LIEBES LEBEN
Scarlett nennen sollen. Dave weiß einen guten Kauf zu schätzen. Schau nur, was er alles am Ende des Jahres von der Fundsachenstelle bei seinem Busunternehmen mitbringt.«
»Vielleicht hättest du ihn Ashley nennen sollen, Mama.«
»Dieser Name hat mir an einem Mann noch nie gefallen.«
»Welche Farbe hat das Kleid, Mama?«
»Natürlich lila. Es ist Daves Lieblingsfarbe.«
Als ob ich das nicht wüsste. Ich schließe die Augen. Ich werde aussehen wie eine glitschige Aubergine aus Satin am Valentinstag.
Dass es aus Satin ist, steht völlig außer Frage. Ich habe mein eigenes Schicksal wirklich nicht in der Hand. Kay schaut mich an, während sie vorsichtig ihre Plastik- und Keramikherzen auspackt. Ich weiß, was sie jetzt denkt. Ich bin eine undankbare Tochter, die unverschämt ist zu ihrer Mutter und der Inbegriff von Egoismus ist.
Ich werde auflegen und den ganzen Hackbraten essen, weil dick und lila gut zueinanderpasst. Barney der lila Dinosaurier ist ja auch erfolgreich. Vielleicht werde ich das auch sein.
21
»Hat Ashley schon jemals so wunderschön ausgesehen?«
»Sie sieht umwerfend aus«, antwortet Tante Babe. »Wer hätte je gedacht, dass ihr Lila so gut steht?«
»Sie könnte alles tragen, so ein hübsches Mädchen, wie sie es ist.«
»Wie wahr, wie wahr.«
»Seht nur ihren Begleiter. Erkennt ihr ihn?«, fragt Tante Trudy.
»Es ist Ryan Seacrest, der Moderator von Amerika sucht den Superstar .«
»Ich habe ihn letzte Woche im Fernsehen gesehen. Wie gut er aussieht. Ist es nicht nett, wie ähnlich ihre Frisuren sind?«
»Ein Glätteisen und Haarspray, sagt er immer in seiner Show.« Die beiden älteren Damen kichern und sehen zu, wie Ashley elegant den Kopf zurückwirft und Ryan sie auf den Hals küsst.
»Oh!«, seufzen die beiden. »Wenn wir doch noch einmal so jung wären.«
»Wenn wir doch jemals so wie Ashley gewesen wären. Intelligent, hübsch, und selbst in diesem widerlichen Kleid, das ihre Mutter ihr gekauft hat, sieht sie noch gut aus. Sie muss bestimmt adelig sein.«
»In unserer Familie ist sie adelig. Sie ist ein genetisches Wunderwerk.«
»Es ist so jammerschade, dass es mit ihr und diesem netten Ingenieur nicht geklappt hat.«
»Sie hat ohnehin viel zu viel Charakter für ihn. Er würde neben ihr sehr dumm dastehen. Dieser Ryan Seacrest dagegen ... was für ein Kerl. Er kann sich glücklich schätzen, sie zu bekommen.«
»Ganz bestimmt, Schwester, ganz bestimmt.«
»Ashley!«
Ich schüttle den Kopf, um aus meinen Träumen zu erwachen, und schaue in Kay Hardings finsteres Gesicht. Kays Herzchensammlung liegt komplett ausgebreitet in einer ordentlichen Reihe neben ihrem Fernseher. »Du kannst deine Sachen ins Gästezimmer bringen. Dein Abendessen steht aufgewärmt auf dem Tisch.« Ich wage nicht, mich zu bewegen. Soll ich das Abendessen kalt werden lassen? Oder soll ich meinen Koffer, der bedenklich groß wirkt in diesem aufgeräumten Ikea-Wohnzimmer, stehen lassen? Ich warte einige Sekunden und hoffe, dass jemand mir sagt, was ich tun soll. Nichts.
»Ich werde zuerst essen und dann meinen Koffer wegräumen«, verkünde ich. »Dann kann ich alles in die Küche bringen und aufräumen.«
Es ist elf Uhr abends und das Ende eines fürchterlich langen Tages. Ich schaufle das Essen hinein wie ein Holzfäller nach einem harten Arbeitstag und lasse mich dann in Kays perfekt hergerichtetem Gästezimmer auf die Federmatratze fallen und decke mich zu. Die Kissen sind frisch und weich und die Tapete mädchenhaft mit Blumen. Es ist wie ein Bild aus einer Wohnzeitschrift, nur ohne das wohnliche Gefühl. Kay denkt, sie sei die perfekte Gastgeberin, aber in Wirklichkeit fühlt man sich hier genau wie beim Berühren dieses billigen Keramikengels: Alles ist übermäßig wichtig und ungemütlich. Dennoch bin ich dankbar, dass ich einen Platz zum Schlafen habe, und schlafe ohne lang nachzudenken ein. Ich denke nicht einmal mehr an einen Tanz oder einen Kuss von Ryan Seacrest.
Nachdem ich um drei Uhr morgens in Panik aufgewacht bin und per Handy den Firmenwagen bestellt habe, bin ich um sechs Uhr im Büro. Purvi ist schon da und sieht aus, als sei sie die ganze Nacht da gewesen. Ihr Schreibtisch verschwindet unter einem Stapel aus Akten und Mitternachts-Pizza-Kartons. Ihre tiefbraunen Augen sind eingesunken, und sie sieht auf zu mir wie ein Filmstar, der gleich die Klippen hinunterstürzt, aber zu erschöpft ist, um weiterzukämpfen.
»Was gibt’s?« Ich versuche, nicht zu munter zu
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