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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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bereits um den Hals geschlungen. Sie hatte jedoch Jacksons Warnschrei gehört und es geschafft, das Seil mit den Händen zu fassen, und sie zerrte mit aller Kraft daran, damit Terence Smith es nicht zusammenziehen konnte.
    Jackson rannte auf die beiden zu. Andere Leute standen näher bei ihnen, aber sie schienen überhaupt nicht zu merken, dass ein Mädchen vor ihren Augen stranguliert wurde. Bevor Jackson bei ihnen anlangte, tat das Mädchen rasch etwas bewundernswert Wirksames, woran der Absatz ihres Schuhs und Honda-Manns Schritt beteiligt waren, und der arme alte Terry brach mit einem hässlichen Laut zusammen.
Entmannt,
dachte Jackson. Das Mädchen hielt sich nicht lange auf, sie schlüpfte aus ihren Schuhen und lief den Weg zurück, den sie gekommen war, auf das Zirkuszelt zu, und als Jackson vor Terence Smith stand, der jetzt vor Schock würgte, war das Mädchen nicht mehr zu sehen.
    Honda-Manns Stöhnen zog ein paar Passanten an, die der Meinung zu sein schienen, dass er Opfer eines tätlichen Übergriffs geworden war und der Angreifer der Mann sein musste, der sich über ihn beugte. Déjà vu, dachte Jackson. Sein Gehirn hinkte lebenswichtige Sekunden hinterher und versuchte noch, das Zusammentreffen seiner selbst, seines alten Freundes Terry und eines Mädchens, das aussah wie das tote Mädchen im Forth, zu verarbeiten. Er hatte die Kruzifixe in ihren Ohren gesehen, als sie sich wehrte. Man kann es Zufall nennen, dachte Jackson, ich nenne es eine Verbindung. Eine verblüffende, undurchdringlich komplexe Verbindung, nichtsdestoweniger eine Verbindung. Jackson war hin und her gerissen, ob er Terence Smith befragen und den zusätzlichen Bonus einheimsen sollte, ihn zu Brei zu schlagen, oder ob er der Doppelgängerin des toten Mädchens nachrennen sollte.
    Die Entscheidung wurde ihm abgenommen durch die Ankunft eines Streifenwagens mit zwei uniformierten Polizisten, einer weiblich, der andere männlich, eindeutig aus einem Stall, die den Weg auf eine entschlossene Weise entlanggingen, an die sich Jackson gut erinnerte: langsam genug, um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen, aber jederzeit bereit, beim geringsten Anlass durchzustarten. Ein Passant deutete auf Jackson und rief: »Der war’s, der hat’s getan!« Oh, danke, dachte Jackson, vielen Dank. Er war heute bereits für einen tätlichen Angriff auf Terence Smith verurteilt worden, eine zweite Verurteilung brächte ihn wahrscheinlich direkt ins Gefängnis. Er holte tief Luft, was wehtat, und rannte.
    Die Polizistin blieb bei Terence Smith, der noch immer ein Theater wegen seiner Männlichkeit machte. Jackson hätte zu gern gewusst, was genau das Mädchen getan hatte, und dieses Geheimwissen an die Frauen in seinem Leben weitergegeben, wenn sie das nächste Mal mit einem Seil um den Hals vom Boden gehoben wurden. Gott bewahre.
    Der Polizist trampelte hinter Jackson her. Er war ziemlich stämmig, und normalerweise hätte Jackson ihn mühelos abgehängt, aber er war gehandikapt durch die geprellten Rippen, und deswegen verließ er den Hauptweg und schlug sich in das Gewirr von Wohn- und Lastwagen, das das Zirkuszelt umgab. Er stolperte und strauchelte, warf irgendetwas um. Jemand beschimpfte ihn, aber er lief weiter, zwischen den Wagen des Zirkuslagers hin und her.
    In einer Gasse zwischen Anhängern blieb er stehen, um Luft zu schöpfen. Er hörte den Polizisten mit jemandem sprechen und hoffte, dass irgendein Vagabundeninstinkt das Mitglied der Zirkustruppe veranlassen würde, ihm zu helfen und den Gesetzesvertreter in die falsche Richtung zu schicken
(Er ist da lang).
Aber dieses Glück war ihm nicht beschieden. Der Polizist, der nicht fit, aber hartnäckig war, kreuzte die Reihe der Anhänger. Jackson drückte sich flach an einen großen Generator, doch zu spät, der Mann hatte ihn entdeckt, brüllte etwas Unverständliches, überrascht, weil er plötzlich seine Beute direkt vor sich hatte. Der Polizist in Jackson wollte ihm versichern, dass keine Gefahr von ihm ausging. Der Mann war allein, niemand gab ihm Deckung, und er hatte keine Ahnung, wozu Jackson in der Lage war, er hatte also wahrscheinlich größere Angst als Jackson. Wozu war er in der Lage?, fragte sich Jackson.
    Er blieb nicht, um es herauszufinden, sondern rannte wieder los, Hals über Kopf zwischen den Wagen hindurch. Die Jagd zeigte Folgen, seine Rippen schmerzten so sehr, dass er sich kaum mehr aufrecht halten konnte. Als er glaubte, dieses Versteckspiel aufgeben zu

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