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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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betrachtet mich eingehend, schließlich habe ich ihr gegenüber schon einmal eine Ausrede angebracht, nicht weniger seltsam und albern.
    Bitte, Mama, drängt Gili, dann gehen wir eben später zu Opa und Oma, ich möchte mit Jotam auf der Wiese spielen, und ich verstehe, dass ich keine Wahl habe, dass ich dazu verurteilt bin, die nächste Stunde mit der verlassenen Frau des Mannes zu verbringen, in den ich mich so plötzlich verliebt habe, und ich fühle mich wie ein entflohener Verbrecher, der einen Nachmittag mit einem Polizisten verbringen muss, jedes Wort, das er sagt, und jede Bewegung, die er macht, könnten ihn verraten, aber ebenso übertriebene Vorsicht, und trotzdem hat er keine Wahl, denn eine Weigerung würde die Gefahr noch um ein Vielfaches vergrößern, und ich erinnere mich daran, dass er sie nicht meinetwegen verlassen hat, ich war nur zufällig da, nachdem die Entscheidung schon gefallen war, ich habe nichts mit der Katastrophe zu tun, ich habe sogar versucht, ihn zur Rückkehr zu bewegen, mehr kann ich doch nicht tun, oder sollte ich etwa ganz auf ihn verzichten, sie hätte nichts gewonnen und ich hätte auf jeden Fall etwas verloren, wenn man diese Sache überhaupt mit Begriffen wie Gewinn und Verlust beschreiben kann. Und so stolpere ich hinter ihnen her in den Park, zerdrücke unter den Füßen schwarze Oliven, die von den Bäumen gefallen sind, die Felsbrocken liegen dicht nebeneinander auf dem Rasen wie eine Herde hellfarbener Tiere, die sich zum Schlafen niedergelassen haben, in den schmalen gekalkten Steinrinnen fließt Regenwasser, und ich erinnere mich an den Regen, der uns umgab, an die durchsichtige Plastikplane, und frage mich, ob ich es schaffen würde, auf ihn zu verzichten, ob sie mich bitten wird, auf ihn zu verzichten.
    Da setzt sie sich unter einen Olivenbaum, zieht aus ihrem Picknickkorb eine karierte Decke und breitet sie aus, und in die Mitte legt sie gefüllte Fladenbrote, geschnittene Tomaten, Gurken und Paprika, sie hat sogar eine Thermosflasche mit Kaffee dabei, Saft und Tassen, dazu sternförmige Schokoladenkekse, die ich gut kenne, und wunderbarerweise gibt es genug für uns alle, die Portionen stimmen genau, hat sie im Voraus für ein Picknick mit vier Personen geplant, es sieht so aus, als hätte nicht nur ich meine geheimen Pläne, mit wachsender Unruhe beobachte ich sie, sie weiß vermutlich Bescheid, vielleicht hat er es ihr heute Morgen selbst erzählt, und vielleicht hat sie ihn gestern Abend verfolgt, so wie ich Amnon verfolgt habe, und gesehen, wie er mein Haus betrat, und dieses erstaunlich sorgfältig geplante Picknick wird plötzlich zu einer bedrohlichen Falle, aus der wir uns unbedingt befreien müssen.
    Vielleicht gehen wir trotzdem gleich, Gili, dränge ich, Opa und Oma warten, aber er widersetzt sich heftig, angesichts des Essens, das auf der Tischdecke liegt, er streckt die Hand nach einem Fladenbrot aus, aus dem ein dickes, verlockend duftendes Schnitzel hervorlugt, und ich sehe sie vor mir, wie sie in ihrer großen Küche stand und das Schnitzel wendete, während er in meiner schmalen fensterlosen Küche herumlief, ein Glas Whisky in der Hand. Vielleicht rufst du sie an und sagst ihnen, dass ihr später kommt, schlägt sie listig vor, ich weiche aus, nein, das macht nichts, bleiben wir eben nicht so lange, und sie fragt, willst du Kaffee, und fügt sofort mit entwaffender Offenheit hinzu, um die Wahrheit zu sagen, ich möchte etwas mit dir besprechen, aber nicht, wenn du es eilig hast, und mir bleibt für einen Augenblick die Luft weg, ich murmle, in Ordnung, so eilig habe ich es nun auch wieder nicht. Unter ihrem Mantel schaut ein rot-schwarz gestreifter Pulli hervor und schwarze Hosen, ihre Kleidung beweist Geschmack, hat sie sich meinetwegen so angezogen, ihre Hände zittern leicht, als sie uns beiden Kaffee eingießt, und auf der Decke breitet sich ein brauner Fleck aus.
    Ich weiß nicht, was mit mir los ist, seufzt sie, meine Hände zittern, hast du gesehen, was ich gestern mit Jotam gemacht habe? Und ich sage, nein, was hast du denn gemacht? Und sie zieht die Wollmütze von seinem Kopf, entblößt einen länglichen Schädel mit kurzen ungleichmäßig geschnittenen Haaren, ich schneide sie ihm immer, sagt sie, ich habe geschickte Hände, aber gestern, ich weiß nicht, wie es passiert ist, schau, was ich angerichtet habe, der Arme, und ich achte kaum auf ihre Worte, nur auf den Ton, der freundschaftlich und nicht aggressiv ist, offenherzig und nicht

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