Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
Vom Netzwerk:
aus der Hand. Ich drückte auf die Annahmetaste, meine Ex-Freundin meldete
     sich sofort mit ihrer Jungfrauenstimme, was hielt ich eigentlich von Frauen, die zur unmöglichsten Stunde telefonieren? –
     ich verschob den Gedanken auf später.
    Ich habe diese bescheuerte Künstlerin aus deinem Haus kommen sehen, sagte sie, was für ein Zufall, wir sind zusammengestoßen.
    Habt ihr euch entschuldigt? sagte ich.
    Was? Nein.
    Das ist sehr weiblich.
    Gefällt sie dir? sagte sie.
    |134| Ich frage dich jetzt nicht, was dich das angeht. Sie hat mir immer gefallen.
    Auch in der Zeit unserer Beziehung?
    Sonst hätte ich keine Bilder von ihr gekauft. Sie ist eine sehr gute Künstlerin.
    Das meine ich nicht, sagte sie.
    Du willst also wissen, ob ich dich mit ihr betrogen habe.
    Ja.
    Ich war dir immer treu, sagte ich.
    Stimmt das wirklich? sagte sie.
    Was hätte ich davon, dich anzulügen, jetzt, wo es vorbei ist?
    Du könntest einen guten Eindruck bei mir hinterlassen wollen, stellte sie fest.
    Ich mußte über ihren sachlichen Ton lachen, ich hatte ihr in der Zeit unserer Liebe immer wieder beteuert, daß ich sie nicht
     aus-, aber anlachen würde, und sie hatte es hingenommen, sie hielt mich aber allgemein für einen Mann, dem sich eine Frau
     nicht ganz ausliefern sollte, ihr Instinkt trog sie selten. Es war still in der Leitung, ich hörte sie leise atmen, sie wartete
     auf eine Antwort.
    Ich habe dich geliebt, sagte ich, und wenn ich eine Frau liebe, habe ich Augen nur für sie.
    Vielen Dank, sagte sie und legte auf, ich hätte Lust gehabt, mich weiter mit ihr zu unterhalten. Ich schlüpfte aus dem verknitterten
     Anzug, hängte ihn über einen verbogenen Drahtbügel, zog mir Pyjamajacke und -hose über, ich sann darüber nach, ob ich den
     Telefonstecker herausziehen sollte, doch ich glaubte nicht wirklich daran, daß sie mich erneut anrufen würde, meine übervorsichtige
     ehemalige Freundin, aus einer Eingebung heraus suchte ich die Taschen der Hose ab, die ich in Nienburg getragen hatte, da
     war er, der Zettel, ich hatte |135| ihn also nicht weggeworfen, ich faltete ihn auseinander und überflog die sieben Zeilen, ein Liebhaber kannst du mir nicht
     sein, hatte sie geschrieben, und: Werben ist zwecklos. Plötzlich fiel mir der Aufdruck unten rechts auf: Johannes Apotheke,
     wahrscheinlich war der Zettel aus dem Werbenotizblock einer örtlichen Apotheke herausgerissen worden. Nahm Tyra Werbegeschenke
     an? Oder aber … ihr Mann war Apotheker. Ja, dachte ich, er ist in dieser Kleinstadt aufgewachsen, ist zum Studium in eine
     Großstadt gezogen, um dann wieder zurückzukehren und auf das Vertrauen der Menschen zu setzen, sie kannten ihn und sie würden
     ihre rezeptpflichtigen Medikamente bei ihm einkaufen. Der Mann hat ein florierendes Geschäft in seiner Geburtsstadt, die Bank
     oder seine Eltern schießen ihm Geld vor, und er schafft es in kurzer Zeit in die Gesellschaftsseiten der Stadtzeitung – auf
     einem der festlichen Anlässe lernt er Tyra kennen, vielleicht hofft er auf mehr als nur eine kurze Affäre, und da sie sich
     aber lange bitten läßt, macht er ihr einen Heiratsantrag, sie willigt ein. Sie hat nämlich in der Zwischenzeit Erkundungen
     über den netten, schon etwas oberflächlichen Apotheker angestellt, wahrscheinlicher ist es, daß er in der Peripherie ihres
     großen Freundeskreises auftauchte, früher, sie ihn jedoch für nicht besonders ansprechend befand. So könnten sie zueinandergefunden
     haben. Ich mußte ihn finden, er war mein Wegweiser.
     
    Am nächsten Tag stand ich vor der Johannes Apotheke, ich hatte nicht lange suchen müssen, natürlich lag sein Geschäft direkt
     an der langen Fußgängerstraße, entweder konnte er es sich leisten, eine ziemlich hohe Miete zu zahlen, oder aber er hatte
     die Immobilie gleich erworben. Ich trat ohne zu zögern ein und war enttäuscht, als ich mich zwei weiblichen Angestellten gegenübersah |136| , sie schauten auf und warteten ab, bis das Klingeln der Türglocke erstarb, ich wandte mich gleich an die Jüngere.
    Ich würde mich gerne mit dem Geschäftsführer unterhalten, sagte ich in einem offiziellen Ton.
    Können wir Ihnen vielleicht behilflich sein? schaltete sich die ältere Angestellte ein.
    Nein, ich würde gern mit dem Chef persönlich sprechen.
    Die Ältere ging ohne ein weiteres Wort in den Hinterraum, und als er alleine auftauchte, verzog sich die junge Angestellte,
     die Frauen hatten es sofort gespürt, das war eine Sache zwischen

Weitere Kostenlose Bücher