Liebesfluch
etwas vergrößert, aber er weint nicht, sondern kaut hektisch an seiner Robbe herum.
Ju geht nicht ran, ich hinterlasse eine Nachricht auf seiner Mailbox, erzähle, was passiert ist, und flehe ihn an, so schnell wie möglich herzukommen.
Kaum dass ich zu Ende gesprochen habe, ringe ich schon wieder nach Luft und habe Durst. Mein Blick fällt auf die beiden Teefläschchen. Auf keinen Fall! Ich nehme die Flaschen und kippe den Inhalt nach unten auf den Rasen. Und nur weil das Deck überall ein Geländer hat, wage ich es, die Kinder kurz allein zu lassen und eine Flasche verschlossenes Mineralwasser aus dem Kühlschrank in der Küche zu holen. Nachdem ich das Wasser in die Flaschen gefüllt und selbst einen Riesenschluck getrunken habe, fühle ich mich etwas besser.
Die Wendeltreppe vibriert, jemand kommt hoch. Hoffentlich endlich Ju, denke ich, aber es ist Felix. Der heiße Ofen – das habe ich vollkommen vergessen!
»Hallo-oo!«, ruft er schon von Weitem und entdeckt dann die Zwillinge auf der Decke.
»Wieso sind die denn hier?«, fragt er irritiert, dann lässt er sich neben mich auf die Decke fallen. Mia und Bennie betrachten ihn neugierig und robben schließlich ein Stück näher zu ihm hin.
»Anja ist doch nicht zur Uniklinik gefahren, sie ist gerade nur einkaufen und gleich wieder da.« Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren.
»Okay, dann haben wir ja nicht viel Zeit«, beginnt Felix und beugt sich zu mir, als wollte er mich küssen. Ich wehre ihn ab, drücke ihn mit beiden Händen von mir weg. Ich muss ihm endlich sagen, was Sache ist. Jetzt.
»Felix, ich kann dich nicht küssen! Mein Großvater ist der Bruder von deiner Großmutter. Meine Oma war schwanger von Georg.«
»Na und, wen interessieren denn diese alten Kamellen?«
»Verstehst du denn nicht? Ich bin deine Großcousine! Aber auch abgesehen davon habe ich kein Interesse daran, dich zu küssen.«
»Cousine? Gibt’s dafür Beweise?«
»Wenn wir Georg finden würden, dann schon. So lange musst du mir eben einfach glauben.«
Er betrachtet mich ungläubig. »Cousine«, sagt er und schüttelt den Kopf.
»Großcousine«, korrigiere ich ihn, doch Felix lacht nur.
»Großcousine oder Cousine, ist doch egal. Ich find’s super. Ich hab ja sonst keine Geschwister. Na gut, dann Schwamm über das, was gestern Abend passiert ist. Ich hatte übrigens eine Kopie.« Er grinst mich triumphierend an. »So bescheuert bin ich nun auch wieder nicht, aber hätte ja sein können, dass ich so endlich meinen Kuss bekommen hätte. Und jetzt erzähl schon, was du rausgefunden hast. Ich hab Oma vorgelogen, dass ich dringend zum Arzt muss, nur um herkommen zu können.«
Ich habe plötzlich wieder Herzrasen zusammen mit einer starken Hitzewallung, die mir die Luft zum Reden nimmt. Also nicke ich Felix bloß zu.
»Ist mir schleierhaft, wie du in diesem Geschreibsel etwas entdeckt haben willst, aber bitte, jetzt mach es nicht so spannend.«
Ich wische mir den Schweiß von der Stirn.
»Was ist denn mit dir los, Cousinchen?« Felix betrachtet mich aufmerksam und schüttelt den Kopf. »Hast du ’nen Sonnenstich? Du bist krebsrot im Gesicht und hechelst so komisch.«
»Ich habe von dem Brei gegessen, der für die Kinder bestimmt war.«
Felix schaut mich verständnislos an. »Was willst du denn damit sagen? Bist du allergisch gegen Babybrei?«
»Anja macht ihre Kinder krank.«
»Wie – krank? Du meinst absichtlich, oder was?«
Ich nicke.
»So ein Blödsinn! Mütter machen so was nicht!«
»Ja, das habe ich auch gedacht.« Und dann erzähle ich Felix alles, was passiert ist, jedes Detail.
»Ich wusste doch, dieser Ju hat ’ne Meise«, flüstert er vor sich hin.
»Das dachte ich ja zuerst auch, aber schau mich doch an, er hat recht!«
»Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom. Krass!« Felix betrachtet die Zwillinge, dann fügt er widerwillig und mit einem tiefen Seufzer noch an: »Verschieben wir das mit dem Brief. Ihr müsst schleunigst hier weg.«
»Das geht nicht, wir brauchen unbedingt Beweise.« Mir ist übel und ich habe das Gefühl, als würde ich nicht genug Luft bekommen. Immer wieder werfe ich angstvolle Blicke auf Bennie und reiche ihm regelmäßig das Fläschchen mit Wasser, aus dem er gierig trinkt.
»Also, wenn du willst und wenn es was bringen würde, dann könnte ich den ganzen Müllsack mit dem Grießbrei aus der Tonne rausholen.«
»Ihh, so was Ekliges würdest du tatsächlich tun?«
»Ich hab in Frankfurt noch ganz andere Sachen
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