Liebesdienste / Roman
Anstrengungen von Niamh eine Ohrfeige bekam. Julia hingegen würde alles selbst mit einem Hund teilen, ständig schob sie ihm eine Gabel oder einen Löffel in den Mund,
probier dies, iss das
, leckte sich Lippen und Finger. Nie zuvor hatte er jemanden gekannt, für den die Grenze zwischen Essen und Sex so fließend war. Die Dinge, die sie mit einer Erdbeere tat, ließen einen erwachsenen Mann erröten. Plötzlich sah er sie in dem Nell-Gwyn-Kostüm vor sich, wie sie dem Fotografen ihre Brüste hinhielt, Orangen sind die einzige Frucht. Er hatte die Fernsehserie gesehen, Julia hatte das Buch gelesen, das war der Unterschied. Zwischen ihren Vorderzähnen war eine winzige Lücke, weswegen sie ganz leicht lispelte. Komisch – er war sich dessen immer bewusst gewesen, aber er hatte nie zuvor darüber nachgedacht.
»Nein, Sie sind in Ordnung«, sagte er zu Louise Monroe und hob sein Glas, um zu zeigen, dass er mit seiner Wahl von Alkohol zufrieden war, und sie sagte: »Es war kein Angebot, DNA mit Ihnen auszutauschen.«
»So habe ich es auch nicht verstanden.«
Das Pub befand sich in einer Seitenstraße der Royal Mile, in der Nähe des
Hilfe
-Büros.
»Wie ich sehe, haben Sie den rußgeschwärzten, whiskygetränkten, blutverschmierten, metaphysischen Kern der Geschwulst gefunden, die Edinburgh einst war«, sagte sie, als sie ihn in der gepflasterten schmalen Straße traf.
»Genau«, sagte er. Wenn sie erst mal ins Reden kam, konnte sie ziemlich wortreich sein. Wie Julia. Er hatte Louise Monroe schließlich erreicht, und alles, was ihr jetzt einfiel, war: »Sie hätten mich anrufen sollen, bevor Sie hergekommen sind. O nein, einen Augenblick mal, Sie sind kein Polizist mehr.
Sie hätten überhaupt nicht herkommen dürfen.«
»Ich habe Sie nicht erreicht, Sie haben mir Ihre Handynummer nicht gegeben.«
»Also, jetzt bin ich hier, und was genau soll ich mir ansehen? Ich sehe etwas, was wie eine zwielichtige Sauna wirkt, in der eine zum Scheitern verurteilte Produktion des
Kaukasischen Kreidekreises
aufgeführt wird.«
»Scheiße«, sagte Jackson und starrte auf den Eingang. Das Schild »
Hilfe
– Import-Export« war verschwunden. Ebenso Klingel und Überwachungskamera. Zu Jacksons Erleichterung war die Tür noch da, er hatte sich also nicht in ein Paralleluniversum verirrt, und als Louise Monroe dagegenstieß, öffnete sie sich mit einem theatralischen Quietschen, auf das ein Toningenieur stolz gewesen wäre. Sie gingen die Treppe hinauf. Wären sie Amerikaner, würden sie jetzt ihre Waffen zücken, dachte Jackson, aber so wie die Dinge lagen, blieb ihnen als Schottin und Halbschotte nur ihre Intelligenz, um sich zu verteidigen.
»Erster Stock«, flüsterte Jackson.
»Warum flüstern Sie?«, fragte Louise laut, und ihre Stimme hallte im Treppenhaus wider. »Sie haben doch gesagt, dass es eine Reinigungsfirma ist.«
»Ja«, sagte er. »So eine Art.«
»Eine Art?«
»Nein, das ist eine Reinigungsfirma«, sagte Jackson. »Ich meine, ich habe sie putzen sehen – schrubben, saugen und so. Sie tragen rosa Uniformen.« Er hatte plötzlich Marijuts Hinterteil vor Augen, das sich rhythmisch bewegte, und verbannte es augenblicklich aus seinen Gedanken. »Aber irgendetwas ist … merkwürdig. Ich weiß nicht. Viele gewerbliche Reinigungsfirmen heuern Exsträflinge an, vielleicht gibt es da eine Verbindung. Die Mädchen in Morningside waren definitiv legal dort. Ich glaube, dass ich das tote Mädchen in ihrem Computer gesehen habe.«
Das Büro war leer, kein Computer, kein Aktenschrank, kein Schreibtisch. Die Haushälterin und das Mädchen am Empfang hatten eingepackt und waren verschwunden. Es sah aus, als wäre nie jemand hier gewesen. Der billige, leicht klebrige Teppichboden, die abblätternde Wandfarbe, die schmutzigen Fenster, nirgends ein Hinweis, dass hier noch vor wenigen Stunden ein Büro gewesen war. Es roch abgestanden und leicht ranzig.
»In was für einem Computer?«, murmelte Louise Monroe und sah sich in dem leeren Raum um. »Der unsichtbare Computer dort drüben?«
»Ich verstehe es nicht«, brummte Jackson. Er entdeckte etwas auf dem Teppich, eine winzige bemalte Puppe aus Holz, nicht größer als eine Erdnuss. Er hob sie auf und betrachtete sie auf der ausgestreckten Hand. Louise Monroe sagte: »Sie brauchen eine Brille, Sie sollten nicht so eitel sein.«
Jackson ignorierte den Kommentar. »Was ist das?«, fragte er und hielt ihr das kleine Püppchen hin.
»Die stammt aus einem Satz
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