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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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sie nun schon seit Stunden allein in ihrer Werkstatt, ohne dass jemand anderer aufgetaucht wäre. Elsa überlegte, wie sie es anstellen sollte, in Kontakt mit Paula zu kommen. Für Paula musste ihr Aufeinandertreffen zufällig wirken, also war es am besten, sie weiter zu beobachten und auf den richtigen Zeitpunkt zu warten.
    Elsa in Maschen, im Sommer 1987.
    Die Sonne strahlte warm an diesem ersten Tag der Sommerferien. Eigentlich hätte man auf die Idee kommen können, in kurzen

    Hosen herumzulaufen oder in einem leichten Rock, doch das war leider undenkbar für Elsa. Immerhin hatte sie sich in ihre beste Jeans gezwängt, ein kurzärmeliges schwarzes T-Shirt angezogen und um ihre Hüften eine wallende Strickjacke geschlungen. Als Elsa sich anschließend im Spiegel betrachtete, war sie ganz zufrieden. Sogar das Mal auf ihrer rechten Wange schien geschrumpft zu sein. Nicht einmal ihre Mutter konnte ihre Freude auf diesen Tag schmälern.
    „Komm nicht wieder zu spät!“, rief Vera ihr keifend hinterher, als Elsa das Haus verließ, wo sie auf Robin stieß, der auf den Treppenstufen vor dem Haus saß. Sein Gesicht leuchtete auf, aber Elsa kam seinen Ideen für diesen Tag zuvor.
    „Tut mir leid, Kleiner, aber heute kann es später werden.“
    Elsa stieg auf ihr Fahrrad und fuhr damit aus der Siedlung hinaus, dann weiter in Richtung Gewerbegebiet. Schon morgen würde Torsten zusammen mit seinen Eltern in den Urlaub nach Spanien fahren. Deshalb hatte er ihr am Freitag, dem letzten Schultag, in der Pause noch einen Zettel zugesteckt.
    „Wir treffen uns um vier, du weißt schon, wo“, hatte daraufgestanden.
    Während Elsa kräftig in die Pedale trat, pfiff sie eine Melodie vor sich hin, irgendetwas Neues aus England, das Torsten ihr vor ein paar Tagen vorgespielt hatte. An diesem Nachmittag hatte er Elsa endlich auch erklärt, wie es dazu hatte kommen können, dass sie auf ihrem Ausflug an die Ostsee allein gewesen war.
    „Rainer scheint wirklich eifersüchtig auf dich zu sein, Elsa. Deshalb hat er sich die Gemeinheit mit der Butterfahrt ausgedacht. Er hat wohl geglaubt, dich damit so fertigzumachen, dass du in Zukunft die Finger von uns lässt.“
    „Hätte ja auch fast geklappt“, entgegnete Elsa.
    „Ist schon klar“, grinste Torsten, „aber zum Glück eben nur fast. Was meinst du, wollen wir uns am Montag in meinem Schuppen hinter der Fabrik treffen? Da haben wir dann endlich mal unsere Ruhe.“
    Elsa fröstelte, als sie daran dachte, wie Torsten sie bei diesem Vorschlag angesehen hatte. Jetzt sah sie an sich hinunter. Selbst die Härchen auf ihren Armen hatten sich aufgerichtet. An diesem Tag hatte Elsa sogar eine Ganzkörpergänsehaut . Und alles nur, weil sie sich so freute. Sie spürte, dass etwas Großes an diesem Nachmittag vor ihr lag.
    Schließlich lachten Torsten und sie über dieselben Sachen, und auch er war allein. Vielleicht würde Torsten heute spüren, dass sie es gut haben konnten miteinander. Möglicherweise wusste er schon lange, dass sich Elsa in ihn verliebt hatte, und war für eine Erwiderung bisher nur zu schüchtern gewesen. Würde heute nun der große Moment kommen? Würde Torsten heute endlich mit der Sprache herausrücken?
    Die Hannoversche Behörde für Bezüge und Versorgung hatte lange Zeit gebraucht, um die angefragten Daten zu Herrn Dr. Grütter, den ehemaligen Lehrer des Merschenfelder Gymnasiums, zu beschaffen, aber nun lagen sie als Dossier auf Annas Schreibtisch. Sie wählte die Nummer seines Anschlusses in Pollensa auf der spanischen Baleareninsel Mallorca und hatte den pensionierten Oberstudienrat Sekunden später am Telefon. Anna Greve erklärte ihm ihr Anliegen und wartete anschließend auf seine Reaktion. Sie wartete ziemlich lange, bis Dr. Grütter ihr endlich antwortete.
    „Ich erinnere mich noch gut an diese Klasse“, nuschelte er. „Das war ein schwieriger Jahrgang, einer, den man nicht so schnell vergisst. Es gab einen Haufen Probleme, vor allem mit zweien der Schüler, die mir und auch meinen Kollegen immer wieder wegen ihres ungebührlichen Verhaltensaufgefallen sind. Leider kann ich mich nicht mehr an die Namen der Jungen erinnern.“
    „Haben sie vielleicht Rainer Herold und Torsten Lorenz geheißen?“
    „Ja genau, jetzt fällt mir alles wieder ein. Die beiden haben sich insgesamt nicht gut geführt, aber auf einen ihrer Mitschüler hatten sie es besonders abgesehen. Es war ein schmal gewachsener Junge, stark kurzsichtig meine ich, dessen Vater gerade

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