Liebesdienste / Roman
signierte, über den Tisch beugen und ihm ein Messer in die Brust stoßen oder ihn erschießen. Oder plötzlich die Waffe zücken, mit der er Richard Moat den Kopf eingeschlagen hatte, und damit auch seinen zerschmettern. Doch waren es naturgemäß mehrheitlich Damen eines gewissen Alters, von denen die Hälfte Tweed trug. »Der Tod trug Tweed«, dachte Martin düster. Das wäre ein guter Titel für ein Nina-Riley-Buch.
Jackson stand hinter ihm, in der gleichen Leibwächterpose wie zuvor, und nach einer Weile begann Martin sich zu entspannen. »
Und für wen soll ich signieren? Für Sie? Oder für jemand anders?« – »Clare mit ›i‹ oder ohne ›i‹?« – »Für Pam, mit den besten Wünschen, Alex Blake.« – »Und noch ein Buch für Ihre Freundin Gloria? Natürlich.«
Nachdem sich die Schlange aufgelöst hatte und sie auf dem Rückweg zur »Autorenjurte« waren, hielt ihn Betty-May Watson am Ärmel fest und sagte: »Wie wär’s mit einer Krimiautorin zum Mittagessen?«
Martin konnte nicht umhin, das feine Damenbärtchen auf ihrer Oberlippe zu bemerken.
»Er muss leider gehen«, sagte Jackson bestimmt, fasste Martin am Ellbogen und führte ihn davon.
»Mensch«, hörte Martin Betty-May Watson murmeln, »Sie haben aber einen strengen Verleger.«
41
D as also waren Ermittlungen in einem Mordfall. Leute, die fleißig, fleißig, fleißig waren. Leute mit einer echten Leiche und wie zum Beweis an die Wand gepinnten Tatortfotos. Ein Raum, in dem das Leben brummte, weil jemand tot war. Louise betrachtete die Farbfotos von Richard Moats Leiche im Einsatzraum von St. Leonard’s. Das Revier in Howdenhall war zu klein für etwas so Großes. Als sie noch Uniform getragen hatte, hatte Louise hier gearbeitet. Es war, als wäre sie in ihre alte Schule zurückgekehrt. Alles war vertraut und fremd zugleich.
»Hässlicher Schlag auf den Kopf«, sagte jemand hinter ihr, und sie zuckte zusammen. Sie drehte sich um und sah Colin Sutherland hinter sich stehen und für Schottland lächeln. Würde er in
The Bill
mitspielen, würde er wahrscheinlich »der schmunzelnde Sutherland« genannt, aber da es das wirkliche Leben war, kannte man ihn als »diesen Wichser Sutherland«.
»Wollten Sie zu mir?«, fragte er hoffnungsvoll.
Louise lächelte ihn an und sagte beiläufig: »Wie ist dieser Canning? Wird er verdächtigt?«
»Nee«, sagte Campbell. »Er ist ein komischer kleiner Kerl, hat was von einer alten Frau, wenn Sie mich fragen, aber ich bezweifle, dass er in die Kategorie Mörder fällt.«
»Einbruchdiebstahl?«, fragte Louise. »Fehlt etwas aus dem Haus?«
»Sein Handy, glauben wir.«
»Sonst nichts?
»Nicht dass wir wüssten.«
Sie konnte nicht offen sein und sagen:
Keine Computerfestplatte, oder so?
Wäre ihnen eine fehlende CD - ROM aufgefallen? Wahrscheinlich nicht, aber Martin Canning würde es merken, oder?
»Wo ist er? Canning?«
»In einem Hotel, Four Clans, glaube ich.«
Louise wollte sagen:
Sie glauben also nicht, dass zwei Vierzehnjährige eingebrochen sind und das Opfer erschlagen haben?
Sie starrte auf ein Foto von Richard Moat, er war eine sehr unschöne Leiche. Konnte ihr Sohn dafür verantwortlich sein? Nein, eindeutig nein. Hamish vielleicht, aber nicht ihr Baby.
»Sie sind sehr interessiert an dem Fall, Louise. Soll ich Sie in unserem Team unterbringen? Wir haben ein paar Leute an die Grippe verloren. Wir könnten Sie von Corstorphine herholen, wenn Sie dort nicht allzu viel zu tun haben.« Er trat einen Schritt näher, und sie trat einen Schritt zurück. Perfekter Rhythmus, als Nächstes würden sie Foxtrott tanzen.
»Nein, nein, reine Neugier, Boss.«
Lügen kamen ihr leichter über die Lippen als die Wahrheit. Sie kramte einen Namen aus der Vergangenheit aus. »Eigentlich wollte ich zu Bob Carstairs.«
»Ist vor ein paar Monaten nach oben gezogen, Louise, wussten Sie das nicht?«
»Nach oben?«
»Zum großen Boss.«
Der Mann war ein wandelndes Rätsel.
»Tot. Herzinfarkt«, sagte Sutherland mit einem breiten Grinsen. »In der einen Minute noch da, in der nächsten weg.« Er schnippte mit den Fingern wie ein Zauberer. »Einfach so.«
Wieder in Corstorphine, machte sie sich auf die Suche nach Jeff Lennon und fand ihn in einer Ecke des Großraumbüros an seinem Schreibtisch, wo er einen Schokoladenriegel aß. Louise sah ihn vor sich, wenn er in Rente wäre, fett und gelangweilt. Wahrscheinlicher noch, auf dem Weg nach oben zum »großen Boss«.
»Haben Sie den Besitzer des
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