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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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dass es Francis’ Art war, Zuneigung auszudrücken. Seine Mutter sagte etwas, aber er verstand sie nicht, weil in diesem Moment ein Objekt so groß wie ein Haus auf ihn stürzte. Jackson roch Blut und Geschützfeuer, die unverwechselbaren Gerüche des Schlachtfelds. Er hörte nur ein leises
Tock
. Das musste man der Welrod lassen, wenn sie sagten schallgedämpft, dann meinten sie schallgedämpft. Es war kein Haus, was da auf ihn gestürzt war, es war Terence Smith, gefällt wie ein Stück Großwild, der ihn jetzt erdrückte. Jackson fragte sich, ob er neue Rippen bekommen könnte, wenn all das vorbei war.
    Ächzend vor Anstrengung, schob er das Rhinozerosgewicht von sich herunter, setzte sich auf (unter großen Mühen und Schmerzen etc.) und blickte auf seine Uhr. Es war eine automatische Reaktion, ein Echo anderer Zeiten, anderer Orte –
Todeszeitpunkt … der Verdächtige erschien am Tatort um … der Zwischenfall wurde aufgenommen um …
Neunzehn Uhr fünfundvierzig, aber für Jackson war es
Zwölf Uhr mittags.
In fünfzehn Minuten begann Julias Stück. Dieser Termin war der Dreh- und Angelpunkt seines ganzen Tages gewesen.
Aber du wirst doch fertig, bis die Show anfängt?
Seine Uhr, bemerkte er benommen, war mit Blut bespritzt.
    Tatiana zündete sich beiläufig eine Zigarette an und fühlte Terence Smith den Puls. »Ist tot«, sagte sie unnötigerweise. Er war nicht nur tot, er war außerordentlich tot, sein Herz war von einer Kugel zerfetzt worden.
    »Volltreffer, Martin«, murmelte Jackson. Wer hätte gedacht, dass Martin ein erstklassiger Schütze war?
    Tatiana ging zu Jackson und kniete sich neben ihn. Sie musterte ihn und sagte: »Okay?«
    »In gewisser Weise.«
    »Sie retten mein Leben«, sagte sie.
    »Ich glaube, es war der Mann dort drüben, der Sie gerettet hat«, erwiderte Jackson. Martin stand auf dem Rasen, die Pistole in seiner schlaffen Hand zielte jetzt aufs Gras. Er wirkte ganz ruhig, wie jemand, der Frieden mit sich geschlossen hat. Jackson hörte eine Sirene und dachte, das ging aber schnell, aber Gloria Hatter sagte sachlich und zu niemandem im Besonderen: »Panikschalter.«
    Tatiana neigte sich näher zu Jackson. Ihre Augen blickten so verträumt wie im Zirkus. Sie küsste ihn auf die Backe und sagte: »Danke.«
    Jackson fühlte sich seltsam privilegiert, als hätte ein wildes Tier zugelassen, dass er es streichelte. Ihm war es gleichgültig, dass Terence Smith tot war. Vielleicht hatte er zu viele Tote gesehen, um sich über einen weiteren noch aufzuregen, oder vielleicht war Honda-Mann einfach ein besonders schlechtes Exemplar, und auf der Erde gab es nicht einmal genug Platz für die guten Menschen, geschweige denn für all die schlechten. Es gab verhungernde Menschen, gefolterte Menschen, arme Menschen, denen sein Sauerstoff gelegen käme. Er war nicht der Einzige im Zimmer, den Terence Smith’s Ableben ungerührt ließ. »Auge um Auge«, sagte Gloria Hatter mit grandioser Indifferenz. Die einzige Person, die durch die Geschehnisse aus dem Gleichgewicht geraten schien, war die Frau mit dem orangefarbenen Haar, die auf dem Sofa saß und leise wimmerte.
    Jackson stand mühsam auf und ging vorsichtig zu Martin. Aus der Nähe sah er den panischen, wilden Blick in seinen Augen. Aus Erfahrung wusste Jackson, dass man panische, wild blickende Personen am besten wie verängstigte Tiere behandelte – sie mochten im Grunde harmlos sein, aber sie konnten immer noch treten und beißen.
    »Ganz ruhig, Martin«, sagte er leise. »Geben Sie mir die Pistole.« Und ohne zu zögern, gab Martin ihm die Pistole. »Tut mir leid«, sagte er. »Tut mir wirklich leid.« Dann knickten ihm die Beine weg, und er sank zu einem traurigen kleinen Häufchen auf dem Rasen zusammen, so dass nur Jackson, die Welrod in der Hand, vor Terence Smith’s Leiche stand, als der erste Polizist am Tatort eintraf.
    »Das sieht übel aus, nicht wahr?«, sagte Jackson.

46
    L ouise fuhr auf den Parkplatz des Hauptsitzes von Hatter-Häuser in der Queensferry Road. Ein Handlanger in Uniform kam auf sie zu, um ihr Recht, hier zu sein, infrage zu stellen, und sie hielt ihre Dienstmarke an die Windschutzscheibe und mähte ihn fast um. Reelle Häuser für reelle Menschen. Wie hatte Jackson herausgefunden, dass es eine Verbindung gab zwischen Hatter-Häuser und Terence Smith? Louise war sich hundertprozentig sicher, dass er auf der Jagd war. Hatte es je einen größeren Störenfried als ihn gegeben?
    Sie war allein. Sowohl Jessica

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