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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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letzter Zeit war sie künstlerisch sehr produktiv. Das macht die Liebe, dachte sie in einem Anflug von Albernheit. Außerdem mußte sie ihrem neuen Malschüler mit gutem Beispiel vorangehen. Heute würde sie Lukas anrufen und fragen, wie Mathilde das Bild gefallen hatte.
    Lukas hatte ihr berichtet, Mathilde sei zur Zeit in keiner guten Stimmung. Die Sorge um ihren Job mache ihr zu schaffen. Franziska kannte das Gefühl, das sich einstellte, wenn das letzte Geld ausgegeben und kein neuer Auftrag in Sicht war. Sie hatte jedoch gelernt, mit solchen Situationen gelassen umzugehen. Es war immer irgendwie weitergegangen. Aber diese Erfahrung war Mathilde schwer zu vermitteln. Sie und ihre Tochter waren wie die Grille und die Ameise. Was fand ein Mann wie Lukas nur an ihrer drögen Tochter?
    Franziska schloß die Tür auf. Es roch nach Farbe und Lösungsmitteln. Sie liebte diesen Geruch, er stand für Arbeit und Kreativität. Im Atelier war es wider Erwarten kühl. Obwohl das Stellrädchen am Ofen auf Stufe zwei stand, war der Heizkörper kalt. Vielleicht war die Gasflasche schon wieder leer. Franziska tröstete sich mit dem Gedanken, daß es nun bald Sommer werden würde und stellte den Kaffee auf dem verklecksten Arbeitstisch ab. Gleich würde sie sich um den Ofen kümmern. Erst mal eine Tasse Kaffee und einen Zigarillo. Sie nahm die Schachtel aus der Tischschublade. Es waren nur noch zwei Zigarillos darin.
    Sie bemühte sich wirklich, ihrer Süchte Herr zu werden. Ein soliderer Lebenswandel tat ihr gut, das merkte sie. Von Tag zu Tag fühlte sie sich frischer und schaffte viel mehr als früher. Das Trinken beschränkte sich inzwischen auf eine Flasche Weißwein über den Tag verteilt. Kein Schnaps mehr. Höchstens mal ein kleiner, nach dem Essen. Im Atelier genehmigte sie sich ab und an einen Zigarillo. Ohne den konnte sie nicht arbeiten. Er gehörte zum Ritual wie das Ordnen der Pinsel und Farbtuben. Schließlich bin ich immer noch eine Künstlerin, dachte sie trotzig, und für Künstler galten schon immer besondere Regeln. Das mußten auch Erich und sein Herrgott einsehen. Erich. – Sie verbot sich, Erich mit Lukas zu vergleichen. Und doch …
    Sie zog das Laken von dem Bild, an dem sie gerade arbeitete. Lukas hatte ihr viel vom Gefängnis erzählt, und nun malte sie die Eindrücke, die seine Worte bei ihr hinterlassen hatten. Bin gespannt, was er dazu sagen wird, dachte sie.
    Sie setzte sich hin, wärmte die klammen Hände an der Tasse, ließ ihr Werk auf sich wirken, bekrittelte es und notierte sich in Gedanken, was sie gleich ändern und hinzufügen würde. Der heiße Kaffee rann ihr wärmend die Kehle hinunter. Sie schüttelte einen Zigarillo aus der Packung. Dann riß sie ein Streichholz an.
    Mathilde war mit der 11b im Physiksaal, als Ingolf Keusemann an die Tür klopfte und sie herauswinkte.
    »Da sind zwei Polizisten, die Sie sprechen wollen. Sie wollten mir nicht sagen, worum es geht.« Sein Gesichtsausdruck sprach dagegen für sich: So weit mußte es ja kommen …
    Mathilde ging schweigend neben ihm her. Als sie die beiden Uniformierten sah, wurde ihr flau.
    Später erinnerte sie sich nicht mehr an die Fahrt im Streifenwagen. Nur noch an die Ankunft, an jene surreale Szene. Zwei Löschfahrzeuge der Berufsfeuerwehr Hannover parkten vor dem Grundstück, außerdem ein Notarztwagen, eine Ambulanz und zwei Streifenwagen, deren Blaulichter durch den fahlen Morgen zuckten. Weiter hinten stand ein ziviles Polizeifahrzeug, erkennbar an der kleinen runden Lampe, die kokett wie ein Hütchen auf dem Dach des Audi klemmte.
    Wo das Atelier gestanden hatte, waren Trümmer zu sehen, aus denen Rauch aufstieg. Der angrenzende Gartenschuppen der alten Frau Huber war eine Ruine aus verkohltem Holz. Es stank. Glassplitter, zerborstene Balken und Möbel lagen verstreut auf dem frisch gemähten Rasen. Als hätte eine Bombe eingeschlagen, dachte Mathilde. Ein Bombe? Ein Anschlag? In einer verschlafenen Wohnsiedlung in Ricklingen?
    An die dreißig Feuerwehrleute in Orange bevölkerten das Grundstück. Einige hielten Zangen und Plastiktüten in den Händen und hatten die Augen auf den Boden gerichtet. Was, um Himmels Willen, sammelten die da auf? Mathilde merkte, wie ihr übel wurde. Sie wandte sich ab. Hinter den rotweißen Absperrbändern standen ein paar Nachbarn herum wie Pilze.
    Ein Paar in ziviler Kleidung kam auf Mathilde zu. »Oberkommissarin Karin Ullrich vom Kriminaldauerdienst. Das ist mein Kollege, Kommissar Jan Römer.

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