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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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Zellen eine gutgelaunte, zufriedene Arbeiterschaft, die bei einer öffentlichen Übertragung das Lied »Workers’ Playtime« mitsang. Die Arbeiter waren gewerkschaftlich organisiert und profitierten von der subventionierten Unterkunft und Gesundheitsfürsorge, sie gerieten nie in die Fabrikmaschinerie und wurden zu Tode gewalzt wie ihr Bruder Jonathan.
    Es stellte sich heraus, dass Bills Frau ein Hirn hatte, das sich laut Bill »in einen Schwamm verwandelte«, und deswegen würde er mittwochs nicht mehr kommen können (»wenn es Ihnen nichts ausmacht, Mrs. Hatter«), sondern sich statt um Glorias Garten um seine schwammhirnige Frau kümmern. Gloria überlegte kurz, ob sie ihm gegenüber Grahams derzeitigen Zustand erwähnen sollte – ein kranker Ehepartner war ihre erste Gemeinsamkeit –, doch sie hatten bereits das längste Gespräch aller Zeiten geführt, und wahrscheinlich würde er mehr nicht ertragen.
    Das Telefon klingelte zum hundersten Mal. Bill zeigte sich nicht verwundert, dass Gloria dastand und geduldig darauf wartete, dass es wieder aufhörte. Gloria fragte sich, wie es gewesen wäre, mit einem derart passiven Mann verheiratet zu sein. Wahrscheinlich hätte es sie rasend gemacht. Man konnte über Graham sagen, was man mochte, aber er hatte sie ganz schön auf Trab gehalten.
    Nachdem er seine Mitteilung gemacht hatte, verschwand Bill im Schuppen, vermutlich um sein Mittagessen zu sich zu nehmen, denn eine halbe Stunde später kam er wieder heraus, wischte sich Krümel vom Schnurrbart und begann den Rasen zu vertikutieren mit einem Gerät, dass aussah wie ein Folterinstrument. Gloria machte sich ein Sandwich mit Käse und Chutney (Stachelbeerchutney, ihr eigenes Rezept, die Stachelbeeren vor ein paar Wochen auf der Stenton-Farm gepflückt), aß im Stehen an die Küchentheke gelehnt und ging dann in die Eingangshalle, um die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter abzuhören. Es waren so viele, dass die letzten die ersten gelöscht hatten. Gloria dachte, dass ihr Gehirn auch so funktionierte, nur genau andersherum.
    Alle wollten aus dem einen oder anderen Grund Graham sprechen. Seine Abwesenheit verursachte eine steigende Panik im Büro von Hatter-Häuser, das bereits vom Betrugsdezernat mental belagert wurde.
Du hast doch keinen Robert Maxwell gemacht, oder?,
fragte sein bedrückter Stellvertreter Gareth Lawson.
    Die aufgeregte Pam:
Oh, Gloria, kann ich dein Rezept für den türkischen Käsekuchen noch mal haben, ich weiß, dass ich es irgendwo aufgeschrieben habe, aber ich finde es nicht mehr.
Es war ein sehr gutes Rezept: Eine Schachtel Philadelphia, eine Dose Fussell’s Sahne und ein halbes Dutzend Eier aufschlagen, in eine mit Karamell überzogene Form geben und vorsichtig im Wasserbad garen. Es war ein Rezept, das man hütete wie einen Schatz, wenn man es einmal hatte. Die unachtsame Pam würde es kein zweites Mal von Gloria bekommen.
    Ein kurzes bellendes
Graham, bist du noch in dem beschissenen Thurso?
von Murdo Miller, endlose Rufe,
Mutter? Mutter, wo bist du?,
von Emily. Die ätzende Westküsten-Stimme ihres Steuerberaters:
Was ist los, Graham, du gehst nicht an dein Handy, und gestern warst du nicht bei unserer Besprechung.
Alistair Crichtons Stentorstimme brüllte:
Wo bist du, Graham, verdammt noch mal? Du scheinst vom Angesicht dieses beschissenen Planeten verschwunden zu sein.
Gloria dachte, dass sie niemand sein wollte, über den er zu Gericht saß. Ein Richter, der sich als höchst unzureichend erweisen würde, machte man ihm selbst den Prozess. »Gerechtigkeit hat nichts mit dem Gesetz zu tun«, hatte er einmal leichthin über ein Tablett mit Kanapees bei irgendeiner Festivität zu ihr gesagt.
Graham, warum gehst du nicht an dein Handy? Wir müssen reden, hast du verstanden? Hoffentlich lässt du mich nicht sitzen.
    Das Telefon klingelte, bevor die Nachricht zu Ende war, und der Anrufbeantworter löschte Sheriff Crichton und nahm die unglückliche Stimme von Christine Tennant auf, seit zehn Jahren Grahams langmütige Sekretärin. (»Persönliche Assistentin, Gloria«, verbesserte sie beständig und kleinlaut, aber Gloria wusste, man war eine Sekretärin, wenn man für jemanden tippte und Notizen machte und ans Telefon ging. Man sollte das Kind beim Namen nennen.) Ihr üblicher wehleidiger Tonfall hatte jetzt einen nahezu hysterischen Unterton.
Gloria, alle suchen nach Graham, er wird hier wirklich gebraucht. Wissen Sie, wie ich ihn in Thurso erreichen kann?
Im Lauf der Jahre hatte sich

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