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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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Stück beim Festival.«
    »Wie ist sie, Julia?«
    »Sie ist Schauspielerin.«
    »Das haben Sie schon gesagt.«
    »Ich weiß, aber das
erklärt
sie auch. Ich weiß nicht, sie ist klein, sie ist optimistisch. Meistens«, fügte er hinzu.
    »Die Leiche haben Sie besser beschrieben«, sagte Louise.
    »Julia ist schwer zu beschreiben.« Er starrte auf die letzten Whiskytropfen, als enthielten sie den Schlüssel. Julia war unmöglich zu beschreiben, man musste sie kennen, um sie zu verstehen. »Sie ist … sie selbst.«
    »Das ist doch gut, oder?«
    »Ja, vermutlich.« Aber es fühlte sich nicht so an. Das war natürlich das Problem. Am Anfang mochte man jemanden, weil er war, wie er war, und am Ende wünschte man, er wäre anders.
    Er mochte Louise, weil sie aufmüpfig und zynisch und selbstsicher war, doch nach ein paar Monaten wären es genau die Eigenschaften, die ihn in den Wahnsinn treiben würden.
Nach ein paar Monaten
, was dachte er da bloß?
    »Danke für den Drink«, sagte Louise Monroe, stand abrupt auf und zog ihre Jacke an. »Ich muss jetzt los.«
    Er hätte ihr in die Jacke geholfen, wusste jedoch nicht, ob ihr das gefallen würde. Aber er hielt ihr die Tür auf. Seine Mutter hatte ihm Manieren beigebracht, vor allem indem sie ihn ohrfeigte.
Halt immer die Tür auf, biete immer deinen Platz an. Kein Gentleman würde eine Dame auf dem Gehweg außen gehen lassen.
Sie war in einem rückständigen Teil Irlands aufgewachsen, wo es nicht einmal Gehwege gab, doch sie wollte nicht, dass ihre Söhne so wurden wie ihr Vater. Das mit der Außenseite des Gehsteigs hatte Jackson nie recht verstanden. (
Natürlich damit du zuerst stirbst, wenn ein Pferd mit einer Kutsche durchgeht
, hatte Julia erklärt.)
    Er schlenderte mit Louise die High Street entlang. Je weiter, umso mehr Müßiggänger begegneten ihnen und natürlich die üblichen Verdächtigen – Feuerschlucker, Jongleure, Einradfahrer und alle möglichen Kombinationen davon. Ein Typ, der auf einem Einrad mit brennenden Fackeln jonglierte, übertraf sie alle. Eine Frau posierte als lebende Statue von Marie Antoinette. War das wirklich ein geeigneter Job für eine Frau? Für irgendjemanden? Was wäre, wenn Marlee eines Tages verkünden würde, dass sie mit so etwas ihren Lebensunterhalt verdienen wollte?
    »Ach, ich weiß nicht«, sagte Louise Monroe, »den ganzen Tag überhaupt nichts tun, das wäre was.«
    »Es ist nicht so toll, wie es sich anhört, glauben Sie mir.«
    Als sie sich trennen mussten, zögerten sie verlegen, als wären sie beide unsicher, wie sie sich korrekt verabschieden sollten. Einen verblendeten Augenblick lang dachte Jackson, dass sie ihn auf die Wange küssen würde; ein Teil von ihm hoffte es, ein anderer hatte Angst davor, der gute und der böse Jackson, die miteinander haderten. Aber sie sagte nur: »Okay, ich gebe Ihnen Bescheid, wenn wir etwas finden.«
    »Etwas?«
    »Ihr Mädchen.«
    »Sein« totes Mädchen, dachte er. Sie war
sein
Mädchen, in guten wie in schlechten Zeiten, niemand anders wollte sie oder erhob Anspruch auf sie oder gab auch nur ihre Existenz zu.
    »Also, guten Abend«, sagte sie.
    »Vermutlich haben Sie keine Lust, in den Zirkus zu gehen, oder?«

31
    M artin war in einem anderen Zimmer des Four Clans. Er lag auf dem Bett und versuchte, ein bisschen zu schlafen. Sein Körper war müde, aber sein Gehirn hatte anscheinend eine geheime Amphetaminfabrik entdeckt und schluckte Pillen nach eigenem Gutdünken. Das Bild an der Wand gegenüber dem Bett war ein Druck von Burke und Hare, wie sie fröhlich eine Leiche ausbuddelten, sie übertrumpften fast, aber nur fast, die brennende Hexe aus dem anderen Zimmer. Er setzte sich auf und drehte sich um, er wollte nachsehen, was über dem Bett hing. Die Schlacht von Flodden Field, das Gemetzel der Schotten in vollem Gang. Vor vierundzwanzig Stunden war ihm die Existenz des Four Clans noch nicht einmal bekannt gewesen, jetzt schien sein ganzes Leben innerhalb der karierten Wände stattzufinden. Gehirnwäsche durch Schottenmuster.
    Er schaltete den Fernseher ein und sah die Abendnachrichten aus Schottland.
Der Kabarettist Richard Moat … erschlagen … im Haus des Kriminalschriftstellers Alex Blake … zuvor aufgrund einer ungewöhnlichen Verwechslung … der zurückgezogen wie ein Einsiedler lebende Schriftsteller Alex Blake, dessen wahrer Name … der Sprecher der Polizei sagte, dass sie nach Zeugen für den Mord suchen … der Edinburgher Stadtteil Merchiston.
Er

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