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Liebesfluch

Liebesfluch

Titel: Liebesfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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deshalb bin ich auf und davon.« Er zuckt hilflos die Achseln. »Und du kannst mir glauben, ich habe bitter dafür bezahlt – das schnelle Weglaufen hat meinem Knöchel dann den Rest gegeben, deshalb konnte ich auch nicht früher herkommen.« Er zeigt auf die Gummimanschette an seinem Fuß, die mir noch gar nicht aufgefallen ist.
    »Und wieso schleichst du dich hier an und klingelst nicht an der Haustür wie ein normaler Mensch?«
    »Vielleicht bin ich nicht normal.« Er grinst dieses entwaffnende Lächeln und verwandelt meine Skepsis mit seinen dunklen Augen in Neugier.
    »Also kannst du mir verzeihen?« Er breitet seine Hände neben sich aus wie ein Priester, der um Gottes Gnade fleht.
    Ich lasse mich auf mein Bett fallen und weiß gerade nicht, was ich sagen soll.
    Er kommt jetzt einfach in mein Zimmer, macht die Tür hinter sich zu und kniet ächzend vor mir nieder, sodass er zu mir hochschauen muss. Was mir die Gelegenheit gibt, sein Gesicht ausgiebig zu studieren. Es kommt mir vertraut vor, dabei sehe ich ihn erst zum zweiten Mal. Seine sehr hohen Wangenknochen, die breite Nase, die in zwei kleinen Clownsknubbeln ausläuft, die blöden Koteletten, die unter seinen dunklen wuschligen Haaren verschwinden. Unwillkürlich muss ich an Felix’ Gesicht denken, das viel breiter ist und doch klarer wirkt, weil er seine langen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammennimmt.
    »Lässt du die Typen immer so am ausgestreckten Arm verhungern?«, fragt er angesichts meiner Stummheit.
    Ich zucke mit den Achseln. Soll er ruhig ein bisschen schmoren.
    »Also erteilst du mir die Absolution?«
    »Müsstest du da vorher nicht beichten?«
    »Es gibt nichts zu beichten.« Seine Augen verdunkeln sich. Er steht seufzend wieder auf und reicht mir seine Hand. Als ich sie nicht nehme, lässt er sie fallen.
    »Jedenfalls gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf, seit ich dich das erste Mal gesehen habe.« Er schaut mich lange und ernst an. »Du bist etwas ganz Besonderes«, sagt er und lächelt dann.
    Ich verkneife mir einen zynischen Kommentar und denke mir nur ›So besonders wie Sondermüll oder was‹ und frage mich, ob er mich auf den Arm nehmen will. Was soll das denn werden, wenn es fertig ist? Eine umgekehrte Neuauflage von Beauty and the Beast? Mr Wonderful und Miss Blue – but never ever a Venus.
    »Warum guckst du mich denn so ablehnend an? Bin ich so peinlich?«
    »Nein.«
    »Bist du immer so kratzbürstig?«
    »Kratz-was-borstig? Das Wort habe ich noch nie gehört.«
    »Es bedeutet stachelig sein wie ein Kaktus.« Er grinst. »In Vegas gibt es bestimmt viele davon.«
    Ju setzt sich neben mich aufs Bett. Seine Wärme wabert zu mir, und ohne dass ich es will, läuft ein angenehmer Schauer über meinen Rücken. Ich starre nach draußen auf das blaue Planschbecken, aber aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sich Jus Hand auf der Decke in meine Richtung bewegt.
    »Was soll das werden?« Er soll bloß nicht glauben, dass ich so einfach rumzukriegen bin.
    Er rutscht näher. »Ich kann einfach nichts für meine Gefühle. Ist dir das noch nie passiert? Du triffst jemanden und dann …« Er haut seine beiden Fäuste aufeinander und sagt: »Buuum!«
    Ich schüttle den Kopf, als hätte ich so etwas noch nie erlebt, was natürlich gelogen ist.
    Ju rutscht noch näher. »Bei mir ist das auch das erste Mal. Vielleicht hat es mich auch nur so getroffen, weil ich verwundet am Boden lag und du mein rettender Engel warst.«
    »Rettender Engel!« Ich verdrehe die Augen, kann aber ein kleines Lächeln doch nicht unterdrücken.
    »Hey, das meine ich ernst!« Er rutscht so nahe, dass ich die Wärme seiner halb nackten Schenkel nun deutlich durch meine Jeans spüre. Und anscheinend spielt mein Nervensystem verrückt, denn ich fühle nichts mehr außer seinem Schenkel, bilde mir ein, sogar seinen Puls zu spüren. Verstehe nicht, wie es sein kann, dass mein Körper so anders reagiert als mein Kopf – der mir nämlich ganz klar sagt, ich sollte jetzt das Weite suchen. Aber irgendwas in mir will es wissen, will wissen, wie weit er gehen wird, und verschließt mir den Mund.
    »Vielleicht war es auch nicht der rettende Engel, der mich so dermaßen erwischt hat, vielleicht waren es deine unglaublichen Augen.« Er beugt sich nach vorne und schaut mir mitten ins Gesicht. »Die schimmern wie Sterne aus türkiser Seide«, sagt er und setzt sein unheimlich sympathisches Lächeln auf.
    Wow! Das, das klingt poetisch. Oder ist es nur, weil sich das auf Deutsch

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