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LIEBES LEBEN

LIEBES LEBEN

Titel: LIEBES LEBEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Billerbeck
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kommt heraus und winkt mir, ich solle wegfahren, aber ich sitze einfach nur im Auto auf dem Parkplatz.
    »Ich muss weg aus Silicon Valley.« Es ist wie bei Die Frauen von Stepford - und eines Tages werde ich nicht einmal mehr merken, dass ich anders bin. Meine Arme bleiben einfach steif angelegt, und ich sehe mich vor solch qualvolle Entscheidungen gestellt, wie einen 3D-Film im Technikmuseum zu sehen oder mir meinen Weg durch den Laserdome zu schießen.
    Ich schlage meinen Kopf gegen das Lenkrad. Und dann schaue ich zum Himmel auf. »Was willst du von mir, Gott? Was?«

22
    Es ist 7.03 Uhr, und ich halte unterwegs an, um einen Kaffee zu trinken. Nicht den üblichen Milchkaffee mit fettarmer Milch, bei dem ich mir immer vorstelle, ich hätte Größe 36 und müsse deshalb fettarme Milch trinken. Nein, einen richtigen doppelten Eis-Mokka mit Schlagsahne, bei dem ich mich im Einklang mit meiner Figur und meinem Hiwi-Job fühle ... Bei dem ich mir eingestehen kann, dass der durchschnittliche Neunjährige im Silicon Valley einen höheren IQ hat als ich und dass ich wesentlich attraktiver wäre für Ingenieure, wenn ich einen Po wie einen Gamecontroller hätte. So einen Kaffee will ich.
    Bei der Stanford Kaffeerösterei ist noch nichts los. Was wiederum beweist, dass ich absolut zu früh auf bin. Man könnte meinen, dass in dieser Stadt nur gefeiert wird, weil alle erst um halb zehn anfangen zu arbeiten. Tatsache ist aber, dass durch die engen Verbindungen mit Taiwan und China die meisten bis spät in die Nacht arbeiten müssen und die Büroviertel morgens wie eine Geisterstadt wirken.
    »Einen großen, fettarmen Milchkaffee?«, fragt mich Nick, mein gewohnter Barkeeper, als ich auf die Theke zugeschlendert komme. »Nein.« Ich schlage mit der Hand auf die Theke. »Gib mir einen doppelten Eis-Mokka mit Sahne«, sage ich, als bestellte ich in einem Westernsaloon einen Whiskey.
    Nick zieht die Augenbrauen hoch, füllt aber Eis in einen Becher und eilt dann zum nächsten Kunden. Er hat Angst, dass ich ihm jetzt mein Herz ausschütte und ihm erzähle, warum ich Zucker brauche - und zwar viel. Ich warte im Eck mit verschränkten Armen, bis meine Bestellung ausgerufen wird. Als ich mich umschaue, sehe ich Kevin über ein Buch gebeugt mit einer normalen Espressotasse vor sich. Die Tasse ist leer. Zumindest denke ich, es ist Kevin.
    »Kevin?«
    Er schaut mit geröteten Augen und zerzaustem Haar auf. Er sieht trotzdem noch umwerfend aus. Das ist unfair. Natürlich muss ich sofort daran denken, dass mein Make-up noch frisch ist, und freue mich übermäßig darüber.
    »Ashley, was machst du denn hier? Ich dachte, du bist auf dem Weg nach Taiwan.«
    »Die Reise ist gestrichen. Ich habe Tausende von Entwürfen auf dem Schreibtisch, die ich durcharbeiten muss. Es ist wahrscheinlich besser so«, antworte ich achselzuckend.
    »Entwürfe?«
    »Ich muss überprüfen, ob unsere Patentideen nicht mit bestehenden Patenten kollidieren. Es gibt da eine bundesweite Datenbank, die ich durchforsten muss. Das dauert ewig. Ziemlich langweilige Arbeit.« Ich klinge von Minute zu Minute begeisterter.
    Nick ruft meinen doppelten Eis-Mokka mit Schlagsahne aus, und ich stehe da und schaue nur auf den Becher. Soll ich danach greifen und Kevin gegenüber eingestehen, dass ich meine Hüften nicht umsonst habe? Oder soll ich ihn einfach stehen lassen? Schließlich ist er Arzt und nach seiner leeren Espressotasse zu urteilen eindeutig auch ein Purist. Ich frage mich, ob er in seiner Ausbildung auch Fettabsaugen lernt. Das könnte eine gute Eigenschaft für einen zukünftigen Ehemann sein.
    »Ashley.« Nick starrt mich an. »Dein Mokka.«
    »Ja.« Ich lächle und nicke, verdrehe aber die Augen, bevor ich ihn nehme. »Oh, du hast Schlagsahne drauf gemacht«, sage ich mit Unschuldsmiene. Nick schüttelt nur den Kopf.
    Kevin starrt auf das schaumig-fetthaltige Gebräu, sagt aber nichts. Er muss Schwestern haben. »Ich bin froh, dass du hier bleibst. Morgen Abend habe ich frei. Bist du bereit, um richtig essen zu gehen, wie ich es dir versprochen habe?«
    Ich spüre, wie ich rot werde. Das ist der Mann, den ich in San Francisco, der romantischsten Stadt der Welt, geküsst habe. Warum fühle ich mich dann, als wäre er mein Englischlehrer in der Highschool? Warum macht er das? Er gehört zu den Männern, die so absolut außer Reichweite sind, dass man für den Rest seines Lebens den Bauch einziehen möchte. Könnte ich mit diesem Druck leben? Ganz zu schweigen von

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