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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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eine rote, bauchige Teekanne umgedreht auf einem Tuch. Daneben fand sich ein Häufchen ungelesener Post und ein Stapel Tageszeitungen der letzten vierzehn Tage. Er sah die Post durch: Reklame, Rechnungen. Von der Küche gelangte man in das große Zimmer mit dem langen Tisch und der Tür zum Balkon. Viel freier Raum, wenig Möbel, klare, gerade Linien. Es gab wenig Bilder, nur ein paar Radierungen: menschenleere Landschaften und Abbruchhäuser. Das einzig Verschnörkelte waren die beiden silbernen Kerzenleuchter auf der Anrichte. Das Ambiente ließ sich sicherlich am treffendsten mit dem Wort »edel« beschreiben. Die Wohnungen anderer Frauen, die er bisher gesehen hatte, waren schlampig gewesen und vollgestopft mit unnützen, billigen Dingen.
    Dann trat er ins Schlafzimmer: helles Fischgrätparkett, ein schlichtes, französisches Bett aus Kirschholz, eine Kommode, ein weiß lakkierter Einbauschrank, ein mannshoher Kippspiegel und eine ganze Regalwand mit Schachteln. Nirgends lag ein Kleidungsstück herum. In einer Schmuckschatulle auf der Kommode ruhten auf rotem Samt drei altertümliche Granatbroschen, eine Perlenkette, ein Ring aus Gold mit einem winzigen Brillanten und zwei Hutnadeln mit Bernsteinköpfen. In der Schublade des Nachtschränkchens fand er eine Packung Kondome. Angebrochen, zwei fehlten. Er schaute in einige der Schachteln im Regal. Hüte. Alles unterschiedliche Modelle: Strohhüte, Filzhüte, Kappen aus Stoff, Hüte mit breiten und schmalen Krempen, flache und hohe Hüte, Hüte in schwarz, rot, beige, strohfarben … Es mußten an die Hundert sein!
    Er wandte sich kopfschüttelnd ab, strich über die makellos weiße Bettwäsche und ließ sich auf die weiche, duftende Materie fallen. Ein paar Minuten blieb er so liegen und schaute an die Decke. Sie war hoch und hatte einen Rahmen aus Stuck. Er widerstand der Versuchung, an Ort und Stelle die Augen zu schließen, erhob sich, kramte eine Packung Zigaretten aus seinem Rucksack, setzte sich auf den Balkon und rauchte. Die benachbarten Häuser waren allesamt renovierte Altbauten, die meisten von ihnen herrschaftlich klassizistisch. Es war ruhig. Nur ab und zu hörte man ein Auto. Weit weg schnurrte ein Rasenmäher. Zweifellos war dies eines der besten Viertel der Stadt, wenn nicht gar das beste.
    Er drückte die Zigarette im Blumenkasten neben dem Lavendel aus und durchquerte den Raum mit den wandhohen Bücherregalen. Was für eine Masse an Büchern. Darunter auch einiges an Kitsch. Hinter der Bibliothek lag ein kleinerer Raum, in dem ein großer Bildschirm auf einem alten Schreibtisch stand. Hier herrschte eine Atmosphäre von Konzentration und Arbeit. In Büchern klebten gelbe Zettel als Einmerker. Fünf Füller lagen aufgereiht neben einem monströsen Taschenrechner und einem antiquiert wirkenden Zirkel. Aufmerksam studierte er die Notizen auf dem Wandkalender. Eine leicht abgegriffene Aktenmappe stand vor einem Regal mit dicken Ordnern, die beschriftet waren. Finanzamt, Schule, Versicherungen, Haus Ricklingen, Wohnung, Bank. Er sah sich genauer um.
    Im Garten stand ein fremder Mann, der mit einer elektrischen Hekkenschere gegen die Thujenhecke ankämpfte.
    »Es kann nur einen geben«, entfuhr es Mathilde bei seinem Anblick. Der angegraute Held legte seine Waffe beiseite und kam auf sie zu.
    »Sie sind sicher Mathilde.«
    »Jawohl.«
    »Und Sie schauen gern Highlander-Filme.«
    »Nur wegen der Landschaftsaufnahmen«, grinste Mathilde.
    Er lächelte und schüttelte ihr übertrieben herzlich die Hand. »Erich Kunze.«
    »Haben Sie die Dachrinne repariert?«
    »Ja, ich bin, Gott sei’s gedankt, ein wenig handwerklich begabt.«
    Endlich einer, der sich nützlich machte. Die Heckenschere mußte er mitgebracht haben.
    »Ihre Mutter ist drinnen, sie kocht. Wir würden uns freuen, wenn Sie mit uns Abendbrot essen.«
    Es war halb sieben. Sonst wurde bei Franziska selten vor acht gegessen. Wie sehr sie sich doch immer wieder auf die Marotten ihrer Liebhaber einließ.
    »Danke, ich habe leider wenig Zeit.«
    »Sie möchten sicher ein paar vertrauliche Worte mit Ihrer Mutter sprechen. Ich messe meine Kräfte inzwischen noch ein wenig mit der Natur.«
    Was hatte Franziska ihm erzählt? Wahrscheinlich alles.
    »Das ist gut«, sagte Mathilde. »Meine Mutter hat keinen grünen Daumen.« Lediglich die Marihuanapflanzen gediehen unter ihrer Fürsorge.
    »Vielleicht möchte sie dem lieben Gott nicht ins Handwerk pfuschen.« Er fuhr fort, die Zypressenhecke zu bearbeiten,

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