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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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sagte sie, ohne sich zu ihm umzublicken.
    »Erzählen Sie mir von Ihrer Freundin, dem toten Mädchen im Wasser«, beharrte er. »Wer war sie?«
    Sie ging weiter, hob jedoch das Messer, so dass er es sehen konnte. Es war kleiner, als er gedacht hatte, aber es sah scharf aus, und sie schien eindeutig jemand zu sein, der keine Skrupel hatte, es zu benutzen. Er hatte Respekt vor Messern, er hatte seinerzeit eine Menge Opfer von Messerstechereien gesehen, und die meisten konnten nicht mehr über ihre Erfahrungen sprechen.
    »Hat Terence Smith Ihre Freundin umgebracht?« Sie kamen an einer Gruppe vorbei, die sie nicht beachtete – das barfüßige Mädchen, das Messer, den humpelnden Mann, den verdächtigen Dialog. Jackson nahm an, dass man sie für Schauspieler hielt.
    »Sie sind große Nervensäge, Jackson Brodie«, rief das Mädchen. Sie kamen zu einer größeren Straße, und plötzlich floss der Verkehr, und überall waren Leute. Jackson erkannte die Straße, sie waren in der Nähe des Museums in der Chambers Street, nahe dem Sheriff Court, heute Morgen Schauplatz seiner Schande. Kaum zu glauben, dass es noch immer derselbe Tag war.
    Er versuchte verzweifelt, das Ganze zu begreifen, bevor sie in der Menge untertauchte. Terence Smith hatte versucht, das verrückte russische Mädchen umzubringen. Das verrückte russische Mädchen war eine Freundin seines toten Mädchens. Terence Smith hatte ihn zusammengeschlagen und gesagt, er solle vergessen, was er gesehen hatte. Jackson glaubte, dass er den Autounfall meinte, aber was, wenn er den Vorfall auf Cramond Island gemeint hatte? Weil er abgesehen von dem verrückten russischen Mädchen der einzige Zeuge war, der wusste, dass das Mädchen tot war? Und Terence Smith hatte gerade versucht,
sie
umzubringen. Zum ersten Mal, seit er unfreiwillig in den Fluss gesprungen war, war da etwas, was einen Sinn ergab. Eine greifbare Verbindung, nicht nur ein Zufall.
    Das russische Mädchen wollte die Straße überqueren, sie stand am Bordstein und wartete auf eine Lücke im Verkehr, wie ein Windhund, der ungeduldig darauf wartet, dass sich die Klappe öffnet. Der Verkehr kam an der roten Ampel zum Stehen, als er sie einholte, und er packte sie am Arm, um sie zurückzuhalten. Er rechnete damit, gestochen oder gebissen zu werden, aber sie starrte ihn nur an. In ihrem Rücken blinkte und piepte das grüne Männchen der Fußgängerampel. Rot. Sie starrte ihn immer noch an. Er fragte sich, ob er sich in Stein verwandeln würde.
    Ein plötzlicher lauter Knall ließ Jackson zusammenzucken. Er hatte einmal dabei zugesehen, wie sein eigenes Haus in die Luft flog, und seitdem reagierte er auf laute Geräusche mit Misstrauen.
    »Ist Feuerwerk«, sagte das Mädchen, »für Zapfenstreich.« Und in diesem Augenblick erblühte in der Ferne über der Burg eine riesige Blume aus glitzernden Funken und schwebte langsam zur Erde. Da neigte sie sich völlig unerwartet zu ihm, brachte ihren Mund an sein Ohr, als wollte sie ihn küssen, stattdessen sagte sie: »Reelle Häuser für reelle Menschen«, und lachte, als hätte sie einen unglaublich lustigen Witz erzählt.
    »Was?« Sie wandte sich ab, um zu gehen, entzog ihm den Arm, und er sagte: »Halt, gehen Sie noch nicht, warten Sie. Wie kann ich Sie erreichen?«
    Sie lachte und sagte: »Fragen Sie nach Jojo.« Und dann überquerte sie bei Rot die Straße, hielt den Verkehr mit einer gebieterischen Geste auf. Sie hatte wirklich perfekte Beine.
     
    Als er sich in die Traverse Bar duckte, waren Julia und der Rest längst gegangen. Er nahm an, dass Julia zu Hause sei, doch als er endlich in der Wohnung ankam, war sie nicht da, obwohl es bereits nach Mitternacht war. Er versuchte, sie anzurufen, aber ihr Handy war ausgeschaltet. Er war so müde, dass er es kaum merkte, als sie neben ihm ins Bett schlüpfte.
    »Wo warst du?«, fragte sie.
    »Wo warst
du?«,
fragte er. Eine Frage mit einer Frage beantworten. Es kam ihm vor wie ein alter Krieg, einer, an dem er schon mehrmals teilgenommen hatte. Bevor die Feindseligkeiten eskalierten, klingelte sein Telefon. Louise Monroe, die wissen wollte, wie er als Vierzehnjähriger gewesen sei. Wie sich herausstellte, hatte sie einen Sohn. Er hätte sie nicht für eine Mutter gehalten.
    »Warum rufen dich Frauen mitten in der Nacht an und stellen dir Fragen zu deiner Zeit als Teenager?«, fragte Julia schläfrig.
    »Vielleicht finden sie mich interessant.«
    Julia kicherte, tief und kehlig. Daraufhin musste sie husten, und als

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