dass am Nachmittag jemand vorbeikommen und sich den Wagen ansehen werde. Doch er wollte lieber nicht herumwarten, sondern das Auto dorthin abschleppen, damit am Vormittag noch etwas damit passierte.
    »Gibt Gwen die Gelegenheit, den Rest der Küche in Angriff zu nehmen«, sagte ich, aber keiner von beiden hatte für meinen Witz etwas übrig. Er sagte, nein, Gwen sollte ihn lieber begleiten, die Leute in der Werkstatt wollten bestimmt mit ihr reden, da es ihr Auto war.
    Mir fiel auf, dass er ein kleines Problem mit dem Namen Gwen hatte und Dolly unterdrücken musste.
    Ich sagte, ich hätte es nicht ernst gemeint.
    Er fragte, ob er mir etwas zum Frühstück machen sollte, und ich lehnte ab.
    »So hält sie also ihre Figur«, sagte Gwen. Und irgendwie verwandelte sich sogar dieses Kompliment in etwas, über das sie zusammen lachen konnten.
    Beiden war nicht anzumerken, ob sie wussten, wie ich mich fühlte, dabei hatte ich den Eindruck, dass ich mich seltsam benahm, denn jede Bemerkung, die ich machte, kam als beißender Spott heraus. Sie sind so voll von sich selber, dachte ich. Ich hatte keine Ahnung, woher mir dieser Ausdruck kam. Als Franklin hinausging, um das Abschleppen vorzubereiten, folgte sie ihm, als wollte sie ihn keinen Moment aus den Augen lassen.
    Im Hinausgehen rief sie mir über die Schulter zu, sie könne mir gar nicht genug danken.
    Franklin hupte zum Abschied, was er sonst nie tat.
    Ich wollte ihnen hinterherlaufen, sie grün und blau schlagen. Ich ging auf und ab, während diese schmerzhafte Erregung von mir zunehmend Besitz ergriff. Es gab überhaupt keinen Zweifel daran, was ich zu tun hatte.
    Nach verhältnismäßig kurzer Zeit ging ich hinaus und stieg in mein Auto, nachdem ich meine Schlüssel für das Haus in den Briefschlitz der Haustür geworfen hatte. Ich stellte einen Koffer neben mich, obwohl ich bereits kaum noch wusste, was ich hineingetan hatte. Ich hinterließ eine kurze Notiz, ich müsse einiges über Martha Ostenso recherchieren, und dann fing ich an, einen längeren Brief an Franklin zu schreiben, wollte aber nicht, dass Gwen ihn sah, wenn sie mit ihm zurückkam, was sie bestimmt tun würde. Darin hieß es, dass er frei sein musste, zu tun, was er wollte, und dass das einzig Unerträgliche für mich der Betrug war, oder vielleicht war es auch Selbstbetrug. Ihm blieb nichts übrig, als dem, was er wollte, stattzugeben. Es war lächerlich und grausam, mich dabei zuschauen zu lassen, und deshalb zog ich mich einfach zurück.
    Dann schrieb ich weiter, dass letzten Endes keine Lügen so stark sind wie die Lügen, die wir uns selbst erzählen und dann unseligerweise weiterhin erzählen müssen, so dass die ganze Kotze in unserem Magen bleibt und uns bei lebendigem Leib auffrisst, wie er bald genug feststellen würde. Und so weiter, eine Strafpredigt, die sich selbst auf so knappem Raum wiederholte und weitschweifig wurde, dazu immer würdeloser und plumper. Ich begriff, dass der Brief umgeschrieben werden musste, bevor Franklin ihn bekam, also musste ich ihn mitnehmen und mit der Post schicken.
    Am Ende unserer Auffahrt fuhr ich in die andere Richtung, fort vom Dorf und der Werkstatt, und im Nu, wie es schien, befand ich mich auf einer größeren Fernstraße. Wo wollte ich hin? Wenn ich nicht bald eine Entscheidung traf, würde ich in Toronto landen, wo ich keineswegs ein Versteck finden würde, sondern andauernd Orten und Menschen begegnen würde, die eng mit meinem früheren Glück verbunden waren, und mit Franklin.
    Damit das nicht passierte, wendete ich und fuhr nach Cobourg. Eine Stadt, die wir nie zusammen besucht hatten.
    Es war noch nicht einmal Mittag. Ich besorgte mir ein Zimmer in einem Motel in der Innenstadt. Ich ging an den Zimmermädchen vorbei, die die Zimmer saubermachten, in denen jemand übernachtet hatte. Mein Zimmer, das leer gestanden hatte, war sehr kalt. Ich drehte die Heizung an und beschloss, einen Spaziergang zu machen. Als ich dann die Tür aufmachte, brachte ich es

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