Liebesfilmriss
Mach dir keine Sorgen um mich. Und es ist ja bald schon Ostern. Dann komme ich vorbei.«
Vorbeikommen? Ginny gefiel der Ausdruck
vorbeikommen
nicht die Bohne. Ihre Gelassenheit bekam einen kleinen Riss. »Du kommst nur vorbei? Ich dachte, du verbringst die ganzen Osterferien hier?«
»Tja, so war es geplant. Aber der Wirt hat mich gefragt, ob ich an Ostern nicht arbeiten könne. Wenn ich ihm sage, dass ich zwei Wochen gar nicht komme, könnte ich meinen Job verlieren. O Gott, ist es schon halb neun? Ich habe um zehn eine Tutorenstunde. Mum, ich rufe nächste Woche wieder an. Pass auf dich auf und grüße Dad von mir. Amüsiere dich! Tschüs!«
Ginny war immer sehr dafür gewesen, unter der Dusche zu singen, aber an diesem Morgen war sie nicht in Stimmung. Sie vermisste Jem so sehr, dass es ihr körperlich weh tat. Sie vermisste auch Bellamy entsetzlich. Anstatt einer lebensbereichernden, neuen Untermieterin-plus-Freundin hatte sie Laurel. Und anstatt eines Liebeslebens hatte sie eine riesige Leere. Perry Kennedy hatte sein Versprechen, anzurufen und ein Abendessen auszumachen, nicht gehalten, was ihr nicht nur das Gefühl vermittelte, unattraktiv zu sein, sondern auch noch eine komplette Närrin, weil sie so dumm gewesen war, ihm das zu glauben.
Tja, genug war genug. Das war ihr Leben, und es lag an ihr, wieder das Steuerruder zu übernehmen. Ginny drehte die Dusche ab und wickelte sich in ein blaues Handtuch, dann wischte sie das Schwitzwasser vom Badezimmerspiegel und starrte ihr Spiegelbild an. Während sie sich an diesem Morgen in der Küche eine Tasse Tee gemacht hatte, waren Eichhörnchen über den Rasen getollt, und sie hatte laut gesagt: »Ich wette, sie können ihr Glück kaum fassen, nach all diesen Jahren den Garten wieder für sich zu haben. Bellamy hat sie nämlich immer gejagt.«
Laurel, die über eine Scheibe Vollkorntoast sehr, sehr dünn Margarine strich, hatte erwidert: »Sie werden sich doch keinen neuen Hund zulegen.« Es war eine Aussage gewesen, keine Frage. »Ich mag keine Hunde.«
»Warum nicht?«
»Sie sind schmutzig. Sie riechen.«
Beleidigt, als ob Laurel gesagt hätte
Sie sind schmutzig, Sie riechen
, hatte Ginny heftig den Kopf geschüttelt. »Manche Hunde vielleicht. Aber nicht Bellamy.«
Laurel hatte nur mit den Schultern gezuckt und gesagt »Wie auch immer, ich mag sie nicht.« Dann war sie mit ihrer Toastscheibe aus der Küche spaziert.
Als Ginny sich jetzt an diese Unterhaltung erinnerte, rubbelte sie ihre Haare kräftig mit dem Handtuch trocken. Es war zu früh, um Bellamy zu ersetzen – sie hätte das Gefühl, das Gedenken an ihn zu entweihen –, aber wenn sie Laurel sagte, dass sie sich einen Hund zulegte, würde Laurel dann beschließen, dass sie hier nicht länger wohnen konnte?
Ginny strahlte auf. O ja, das war eine hervorragende Idee: ein fiktiver Hund.
Und noch dazu einer, der roch.
»Da sind Sie ja.« Radio zwei spielte im Hintergrund. Laurel war in der Küche und buk Brot, als Ginny angezogen und ausgehfertig herunterkam. »Sie sehen großartig aus. Ihr Kleid gefällt mir.«
»Danke.« Laurel besaß die befremdliche Angewohnheit, nett zu sein, wenn man es am wenigsten erwartete.
»Hören Sie, es tut mir leid, wenn ich vorhin etwas grob war. Ich wollte nicht andeuten, dass Ihr Hund nicht reinlich war. Und ich bin sicher, er war entzückend.«
»Das war er.« Entsetzt, dass Laurel verkünden könne, dass sie Hunde anbetete, meinte Ginny hastig: »Obwohl er natürlich nicht immer sauber war. Hunde sind nun einmal Hunde. Bellamy liebte nichts mehr, als durch Schlammpfützen zu laufen oder sich in Fuchsexkrementen zu suhlen.«
»Jedenfalls tut es mir leid. Und sobald das Brot fertig ist, backe ich uns einen Mandelkirschkuchen. Ihren Lieblingskuchen.«
»Wie nett. Danke.« Schuldbewusst meinte Ginny: »Das müssen Sie aber wirklich nicht tun.«
»Ich möchte aber gern. Sie haben es verdient. Perry hat angerufen, als Sie unter der Dusche waren. Ich habe ihm erzählt, wie glücklich ich hier bin.«
Perry hatte angerufen! Ginnys Wangen wurden rot bei der Erwähnung seines Namens. Oder sollte er mit vollem Namen angeredet werden: Perry-der-verdammte-lügende-Mistkerl?
Laurel knetete den Teig auf dem Tisch. »Er sagte, Sie möchten ihn bitte anrufen, sobald Sie Zeit haben. Es hat etwas mit der Einrichtung eines Dauerauftrages zu tun.«
»Ist gut, danke.« Sollte das heißen, dass er wirklich mit ihr über einen Dauerauftrag reden wollte? Lässig sagte
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