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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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sicherstellen, daß alles glattgeht. Wenn er flieht, trifft der Vorwurf zuerst diejenigen, die seinem Ausgang zugestimmt haben.«
    Mathilde behielt ihre Zweifel an dieser Erklärung für sich. Sie hatte eine andere: Es wäre nicht das erste Mal, daß sich eine Therapeutin in einen Häftling verliebte. Nun sah sie in ihr die Rivalin. Sie war wie diese Claudine, erkannte Mathilde, nur raffinierter.
    Mathilde trank ihren Kaffee aus und winkte der Bedienung. »Ich muß jetzt gehen. Sie brauchen sich keine Sorgen um mich zu machen. Sie kennen vielleicht Lukas Feller. Aber Sie kennen nicht mich. Ich bin weder naiv noch zerbrechlich.«
    Ihr Gegenüber nickte. »Ich weiß. Sie fühlen sich stark und selbstbewußt. Es reizt Sie, es mit einem Mann aufzunehmen, der anders ist als die anderen. Im Grunde Ihres Herzens wissen Sie, daß er böse ist. Aber gleichzeitig verspüren Sie diese unwiderstehliche Gewißheit, daß sich ein dunkler Teil Ihres Wesens in seinem spiegelt. Und Sie lassen sich darauf ein, obwohl Sie wissen, daß er Ihnen schaden wird.«
    Mathilde hatte den Blick in ihre leere Tasse gesenkt. Es war, als würde die fremde Frau ihre eigenen Empfindungen aussprechen. Sie wünschte, sie würde schweigen und gehen, aber sie redete weiter:»Er wird Sie belügen, betrügen und demütigen, er wird Ihnen das nehmen, was Ihnen wichtig ist. Doch das ist nicht das Schlimmste, das tun andere auch. Er wird Sie verändern. Lukas Feller ist nicht nur der schlechteste Mensch, den ich kenne, er holt auch aus seinen Mitmenschen das Schlechteste heraus.« Die Frau stand auf und legte ein paar Münzen für den Kaffee auf den Tisch. »Es ist eine alte Weisheit, daß, wer sich mit dem Teufel einläßt, nicht den Teufel verändert, sondern sich selbst«, sagte sie und ging hinaus. Ihr langer, schwarzer Mantel schlackerte um ihre dünne Gestalt.
    Was für eine bedauernswerte Kassandra, dachte Mathilde.
    Die Trauung fand in der Gefängniskirche statt. Trauzeugen, so hatte man ihr gesagt, waren heutzutage nicht mehr notwendig, aber Leona Kittelmann bettelte geradezu um den Job, und schließlich tat ihr Mathilde den Gefallen. Man hatte den Eindruck, daß sie aufgeregter war als die Braut selbst. Sie erschien in modischem Maigrün und hatte Glitzersteinchen an den Fingernägeln. Verlegen überreichte sie Mathilde einen Brautstrauß aus roten und cremefarbenen Rosen.
    »Normalerweise besorgt den ja der Bräutigam, aber …«
    Mathilde nahm ihn dankbar entgegen. Sie trug ein knielanges Etuikleid aus schwerer, schwarzer Seide und einen hellen Hut mit schwarzem Band und breiter Krempe. »Du bist wunderschön«, sagte Lukas andächtig. Mit seinem armanigrauen Anzug, dem um eine Nuance helleren Hemd und der Fliege sah er umwerfend aus. Was für ein schöner Mann, dachte Mathilde. Mein schöner Mann! Außer dem Brautpaar und Leona waren zwei uniformierte Herren anwesend, eine Dame vom Sozialen Dienst und Karim, der Trauzeuge von Lukas. Er steckte in einem steif gebügelten, viel zu großen Hemd. Wahrscheinlich gehörte es Lukas.
    Während der kurzen Ansprache des Standesbeamten hielt Lukas ihre Hand, als wollte er sie am Weglaufen hindern. Am Ende der Rede antworteten beide mit einem klaren »Ja« und steckten sich die Trauringe an. Die hatte Mathilde besorgt. Platin. Es hatte sie überrascht, daß Schlichtheit so teuer sein konnte.
    Der Kuß fiel manierlich aus. Sie setzten ihre Unterschriften auf diverse Dokumente – beide behielten ihre Nachnamen – dann war es vorbei. Leona und Karim wischten sich vor Rührung die Augen.
    Die Beamtin vom Sozialen Dienst schenkte Mumm -Sekt in Plastikbecher und gratulierte dem Paar.
    »Ich kann dich verstehen – was für ein Kerl «, sagte Leona zu Mathilde, als sie sich zuprosteten.
    Als der Sekt ausgetrunken war, umarmte Lukas Mathilde und flüsterte ihr ins Ohr: »Jetzt gehörst du mir.«
    »Ja«, sagte Mathilde.
    Dann brachte man ihn auf seine Station zurück und Braut und Trauzeugin nach draußen. Es war ein surrealer Anblick, als Mathilde und Leona in ihren schönen Kleidern vor der Außenpforte standen.
    Die Natur hatte den kalendarischen Frühlingsanfang ignoriert, und ein Graupelschauer drohte Mathildes Hut vom Kopf zu wehen. Mit klammen Händen hielt sie den Brautstrauß. Das Gewicht des Rings wog schwer an ihrem Finger.
    »Und was machen wir jetzt, aufgebrezelt wie wir sind?« fragte Leona.
    Mathilde antwortete nicht. Sie starrte den Mann an, der den Gehweg entlang auf sie zukam. Es gab überhaupt

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