Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
Familie, sagt Talja, alle Hefte von Jo’av sind voll geschmiert, du bist als Einzelkind aufgewachsen und erziehst ein Einzelkind, du hast keine Ahnung, was in normalen Familien alles passiert, aber das beruhigt mich nicht, was soll ich nur Maja sagen, ich muss ihr bis morgen neue Hefte kaufen, und ich biete der brüllenden Kleinen einen weichen Schokokuss an, um ihr die Zunge an den Gaumen zu kleben, ich rufe auch Gili und Jo’av, und schon füllt sich das Wohnzimmer mit Lärm, als sie zu dritt ausgerechnet auf Odeds schwarzem Sofa herumhüpfen, die Schokoküsse wie Fackeln in der Hand, und großzügig Schokoladenkrümel verstreuen, bevor ich ihnen vorschlagen kann, lieber mein Sofa zu benutzen, offenbar gibt es doch noch kein »unser«, und ich schaue ihnen hilflos zu, wieder wird mir klar, wie wenig ich mich hier zu Hause fühle, wir sind Gäste, die versuchen, keine Spuren zu hinterlassen.
Willst du, dass wir gehen, bevor er zurückkommt, fragt Talja, als ich zerstreut auf die Uhr schaue, und ich sage, nein, wieso denn, aber der Gedanke an den Mann, der bald die Tür aufmachen wird, ohne seine Kinder, und auf drei fremde, laute Kinder trifft, weckt Unbehagen in mir, und ich hoffe, dass er aufgehalten wird, dass er noch ein paar Notfälle behandeln muss, damit ich inzwischen das Wohnzimmer aufräumen kann. Draußen ist es schon dunkel, ein heftiger Regen malt Schatten an die Wand gegenüber, und ich denke an die Wohnung, aus der ich gestern ausgezogen bin, ich habe die Fenster offen gelassen, alles wird nass werden, und im Wohnzimmer wird der kaputte Rollladen nicht aufhören zu klappern.
Vernünftig, wie sie ist, ignoriert sie meine Worte und zieht der Kleinen ihren Mantel an, komm schon, Jo’av, warum muss man dich immer antreiben, und ich schlage nach einem demonstrativen Zögern vor, vielleicht bleibt ihr zum Abendessen, aber sie lehnt es wie erwartet ab, danke, ein andermal, Ja’ir kommt heute Abend früh nach Hause, ich möchte, dass wir alle zusammen essen, und ich sehe sie vor mir, wie sie alle um den Tisch in ihrer engen Küche sitzen, ihre Köpfe berühren sich fast, und ich versuche, mir unsere Abendessen vorzustellen, werden wir zu dritt essen, worüber werden wir sprechen, werde ich die Mahlzeiten doppelt einnehmen, erst mit Gili und dann später mit Oded, und warum freue ich mich so sehr, dass er sich verspätet, schließlich hat diese aufreibende Aktion doch nur stattgefunden, damit wir zusammen sein können, warum fürchte ich mich so sehr davor, dass es Abend wird, dass er nach Hause kommt. Um mit Gili allein zu sein, hätte ich auch in der alten Wohnung bleiben können.
Ich beachte sorgfältig die alltägliche Routine und verkünde fröhlich, und jetzt in die Badewanne, schau, hier gibt es zwei Badezimmer, eins für uns und eins für euch, und er schreit, ich will in eures, ich will in eures, und ich sage, natürlich, mein Schatz, kein Problem, und verteile die Spielsachen in der fremden Wanne, und er läuft nackt hin, zählt sorgfältig die Schritte von einem Zimmer zum anderen, und plötzlich ist er verlegen, umarmt mich, als würde er sich vor den Wänden schämen, ich treibe ihn an, ins Wasser zu steigen, und genieße den vertrauten Anblick. Genau wie zu Hause, freut er sich, umgeben von Wassertieren, von Kraken, Haifischen, Delfinen, aber diesmal lässt er mich nicht das Wohnzimmer aufräumen, und ich sitze neben ihm auf dem Klodeckel, höre abwesend den Geschichten zu, die er ausspinnt, und erinnere mich plötzlich daran, dass wir hier zusammen gebadet haben, Oded und ich, aneinander geschmiegt, doch es ist, als sei alles, was sich hier abgespielt hat, bevor Gili kam, ausgelöscht, seine Präsenz erfüllt die Wohnung, verdrängt die Stunden der Liebe, die vielen, vielen Stunden der Liebe.
Plötzlich hat er aufgehört zu spielen, er schaut mich fest an und verkündet, vor dem Einschlafen sehe ich im Bett fern, und ich sage, aber Gili, ich habe dir noch keinen Fernseher gekauft, hast du nicht gemerkt, dass kein Fernseher in deinem Zimmer steht? Er klatscht enttäuscht ins Wasser, aber du hast es versprochen, du hast versprochen, dass ich im Bett fernsehen darf, und ich sage, das stimmt, ich habe es versprochen und werde es auch halten, nur nicht sofort, das dauert noch ein paar Tage, und er jammert, aber du hast es versprochen, ich glaube dir nie mehr ein Wort, auf mich bist du immer böse, wenn ich lüge, aber diesmal hast du gelogen, und bevor ich meine Glaubwürdigkeit durch ein
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