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LIEBES LEBEN

LIEBES LEBEN

Titel: LIEBES LEBEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Billerbeck
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»Sie will mich übrigens auch nicht. Du hattest recht. Sie ist vierundzwanzig und will die Welt sehen, nicht mit einem altmodischen Ingenieur rumhängen.«
    »Das habe ich nie gesagt.« Ich streiche ihm mit der Hand über die Wange. »So etwas würde ich niemals sagen.«
    »Ich habe ja gesagt, du würdest keiner Fliege etwas zuleide tun, Ash. Du hast den Arzt verdient.« Er hilft mir ins Auto und macht die Tür zu.
    Schweigend fahren wir zu Kay.

20
    Seth sitzt direkt neben mir im Auto. Wir sind allein. Ich könnte ihm alles Mögliche sagen. Ich könnte ihm sagen, was ich empfinde. Ich könnte ihm erzählen, dass der Herr Doktor und ich uns von unseren Gefühlen haben hinreißen lassen, weil wir beide gerade von Menschen sitzen gelassen worden waren, die uns viel bedeuteten. Würde Seth das etwas bedeuten? Oder würde er mich mit seinen großen blauen Augen ahnungslos zwinkernd fragen, wer mich sitzen gelassen hat? Vor lauter Fragen bleibe ich stumm, und wir fahren langsam zu Kays Straße, wie zwei Fremde im Aufzug, die nicht wagen, sich anzusehen.
    Kay wohnt in einem Vier-Zimmer-Bungalow, wie der, in dem ich aufgewachsen bin, nur in einer besseren Wohngegend. Er ist durch einen sauber gepflegten Rasen mit blühenden Blumenrabatten im Januar geschmückt. Seth hilft mir nicht aus dem Auto, und das ist in Ordnung, weil ich inzwischen nichts anderes erwartet habe, aber trotzdem ein wenig enttäuschend. Ich dachte, es hätte »gefunkt« zwischen uns. Andererseits bin ich einunddreißig und Single und habe keine Ahnung.
    Kay erwartet mich ganz offensichtlich. Die Außenlampe auf der Veranda ist an und auch die Beleuchtung entlang dem Weg zur Tür. Ich komme mir ein bisschen vor wie ein Flugzeug, das die Landebahn entlanggeführt wird, und Seth ist das Bodenpersonal. Und etwas übertrieben ausgedrückt, auch wie die Verliererin bei Amerika sucht den Superstar, die allein dasteht, während meine Gegnerinnen glücklich auf ihre ausgewählten Plätze gehen.
    Seth lebt sein Leben und gibt mir sogar noch seinen Segen zu dieser anderen Beziehung. Mit anderen Worten, er führt mich praktisch den Kirchengang entlang und übergibt mich Kevin. UUUH, PERFEKT!! Ich kann schon sehen, wie er meinen Schleier hochhebt und mich zurückhaltend auf die Wange küsst. Warum hängen wir Frauen immer so an Altvertrautem? Wir klammern uns an das, was wir kennen, selbst wenn es zum Himmel stinkt.
    Kay öffnet schon die Tür, bevor ich bei der Veranda angekommen bin. Seth lässt meinen Koffer wie eine heiße Kartoffel auf die Veranda fallen und winkt mir zum Abschied zu wie einem davonfliegenden Flugzeug. »Bis dann, Ash. Ich kümmere mich um deine Sachen, mach dir keine Sorgen. Larry ist in Ordnung. Dein Autoschlüssel ist hier, oder?«
    Einem Kerl namens Larry zu vertrauen macht mich ein bisschen nervös, aber hier geht es um Seth, und so schreibe ich meine Anspannung meiner eigenen Ängstlichkeit zu.
    »Tschüss, Seth. Danke, dass du sie hergebracht hast«, sagt Kay. Danke, dass du sie hergebracht hast? Bin ich ein Kind, das am Wochenende zu seinem geschiedenen Vater gebracht wird?
    Mein innerer Zwiespalt geht drinnen weiter. Einerseits riecht es viel besser als bei meiner Mutter sonntagabends, und ich bin am verhungern. Andererseits wäre eine Kühlschrankrazzia wahrscheinlich nicht angebracht. Kays Haushalt ist perfekt. Nicht nur dem äußeren Anschein nach, sondern im ganz wörtlichen Sinn. Ohne nachzusehen weiß ich, dass in den Schränken alles fein säuberlich alphabetisch geordnet ist.
    Ich bezweifle auch ernsthaft, dass Kay eine Kramschublade hat. Fragen Sie sich nicht auch, was wohl in einem Menschen vorgeht, der nicht wenigstens eine richtige Kramschublade hat? Es macht mir ein bisschen Angst, in ihrem Haus zu schlafen, als könnte sie ausgerechnet heute Nacht durchdrehen oder so.
    »Ich habe noch Hackbraten und Kartoffelbrei übrig. Möchtest du etwas?«, fragt Kay.
    »Wow, Hackbraten und Kartoffelbrei? Wen hast du denn zum Essen eingeladen?«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Niemand. Ich koche für mich, weil es mir Spaß macht und ich gute Hausmannskost mag.«
    »Bist du vom gleichen Planeten wie ich?«, frage ich lachend.
    Sie versteht den Witz nicht. »Ernsthaft, Ash. Frauen sollten mit dem Kochen nicht warten, bis sie verheiratet sind. Ich finde, das ist einfach jämmerlich - als ob das Leben erst mit einem Mann richtig anfängt. Es ist so friedlich, für mich selbst zu kochen, die Zutaten dran zu tun und meine Hände schmutzig

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