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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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voller Schätze.
    Er streckte sich noch einmal, schlang die Arme um seine Frau und roch ihr Maiglöckchenhaar. Sie wand sich ein bisschen, ein Zeichen, dass sie wach und willig war. Er schob eine Hand unter die Falten ihres Nachthemds und fand ihre apfelrunden Brüste und presste seinen Körper an ihren.
    An dieser Stelle sollte er etwas Liebevolles, Zärtliches sagen. Er hatte aus irgendeinem Grund immer Schwierigkeiten mit intimeren Gesprächen, vielleicht wäre es einfacher, wenn er ihr einen Namen gab. Sie drehte sich um und umarmte ihn ebenfalls. »Marty«, sagte sie.
    Er erwachte erschrocken. Der billige digitale Radiowecker auf dem Nachttisch informierte ihn, dass es sechs Uhr morgens war. Er überlegte, ob er unter der Decke nachsehen sollte, um sich zu vergewissern, dass er sich nicht in ein riesiges Insekt verwandelt hatte.
    Das Tageslicht war bereits stärker als das Licht der Straßenlampen und drang durch die dünnen orangefarbenen Vorhänge, tauchte das Zimmer in das Glühen eines postnuklearen Sonnenaufgangs. Das grelle, orangegelbe Licht fiel auf Martins Gesicht. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er noch einmal einschlafen würde. Die Wände der Zimmer waren papierdünn. Jede Toilettenspülung, jedes räuspernde schleimige Husten, jeder versuchte oder vollzogene sexuelle Akt schien über eine direkte Leitung mit seinem Zimmer verbunden.
    Was, wenn er hier feststeckte, wenn er in eine surreale Schleife geraten war und jeden Morgen in einem anderen Zimmer des Four Clans erwachte? Wie viele Zimmer hatte das Hotel? Was, wenn es eine unendliche Anzahl war, was, wenn es ein
Twilight-Zone-
Ort war mit einem nicht existierenden dreizehnten Stock und Angestellten, die tatsächlich die Geister der früheren Gäste waren? Ein Hotel, aus dem man nicht auschecken konnte?
    Im hellen Licht des Tages war ihm klar, dass gestern nicht Richard Moat angerufen hatte. Was war schließlich wahrscheinlicher – dass Richard Moat ihn aus dem Leben nach dem Tod anrief oder dass die Person, die Richard Moat umgebracht hatte, auch sein Handy gestohlen hatte? Ein Mörder, der ihn anrief, war einer Leiche, die ihn anrief, vorzuziehen. Natürlich sollte er die Polizei davon in Kenntnis setzen, aber die Vorstellung, noch einmal mit Sutherland zu reden, war zu deprimierend. Er fragte sich, was Richard Moats Mörder zu ihm gesagt hätte, wenn sein Akku nicht leer gewesen wäre.
Du bist der Nächste,
vielleicht. Auge um Auge.
    Gestern Abend hatte er Melanie angekündigt, er werde seinen Auftritt auf dem Literaturfestival absagen, aber jetzt meinte er, dass es Mut beweisen würde, trotzdem hinzugehen.
Reiß dich zusammen, Junge! Stell dich dem, wovor du Angst hast.
Er mochte nur der Spielball der Götter sein, aber er war immer noch Alex Blake. Das war sein Leben, das war seine Arena: Vielleicht war es keine sehr vornehme Arena, doch es war alles, was er noch hatte.
    Er hatte während der letzten achtundvierzig Stunden seinen Laptop verloren, seine Brieftasche, seinen Roman, sein Zuhause, seine Identität. Er hatte nur noch Alex Blake.
     
    An der Rezeption saß jetzt ein Junge mit einer gestreiften Satinweste und einer Fliege wie ein Mitglied eines Barbershop-Quartetts.
    »Kann ich das Telefon benutzen?«, fragte Martin, und der Junge sagte: »Selbstverständlich, Mr. Canning. Meine Mutter hat alle Alex-Blake-Bücher gelesen, sie ist Ihr größter Fan.«
    »Danke, Dank auch an sie. Das ist sehr freundlich.«
    Aus seiner Tasche holte er den Flyer, den er vor Ewigkeiten eingesteckt hatte.
Wenn Sie Hilfe brauchen,
hatte der Mann gesagt. Er brauchte Hilfe. Er brauchte einen Menschen, der auf seiner Seite war.
Stell dich dem, wovor du Angst hast. Reiß dich zusammen, du verdammte Memme. Du bist wirklich ein altes Weib, Martin.
    Er würde sich von einem unbegründeten Verdacht nicht länger einschüchtern lassen oder von toten Männern, die ihn anriefen. Er würde mit hoch erhobenem Kopf weitermachen. Kosmische Gerechtigkeit mochte kommen und ihn holen, aber zu seinen Bedingungen.
    Er wählte die Nummer, und als sich jemand meldete, sagte er: »Mr. Brodie? Erinnern Sie sich noch an mich?«

37
    J ackson drehte sich im Bett um und schmiegte sich an Julias heißen Körper. Normalerweise schlief sie nackt, aber jetzt trug sie einen grauenhaften Schlafanzug, der ihr viel zu groß war und womöglich irgendwann ihrer Schwester gehört hatte. Jackson wusste, dass der Schlafanzug von Bedeutung war, aber er wollte nicht unbedingt darüber

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