Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
Schule war und was ich gestern bei Papa gemacht habe, auf einmal ist er bereit, jede Frage, die ich ihm am Tag gestellt habe, ausführlich zu beantworten.
Erzähl es mir morgen, flüstere ich, das ist jetzt nicht die richtige Zeit, und er sagt, aber morgen habe ich es vergessen, heute waren Jotam und Ronen auf der Wippe, und als ich mitmachen wollte, haben sie gesagt, ich sei zurückgeblieben, das ist nicht nett, jemanden zurückgeblieben zu nennen, ich bin nicht mehr ihr Freund, und ich sage, aber vielleicht bist du morgen wieder ihr Freund, so etwas ändert sich ganz schnell, und er fragt, was ist ein Prozess, du hast vergessen, es mir zu erklären, und ich sage, ein Prozess ist etwas, was Zeit braucht, etwas, was man langsam aufbaut. Mama, rutsch ein bisschen, ich habe keinen Platz, beschwert er sich, und ich versuche, den schlafenden Körper neben mir etwas zur Seite zu schieben, und Gili sagt, schau, ich habe Teddy Scotlag mitgebracht, und schiebt mir das weiche, ein bisschen staubige Stofftier ins Gesicht, magst du Teddy Scotlag? Scotland, sage ich, natürlich mag ich ihn, und er erklärt, ich habe geglaubt, dass alle Leute Teddys mögen, und ich höre, wie Oded sich umdreht und unruhig atmet, Gili, du musst schlafen, und wir müssen es auch, flüstere ich ihm ins Ohr, und er protestiert, aber ich bin nicht daran gewöhnt, in dieser Wohnung zu schlafen.
Mach einfach die Augen zu und hör auf zu sprechen, ich nehme dich in den Arm, dann kommt der Schlaf schon, verspreche ich und umarme ihn fest, beschütze ihn mit meinem Körper, als würde ich ihn vor den Geistern schützen, die sich in dieser Wohnung herumtreiben und Kinder fangen, die nachts ihre Betten verlassen, schließlich hat er sich in unzähligen Nächten zwischen mich und seinen Vater gedrückt, wie natürlich war das, aufzuwachen und dieses kleine Geschöpf zwischen uns zu finden, selbst du kannst dir nicht vorstellen, Talja, wie kompliziert die einfachsten Momente werden können, denn wenn ich versuche, auch nur den Verlauf eines einzigen Tages zu rekonstruieren, bekomme ich Beklemmungen, bewegungslos liege ich zwischen dem Mann und dem Jungen, die einander fremd sind, meine Aufgabe ist es, sie zusammenzubringen, bei Tag und bei Nacht, und die schwere Aufgabe, die sie mir auferlegen, weckt tiefe Bitterkeit in mir, bis ich, ohne es zu merken, den Jungen loslasse, der sich sofort auf den Bauch drehen will und wie ein Klotz aus dem Bett fällt. Er hebt den Kopf, senkt ihn aber sofort wieder und schläft auf dem nackten Boden weiter, zu unseren Füßen, als wäre das schon seit jeher sein Platz, und ich steige aus dem Bett, beuge mich über Gili und versuche, ihn hochzuheben, ich umfasse seine Schultern und ziehe ihn hoch, als wäre er bewusstlos, ein Verwundeter auf dem Schlachtfeld, den ich wegschleppen muss, bevor er vom Feind gefangen genommen wird, ich ziehe ihn neun Schritte weit über den glatten Boden zu seinem Zimmer, lege ihn dort auf sein Bett und strecke mich daneben aus, wach und voller Angst vor der Zukunft.
Im großen Schlafzimmer ist Oded allein zurückgeblieben, mit einem vom Schlaf entspannten Gesicht, mit geschlossenen Lidern, nicht weit von hier schlafen seine beiden Kinder, der Kummer ihrer Mutter weht nachts von den Wänden auf sie herab, am Ende des Viertels schläft Amnon Miller auf dem Rücken seinen tiefen Schlaf, vor dem Perlenvorhang, der sich im Wind bewegt und ein klirrendes Rascheln hören lässt, und nur in unserer Wohnung ist es in dieser Nacht still und leer, kein Kind wird am Morgen fröhlich aus der Tür kommen, den Schulranzen auf dem Rücken, eine Kakaotüte in der Hand. Auf dem kalten Fußboden vor Gilis Bett liege ich wach, während der arme Teddy Scotland gezwungen ist, die Nacht neben dem Mann zu verbringen, der keine Teddys mag, und mir kommt es vor, als sei die Irrfahrt von Teddy Scotland in Odeds Bett trauriger und beängstigender als alle anderen Veränderungen, die seine Welt in den letzten Monaten erlebt hat, ich weine wohl um ihn, als ich am Morgen mit brennenden Augen und schmerzendem Rücken aufwache, um den unschuldigen, liebenswürdigen Teddy Scotland, dessen Leben sich so verändert hat, dass man es nicht mehr wiedererkennt.
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Mein Rücken ist noch verspannt und tut weh, als ich mich zu ihnen setze, so saßen wir manchmal im Café, Amnon und ich, und warteten auf Gabi, oder Gabi wartete auf uns oder die beiden warteten auf mich, die ich mit leichtem Hochmut die letzten Fetzen ihres
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